IGM: Thomas, Ende letzten Jahres hast du als Geschäftsführer die Flashpoint Germany Gmbh verlassen. Kannst du uns etwas über die Gründe verraten?
Thomas Altemeier: Das kann ich natürlich. Nach der Neugründung der GmbH im Jahre 2018 hatten wir uns drei Jahre Zeit gegeben, die von unserem neuen Investor vorgegebenen Ziele zu erreichen. Mein Geschäftsführervertag war genau auf diese Zeit ausgerichtet. Nun könnte man Friedrich Schiller zitieren: Der M. hat seine Schuldigkeit getan ... So ist es aber nun mal nicht. Der neue Investor ist weltweit so aufgestellt, dass es kleine Teams in den Ländern gibt, die von ihm persönlich geführt werden. Es bedarf also keines klassischen Geschäftsführers mehr.
IGM: Bist du insgesamt im Guten gegangen?
Altemeier: Ja, auf jeden Fall. Wer ans andere Ufer möchte, muss so oder so den Fluss überqueren. Worauf sollte ich also warten? Wir wollten uns eigentlich noch duellieren, konnten uns aber nicht auf die Waffen einigen.
IGM: Wie haben eure Kunden und Partner auf deinen Weggang reagiert?
Altemeier: Die Kunden waren sicherlich überrascht von der Entscheidung und können es sich kaum ohne Mr. Flashpoint vorstellen. In der heutigen Zeit des Wandels und der Fluktuation in unserer Branche hielt sich die Verwunderung dennoch in Grenzen und die Tränen waren schnell getrocknet. Bei den Partnern musste ich ein wenig mehr Überzeugungsarbeit leisten. Durch das tolle Flashpoint Team 2022 war das dann aber auch kein echtes Problem.
IGM: Als Vorstand der flashpoint AG als auch als Geschäftsführer der Flashpoint Germany GmbH hast du alle Höhen und Tiefen des Unternehmens miterlebt. Was bleibt hängen?
Altemeier: Ja, die letzten 20 Jahre waren geprägt von vielen Veränderungen im Markt, natürlich auch bei uns. In Spitzenzeiten haben wir fast 100 Mio. Euro Umsatz gemacht und hatten bis zu 130 Mitarbeiter. Flashpoint war ein hochprofitables und zukunftsorientiertes Unternehmen. Wir galten technisch als Vorreiter und haben uns immer an die jeweiligen Kunden und Partner angepasst. Aber, und das müssen wir uns selbstkritisch auch vorwerfen, sind auch Fehler gemacht worden. Wir haben die Digitalisierungsgeschwindigkeit nicht richtig eingepreist und waren zu abhängig von einer Bank. Die Schwierigkeiten der Commerzbank, gepaart mit dem rückläufigen Markt, waren eine ungesunde Mischung. Ich persönlich habe natürlich viel lernen können, hätte aber auf die eine oder andere Erfahrung gerne verzichtet. Aber um auf deine Frage noch einmal einzugehen: Es gab glücklicherweise mehr Höhen als Tiefen und die Tatsache, dass wir fast als einzige Firma nach einer Insolvenz tatsächlich wieder Fuß fassen konnten, zähle ich auch zu den Höhepunkten. Hängen bleibt, dass unsere Kunden und Partner auch in der schwierigen Zeit voll zu uns gehalten haben. So viel haben wir dann wohl nicht verkehrt gemacht!?
IGM: Gibt es ganz besondere Momente in all den Jahrzehnten, die dir in besonderer Erinnerung bleiben werden?
Altemeier: Sicherlich gibt es viele Momente, die mir hier einfallen. Viele davon möchte ich gerne weiterhin für mich behalten und dann zu gegebener Zeit am Lagerfeuer rausholen. Die Tatsache, dass wir bei der Veröffentlichung von Guild Wars als ernstzunehmender Player wahrgenommen wurden, war zum Beispiel so ein Moment. Die Messen waren immer ein Highlight des Jahres. Mein Team und ich hatten immer sehr ehrgeizige Ziele. Ehrgeiz ist nur eine besondere Form der allgemeinen Sehnsucht nach Glück. Ich war immer besonders glücklich, wenn ich meine Mitarbeiter motivieren konnte und ich hierüber meine Bestätigung bekam.
