Interview mit WoG.CH-Mit­gründer Michael Wyler

Am 1. August 2024 feierte World of Games, der größte Games-Fachhändler der Schweiz, sein 30-jähriges Bestehen. IGM sprach mit Mitgründer Michael Wyler über die Anfänge des Unternehmens, das stetige Wachstum Anfang der 2000er-Jahre, den Ausbau des Online-Portals und die bereits spruchreifen Zukunftspläne.
09. September 2024 - 13:17
Image
Michael Wyler

IGM: World of Games gibt es jetzt seit 30 Jahren. Was hat Sie damals dazu bewogen, einen Versand für Computer- und Videospiele zu gründen?

Michael Wyler: Am Ursprung von World of Games stand eigentlich ein Spiel: „Antares“. Wir waren damals eine kleine Gruppe jugendlicher Nerds, zu dieser Zeit ein nicht unbedingt positiv besetzter Begriff, die neben der Schule beziehungsweise Lehre an eben diesem Game für den Amiga gebastelt hatten. Voller Enthusiasmus träumten wir davon, dass wir unser Hobby irgendwann zum Beruf machen können. Wir fanden 1991 auch tatsächlich mit Bomico einen Publisher, der das Spiel veröffentlichte, aber die Verkaufszahlen und unsere Tantiemen waren schon sehr bescheiden. Danach, ich hatte mittlerweile meine Lehre abgeschlossen, versuchte ich mich nochmals an einem Soloprojekt, das grandios scheiterte, weswegen ich mich nach anderen Möglichkeiten umsah. Games waren zu dieser Zeit nur in wenigen Läden in der Schweiz überhaupt erhältlich. Der Verkauf von Spielen kam mir damals zwar deutlich weniger interessant als die Programmierung vor, ermöglichte mir aber, mich weiterhin mit dem Thema, das mich so interessierte, zu beschäftigen.

IGM: Wodurch haben Sie sich in der Anfangsphase von Ihren Mitbewerbern unterschieden? Waren es niedrigere Preise? Schnellere Lieferung? Besserer Kundenservice?

Michael Wyler: Eine größere Auswahl und tiefere Preise in jedem Fall. Die Schweiz war noch Games-Entwicklungsland und es war für Kunden generell nicht so einfach, überhaupt an die gewünschten Spiele zu kommen. Ein weiterer Unterschied war vermutlich, dass wir den Kunden bereits zu dieser Zeit einen Flyer mit Games zugeschickt haben, über den sie Bestellungen tätigen konnten.

IGM: Welche besonderen Erinnerungen verbinden Sie mit dem Gründungsjahr?

Michael Wyler: In erster Linie diese, dass wir die Anfangsphase buchstäblich ohne finanzielle Mittel gemeistert haben. Thomas von Arx (der Mitbegründer, Anm. d. Red.) und ich wohnten beide noch bei unseren Eltern und wir hatten beide keinerlei Erspartes. Der Versand der Spiele erfolgte anfangs direkt aus der Wohnung meiner Mutter, und ich bewundere rückblickend, wie viel Geduld und Vertrauen sie gehabt haben muss.

IGM: Wie haben Sie in der Anfangsphase dafür gesorgt, dass potenzielle Kunden auf World of Games aufmerksam wurden?

Michael Wyler: Unser Hauptaugenmerk bei der Neukundengewinnung lag auf unserem Flyer, den wir verschiedenen deutschsprachigen Games-Magazinen beigelegt haben.

IGM: Erinnern Sie sich noch an ein oder zwei absolute Topseller-Produkte aus der Gründerzeit – sozusagen Spiele, mit denen Sie richtig viel Umsatz gemacht haben und damit expandieren konnten?

Michael Wyler: Ein großer Boost für unsere Firma war mit Sicherheit 1995 der Release von Sonys PlayStation-Konsole und die Veröffentlichung von Spielen wie „Wipeout“ oder „Command & Conquer“. Daneben haben wir aber schon damals Spielwaren und Trading Cards verkauft und „Magic the Gathering“ war ebenfalls ein enorm spannendes Thema.

