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Die NachfolgerNach der Insolvenz von Toys'R'Us übernimmt die Kette Smyths Toys das Geschäft in Deutschland, Schweiz und Österreich. Wird es den Iren gelingen, die Fehler des Vorgängers zu vermeiden? Und welche Rolle spielen künftig Games im Sortiment? Wir haben mit einem Handelsexperten gesprochen – und uns zwei "Superstores" angeschaut. Der 18. September 2017 war für Toys'R'Us kein guter Tag: Der Spielwarenhändler musste Insolvenz anmelden. Der Konzern kam danach nicht mehr auf die Beine – die britischen Filialen schlossen im April 2018, die US-Filialen zwei Monate später. Von der Pleite waren auch die deutschsprachigen Stores betroffen, die bis dahin eigentlich rentabel gewirtschaftet hatten. Im deutschen Headquarter drohten die Lichter auszugehen. Die Rettung kam aus Irland: Für 79 Millionen Euro übernahm Smyths Toys Superstores die insgesamt 93 Toys'R'Us-Filialen in DACH. Hierzulande weitgehend unbekannt, war das Familienunternehmen schon länger auf Expansionskurs. 1986 in Claremorris/ County Mayo gegründet, betreibt es rund 20 Stores in Irland, 7 in Nordirland und 83 in England, Schottland und Wales. Und das mit Erfolg: Ende 2017 machte die Kette bereits einen Umsatz von rund 600 Millionen Euro und verzeichnete in UK eine Gewinnsteigerung von 70 Prozent. Die meisten ihrer Rivalen hat Smyths Toys mittlerweile verdrängt – und mit seiner aggressiven Expansionspolitik sicher auch zum Niedergang von Toys'R'Us beigetragen. Die Firma wird von vier Brüdern geführt: Anthony, Padraig, Tommy und Liam Smyth. Anthony, der Buchhalter, ist die treibende Kraft der Expansion. Padraig pflegt als Einkäufer die Beziehungen zu den großen Spielwarenherstellern. Liam leitet den Store in Claremorris, in dem alles begann. Tom wiederum investiert auch im Markt für erneuerbare Energien. Das Tagesgeschäft von Smyths Toys führen Tony und Padraig. Die Brüder gelten als notorisch medienscheu – auch unsere Interview-Anfrage wurde abgelehnt. "Wir haben das Geschäft vor mehr als 30 Jahren gestartet und sind unseren Kunden, unseren Angestellten und Zulieferern sehr dankbar für die Unterstützung, die wir erhalten haben", sagte Tony Smyth in einer seiner seltenen Stellungnahmen anlässlich der Expansion. "Wir sind überzeugt von der Zukunftsfähigkeit des Multichannel-Spielwaren-Fachhandels und auch zuversichtlich, dass wir unsere Marke erfolgreich in Kontintentaleuropa einführen und vergrößern können. Das Toys'R'Us-Geschäft [in Europa, Anm. d. Red.] ist profitabel, hat eine starke Führung und schon jetzt viele loyale Kunden. Für unsere Expansion ist es ein großartiger Ausgangspunkt."
Superstores im Aufbau Das klingt alles erstmal ganz gut. In jedem Fall ist die Expansion nach Kontintentaleuropa auch für die erfolgsverwöhnten Iren ein deutlicher Kraftakt. "Zunächst einmal muss Smyths Toys die typischen Herausforderungen einer Unternehmensübernahme bewältigen, also die personelle, organisationale, logistische aber auch die informationstechnologische Integration des gekauften Unternehmens", sagt Stefan Wolpert im IGM-Interview. Der Handelsexperte ist Mitglied der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services (SCS) in Nürnberg. "Durch die Übernahme verdoppelte Smyths Toys sein Filialnetz nahezu von 110 auf 203 Standorte und steigt damit zum größten Fachhändler für Spielwaren und Babyartikel in Europa auf. Da ist sicher eine Menge zu integrieren", so Wolpert. Zwar sei die deutsche Toys'R'Us-Tochter in den letzten Jahren profitabel gewesen, der Spielwarenmarkt sei aber auch hierzulande stark umkämpft. "Vor allem vor dem Hintergrund, dass immer mehr Umsätze im Spielwarenmarkt zu den Discountern und großen Lebensmittelmärkten abwandern", gibt Wolpert zu bedenken.
Online vernachlässigt Schlanker Supply Erste Station unseres Store-Checks ist die Filiale Neukölln, nur fünf Gehminuten vom gleichnamigen S-Bahnhof entfernt. Der Store wurde 2006 von Toys'R'Us eröffnet und fünf Jahre später erweitert, die Verkaufsfläche beträgt 2.200 Quadratmeter. Bei unseren Recherchen haben wir hier schon häufig vorbeigeschaut, zum Beispiel anlässlich eines Toys'R'Us-Porträts (IGM 16/2014), eines Artikels über Kinder-Tablets (IGM 09/2015) und eines Artikels über Games im Spielwarenhandel (IGM 11/2017). Vom der Neuköllner Filiale waren wir stets nur mäßig beeindruckt ("blasses Games-Angebot", "sterile Atmosphäre"). Der erste Eindruck bei unserem neuesten Besuch ist auch nicht gerade positiv: Das Games-Angebot scheint eher noch abgenommen zu haben. Die "Games-Abteilung" – wenn man sie so nennen will – befindet sich kurz vor dem Kassenbereich: Im Wesentlichen besteht sie aus einem schmalen Wandregal, mehreren niedrigen Regalen sowie einigen Aufstellern. Xbox-Spiele gibt es hier keine, auch PS4-Spiele sind kaum vertreten. Uncharted: The Lost Legacy kostet hier 40 Euro, also fünf Euro weniger als bei MSH. Den größten Raum nimmt derweil Nintendo ein: Direkt am Gang steht ein Werbe-Aufsteller für Switch-Konsolen, die hier aktuell 299 Euro kosten (MSH: 329 Euro). Es gibt sogar die "Top 10" für die Switch, die allerdings nicht gut gepflegt sind: Einige Plätze sind erst gar nicht besetzt, in anderen stehen mehrere Hüllen. Die Nintendo-Dominanz wird auch durch ein Regal mit Labo-Baukästen unterstrichen. Am Gang stehen mehrere Regale mit Skylanders-, Infinitiy- und Minecraft-Figuren, viele von ihnen preisreduziert. Gleich nebenan findet sich ein Aufsteller mit diversen Starlink-Paketen. Die aus Toys'R'Us-Zeiten wohlbekannte Software Pyramide ist inzwischen fast leer: Offenbar werden hier nur noch Bestände ausverkauft. Dass das Sortiment langsam ausgetauscht wird, bestätigt uns eine Mitarbeiterin an der Kasse: Jetzt kämen die neuen Sachen. Die Belegschaft wurde übrigens von Smyths Toys übernommen, am Eingang wird per Zettel nach weiterem Personal gesucht. Insgesamt wirkt der Store etwas freundlicher als noch zu Toys'R'Us-Zeiten: Die Regale sind niedriger und besser ausgeleuchtet, das Ganze sieht weniger nach einem anonymen Großhandelsmarkt aus.
Switch dominiert Fazit: Smyths Toys hat sich mit der Expansion nach Kontinentaleuropa viel vorgenommen. Welche Rolle dabei Games spielen werden, bleibt abzuwarten – momentan jedenfalls ist eine Ausweitung gegenüber dem Toys'R'Us-Sortiment nicht in Sicht. Wir sind geduldig. (feh) |
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