IGM: An einem Unternehmen, das sich primär dem Vertrieb von physischen Produkten verschrieben hat, dürfte die rasante Entwicklung der Digitalisierung über all die Jahre genagt haben. Hat dieser tägliche Kampf auch bei dir Spuren hinterlassen?
Altemeier: Natürlich, wenn ich täglich in den Spiegel schaue … Allerdings könnte das auch mit meinem fortgeschrittenen Alter zu tun haben. Ich hatte ja schon erwähnt, dass wir die Digitalisierungsgeschwindigkeit unterschätzt haben. Gerade bei sechsstelligen Auslieferungen – wie bei Fifa – wird es deutlich. Unsere gesamte Logistik war auf solche Größenordnungen eingerichtet, wenn dann von heute auf morgen 70 Prozent des Umsatzes digital läuft, wird es halt schwierig. Aber wir hatten ja zum Glück noch andere Sortimente.
IGM: Flashpoint wurde im Zuge der Insolvenz der AG und dem unmittelbar danach erfolgten Neustart als GmbH Ende 2018 personell verschlankt und besteht derzeit aus knapp 10 Mitarbeitern. Ich kann mir vorstellen, dass ihr als Team in den letzten 3 Jahren besonders zusammengewachsen seid …
Altemeier: Das ist richtig und macht mich auch ein wenig stolz. Bei einer empfindlichen Niederlage ist es äußerst wichtig, dass man sie erfolgreich übersteht. Wir haben das im Team hinbekommen und das war keine Selbstverständlichkeit.
IGM: Es heißt gemeinhin, die Gamesbranche sei einer der „Gewinner“ der Pandemie. Ein Satz, der auch für euch galt und gilt?
Altemeier: Ich glaube „die Gamesbranche“ als Gewinner der Pandemie hinzustellen, ist zu einfach. Zu der Gamesbranche zählen letztendlich auch unsere Kunden – und der stationäre Handel war ja eher der Verlierer der Pandemie. Wir konnten uns in der Pandemie tatsächlich nicht beschweren. Sehr stark nachgefragte Sortimente wie Headsets haben uns hier sehr geholfen.
IGM: Wie siehst du Flashpoint nach deinem Weggang aufgestellt?
Altemeier: Flashpoint ist auch nach meinem Weggang sehr gut aufgestellt, auch das macht mich stolz. Die jetzige Führungsmannschaft hat mich die ganzen Jahre über begleitet und wird jetzt noch ein wenig mehr Verantwortung übernehmen müssen. Sie werden das gut machen, da bin ich mir sicher!
IGM: Heißt, der Fortbestand ist auch ohne derzeitige Geschäftsführung sichergestellt?
Altemeier: Es wird ja eine Geschäftsführung geben. Shane Dodson wird die Geschäftsführung selbst übernehmen und tatkräftig durch drei Prokuristen unterstützt. Markus Blumenberg, Marcel Sommer und Patrick Kapur sind ein eingespieltes Team. Und wenn es doch noch einmal eine Frage geben sollte, bin ich nicht aus der Welt.
IGM: Thomas, dir gebührt das Schlusswort ...
Altemeier: In Hamburg sagt man bekanntlich Tschüss! Nach fast 20 Jahren ist es natürlich nicht einfach, loszulassen. Es waren unglaubliche, meistens tolle erfolgreiche Jahre. Sicherlich hätte ich auf die Erfahrungen der letzten Jahre in der AG gerne verzichtet, aber vielleicht sind diese auch für andere Unternehmen wertvoll? Wenn wir nicht an uns selbst glauben, können wir nicht erwarten, dass es andere tun. Die letzten drei Jahre in der neu geschaffenen Flashpoint Germany GmbH waren mehr als erfolgreich, hier konnte ich meinen Teil beitragen und das ist gut so. Abschließend möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bei allen, die mich kennen, für diese gute Zeit bedanken. Für das entgegengebrachte Vertrauen, die vielen Erfolge, aber vor allem für die sehr gute Zusammenarbeit zu jeder Zeit. [Marius Hopp]