„Gutes Bier kommt nicht von irgendwo. Es kommt von hier.“ So wirbt die Brauerei Ganter in Freiburg im Breisgau für die beachtliche Produktpalette, darunter der Kleine Greif („Klein und feinherb“) oder das Magisch Dunkel („Vollmondig Lecker“). Freiburg und Ganter – diese beiden Faktoren hätten fast verhindert, dass es Thorsten Küchler in die Games-Branche verschlägt: So sei es für ihn vor 20 Jahren ein echtes Wagnis gewesen, seine Heimat gen Augsburg zum MAN!AC-Verlag Cybermedia zu verlassen – zumal dort „wirklich niemand auf einen Badener gewartet hatte“. Zudem fühlte er sich bei Ganter wohl, weil man ihn als gelernten Industriekaufmann direkt nach der Ausbildung übernommen und im Marketing eingestellt hatte: „Und es gab durchaus schlechtere Jobs, als Kaltgetränke zu bewerben – ein Treffen mit den Backstreet Boys inklusive.“ Dennoch hat sich Küchler bei Cybermedia in Mering vor den Toren Augsburgs beworben – und zwar mit einem Probe-Artikel, den er mit dem Malprogramm Corel Draw zusammenzimmerte und an die damalige Geschäftsführung schickte: „Man lud mich zum Bewerbungsgespräch ein, ich trug mein schönstes, gebügeltes Hemd – nur um vor Ort festzustellen, dass mein Gegenüber in Badelatschen auf den Bewerber wartete.“
Fast 15 Jahre lang sollte sich Küchler seine Sporen im Games-Journalismus verdienen: Nach Cybermedia folgte Cypress in Würzburg, später dann Bauer Media in Hamburg. Am längsten – nämlich fast sechs Jahre – hielt es ihn beim Fürther Computec-Verlag, wo er als Managing Editior unter anderem das PlayStation-Magazin play4 (heute: play5) verantwortete. Aus diesen Jahren resultieren wunderbare Erinnerungen – „von urkomischen Events (Schnitzeljagd in Hongkong) über geniale Messen (die allererste Games Convention) bis hin zum Kennenlernen vieler Freunde, die ich im Laufe der Jahre gewonnen habe.“ Besonders spektakulär: ein Roadtrip durch Nevada – „eine Reise unter Branchenfreunden, die an Amüsement, Herzlichkeit und vermeintlichem Abenteuer kaum zu überbieten war und bis heute ist.“
Nicht ganz so optimal verlief ein anderes Erlebnis als Jungredakteur, das ihm bis heute in den Gliedern sitzt: „Im Rahmen einer meiner ersten Messe-Besuche in den USA bestellte man mich zu einem Termin, der sich um ein kommendes Videospiel von Disney drehen sollte – man sprach von relaxtem Anspielen. Am Ende stellte sich der Titel als Kingdom Hearts 1 heraus – der Termin hingegen als Interview mit Charakter-Design-Legende Tetsuya Nomura und dem damaligen Präsidenten der Walt Disney Company. Durchaus unangenehm, denn der Herr Küchler hatte keine Ahnung und noch weniger Fragen vorbereitet. Ergo tat ich so, als stünde in meinem Notizbuch tatsächlich irgendetwas und stotterte wirre englische Phrasen. Nomura merkte schnell, dass er es mit einem Anfänger zu tun hatte und blickte gelangweilt an die Decke des Raumes. Die längsten 15 Minuten meines Redakteurs-Lebens – und immer wieder eine schöne Anekdote, die bei Square-Enix-Kollegen aus Japan für Lacher gut ist.“
Heute verantwortet Küchler als PR Director die Kommunikation in der Hamburger Niederlassung des japanischen Videospiele-Riesen. An seinem Job fasziniert ihn vor allem die Internationalität: „Egal ob Japaner, Engländer, Franzose oder US-Amerikaner – in den nunmehr 5 Jahren bei Square Enix habe ich unglaublich viele Menschen aus aller Herren Länder kennen und schätzen gelernt. Dabei spielt die Position nicht im Geringsten eine Rolle: Selbst mit dem namhaftesten Chef-Entwickler kommt man ins Gespräch – über Privates, über die Branche.“ Als Kenner des internationalen Games-Business verwundert ihn um so mehr, dass in der deutschen Branche immer noch „so oft im eigenen Saft geschmort wird“, wie er es formuliert: „Das fängt bei Preisverleihungen an und geht bei der Bundesförderung weiter. Ebenfalls erstaunlich, aber natürlich im schönen Sinne: Zahlreiche Branchenkollegen, die bereits zu meinen Anfängen 2001 mit dabei waren, sind noch immer in Schlüsselpositionen unterwegs – und echte Freunde geworden.“
Privat wie beruflich nutzt Küchler alle gängigen Systeme: „Die PS5, weil es dort für meinen persönlichen Geschmack die besten Spiele gibt. Xbox Series S, weil mich die kleine weiße Kiste überrascht hat und ich zahlreiche Klassiker dank Game Pass nachholen kann. Nintendo Switch, weil lange Reisen ohne die mobile Kiste nur halb so schön sind.“
Seine sonstige Freizeit verbringt er weitgehend analog – mit „Spaziergängen durch sonnige Parks, Gesprächen mit lieben Menschen und dem Sportprogramm, das über mein Tablet flimmert.“ Und weil mittlerweile auch in Hamburg wieder Innengastronomie möglich ist, schließt sich der Kreis zu Beginn seiner Karriere in einer Freiburger Brauerei: Schließlich könne „kein Zoom-Call dieser Welt das reale Feierabend-Gespräch mit den werten Kollegen im legendären Square-Enix-Stamm-Pub ersetzen.“ Gute Leute kommen eben nicht von irgendwo. (pf)