Magazin: story![]()
Games im DiscounterWenn ALDI neuerdings die Amazon- und Steam-Preise unterbietet (und zwar deutlich), dann sollten Händler und Publisher hellhörig werden: Was steckt hinter der Games-Offensive des Discounters? Unter der Marke "Aldi Life Games" vertreibt ALDI aktuelle PC- und Videospiele aller namhaften Hersteller, von Activision Blizzard, Bethesda, Electronic Arts, Bandai Namco, Koch Media, Square Enix, Ubisoft und vielen weiteren Herstellern. Das Handelsblatt bescheinigt ALDI das Potenzial, die "Branche zu verändern." Doch was ist wirklich dran an der Offensive? ALDI verkauft Spiele über das eigene Portal Die obligatorische Alterskontrolle ist ungewöhnlich: Bei der Registrierung muss der Kunde zustimmen, dass sein Online-Bankkonto von einem externen Dienstleister – der SOFORT GmbH – via Schufa-Check abgeglichen wird. Das setzt voraus, dass man sowohl Konto-Nummer und Bankleitzahl als auch PIN eintippt. Der Abgleich ist kostenlos – die Daten werden laut Anbieter nicht gespeichert. Eine Hürde stellt das Prozedere dennoch dar, gerade bei Datenschutz-sensiblerem oder jüngerem Publikum.
Und noch eine Besonderheit: Anders als bei den Keysellern ist die Bezahlung auch mit ALDI-Life-Guthaben-Karten möglich, die es in jeder Filiale zu kaufen gibt. Clever, denn damit adressiert ALDI nicht nur Minderjährige ohne eigene Kreditkarte, sondern deckt auch das Geschäft mit Geschenkgutscheinen ab. ALDI Life Games: Mindestens 50 Prozent unter Marktpreis In allen drei Fällen handelte es sich um außergewöhnlich günstige Angebote, die auch die jeweiligen Tarife von Amazon und Steam deutlich unterboten haben. So kostet "Watch Dogs 2" auf Steam unverbindlich empfohlene 60 Euro, auf Amazon sind es immerhin knapp 40 Euro. Sprich: Der ALDI-Life-Tarif lag 50, 60, 70 Prozent unter den marktüblichen Preisen. Selbst umstrittene Keyseller wie G2A.com oder MMOGA rufen für diese Codes mehr als 20 Euro auf. Ubisoft selbst wollte sich auf Anfrage nicht zu den Umständen und den Details dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit äußern. Doch darf man davon ausgehen, dass die Keys ganz regulär und direkt an der Quelle eingekauft werden – und nicht aus halbseidenen Quellen stammen, wie bei manchem Keyseller. ALDI schraubt am Image
Die deutsche Einzelhandels-Landschaft verändert sich also in einem irren Tempo. Und sie setzt nicht nur das deutsche Bäcker-Gewerbe unter gehörigen Druck, die sich von ihrer Kundschaft die ungleich günstigeren ALDI-Tarife für Brötchen, Kürbiskernbrot und Brezeln vorhalten lassen muss. Seit 2016 lässt ALDI außerdem aufwändig die Filialen umbauen: breitere Gänge, edlere Materialien wie Holz statt Fußbodenkacheln, augenschmeichelnde Beleuchtung und eine Gemüse- und Obst-Abteilung, die eher an einen innerstädtischen Marktstand erinnert. Die stumpf aneinandergereihten Kartons haben ausgedient. Die Botschaft ist klar: ALDI schraubt genauso wie seine Mitbewerber am Image. Man will moderner und digitaler werden – und dazu gehört auch das Download-Geschäft. Technische Umsetzung durch Medion Erst Musik, jetzt Games: ALDI erweitert ALDI-Life-Palette Bei ALDI würden Kunden aus allen Altersklassen und Bevölkerungsschichten einkaufen, betont ALDI. "Wir sprechen mit ALDI Life Games alle diese Zielgruppen gleichermaßen an – kein Wunder, spielen doch weit über 30 Millionen Deutsche (BIU/GfK 2017) in allen Altersklassen Videospiele. Mit einer Vielzahl von Titeln decken wir dabei alle relevanten Gaming-Genres ab – ganz gleich ob Action, Adventures, Arcade, Simulation, Sport, Strategie oder Spiele für Kinder." Der Einstieg basiert also auf schnödem Handwerk: Marktpotenzial analysieren, Wettbewerber durchleuchten, eigenes Angebot aufsetzen – und einen USP (in diesem Fall den Preis) herausarbeiten. Spiele-Auswahl auf ALDI Life soll zügig wachsen
ALDI ist nicht angetreten, um im Games-Gewerbe eine Nebenrolle zu spielen: Deshalb wird das neue Angebot auf allen Kanälen beworben. "Wir erreichen unsere Zielgruppen über unsere klassischen Werbemittel wie Anzeigenschaltungen sowie unserem wöchentlich erscheinenden Magazin, in dem wir über die aktuellen Angebote informieren", sagt Aldi-Sprecher Matthias Kräling. "Am POS informieren wir unsere Kunden zusätzlich unter anderem durch Flyer. Darüber hinaus werden die ALDI-Webseiten und die ALDI-Apps dazu genutzt, um auf das neue Angebot aufmerksam zu machen. ALDI SÜD hatte unter anderem auch auf Facebook über ALDI Life Games berichtet." Um möglichst viele neue Kunden zur unverbindlichen Registrierung zu motivieren, verlost ALDI noch bis Ende September 50 Medion-Gaming-PCs unter allen Neukunden. Und wie reagiert Lidl? Dort will man "aus strategischen Gründen" noch keine Angaben zum Zeithorizont oder zu konkreten Produkten machen, doch Lidl würde Entwicklungen im Games-Bereich intensiv verfolgen. Die Auswahl an Gutschein-Codes werde bereits jetzt sehr gut angenommen: Das Sortiment will Lidl ausbauen und auch weitere Anbieter aufnehmen. ALDI Life Games: Gefahr für den Einzelhandel? ALDI Life Games: Amazon und Media Markt reagieren nicht Nun sind insbesondere Media Markt und Amazon nicht dafür bekannt, beim Thema Preis allzu großen Spaß zu verstehen. Üblicherweise reagieren die beiden Marktführer zügig mit eigenen Preisaktionen. Dass man den Emporkömmling ALDI diesmal hat gewähren lassen, dürfte auch daran liegen, dass Anno 2205, The Division und Watch Dogs 2 nicht mehr zu den allerfrischesten Titeln zählen – eine Preisschlacht auf diesem Nebenkriegsschauplatz verspricht wenig Ruhm. Zudem würden Reaktionen außer der Reihe dem neuen Rivalen nur unnötige Aufmerksamkeit bescheren. Überhaupt liegen die meisten ALDI-Life-Preise teils sehr deutlich über den marktüblichen Preisen: Die PC-Version des 2016 erschienenen Activision-Shooters "Call of Duty: Infinite Warfare" wird zur unverbindlichen Preisempfehlung von 59,99 Euro verkauft – also zum Doppelten des Durchschnittspreises von rund 30 Euro. Einen Fehler sollte man indes nicht begehen: den neuen Mitspieler zu unterschätzen. Das Geschäftsmodell "Download-Code gegen Geld" ist keine Raketenwissenschaft und vielfach erprobt – hier läuft der Wettbewerb vor allem über den Preis. ALDI wird den Games-Einzelhandel daher in den kommenden Monaten an dieser empfindlichen Stelle attackieren und auch beim Marketing nachlegen. (pf) |
|