IGM: Stichwort Expansion: 1997 haben Sie ein Ladenlokal eröffnet. Wie haben Sie den Ort dafür ausgewählt und nach welchem Motto haben Sie es damals eingerichtet?

Michael Wyler: „Ladenlokal“ trifft die Bezeichnung vielleicht nicht so unbedingt. Es war eigentlich ein Büro im ersten Obergeschoss eines Bürogebäudes, in dem wir die Spiele ausgestellt hatten und die Kunden sie dann auch abholen konnten. Wichtiger war damals der Versandhandel und beim „Laden“ ging es eher darum, Kunden aus der Region die Möglichkeit zu geben, ein Produkt möglichst schnell erhalten zu können.

IGM: 1997 erhielt World of Games mit WoG.ch auch eine eigene Webseite. Wer hat sie damals konzipiert? Und wie unterschied sich der Internetauftritt von dem der Konkurrenz?

Michael Wyler: Die allererste Version des WoG-Webshops wurde von mir mit Frontpage entwickelt und war eigentlich nicht viel mehr als eine Online-Produktliste mit einer Bestellmöglichkeit via Formularfeld. Die erste wirklich professionelle Webseite inklusive Forum entstand dann ein Jahr später, entwickelt von unserem Programmierer Raphael Gerber.

IGM: Gab es eine Gaming-Ära, in der WoG besonders stark gewachsen ist?

Michael Wyler: Bis etwa 1999 war WoG immer noch ziemlich klein. Das war vermutlich der finanziellen Situation in der Anfangszeit geschuldet. Wir hatten keine externen Geldgeber, die eine Expansion finanziert hätten. So mussten wir ganz klassisch mit dem Geld haushalten, das wir auch tatsächlich eingenommen haben. So ab dem Jahr 2000 folgte dann aber über mehrere Jahre ein sehr starkes Wachstum, das uns immer mehr zu einer der wichtigsten Anlaufstellen für Games in der Schweiz gemacht hat.

IGM: Wie groß ist Ihre aktuelle Belegschaft heute? Und wie oft sind Sie mit dem Ladengeschäft seit dem Gründungsjahr umgezogen?

Michael Wyler: Unsere aktuelle Belegschaft beträgt derzeit rund 40 Mitarbeiter. Mit dem Ladengeschäft umgezogen sind wir noch zwei Mal, 2019 zuletzt an den jetzigen Standort neben dem Coop Supermarkt in Unterentfelden.

IGM: Wie kam die Kooperation mit der Schweizer Webseite games.ch zustande?

Michael Wyler: Das muss 2009 gewesen sein, zu den Anfangszeiten von games.ch. Wir haben mit dem Inhaber Roger Sieber über Verlinkungen zu unseren Produkten verhandelt und entschieden, dass wir zudem die News von games.ch direkt in den Webshop einbinden möchten. Diese Partnerschaft gibt nach wie vor viel Sinn für uns.

IGM: Welches waren die wichtigsten Evolutionsschritte des Internet-Auftritts von WoG.CH?

Michael Wyler: Äußerst wichtig war die Entscheidung, relativ früh auf eine Eigenentwicklung des Webshops zu setzen. Dies ist zwar mit viel Aufwand verbunden, hat uns aber die nötige Flexibilität geboten, uns der sich sehr schnell verändernden Games-Branche anzupassen. Ein weiterer sehr wichtiger Evolutionsschritt war die frühe Entwicklung von nativen Apps für iPhone und Android.

IGM: Welches war das teuerste Spiel, das jemals über WoG verkauft wurde?

Michael Wyler: Das war vermutlich die Atomic Edition zu „Biomutant“. Sie kostete rund 450 Franken.

IGM: WoG bietet nicht nur Spiele an, sondern auch Filme, Spielzeug, Bücher, Hardware, Merchandising und vieles mehr. Was ist heute Ihre erfolgreichste und umsatzstärkste Produktkategorie? Planen Sie die Einführung weiterer Produktkategorien?

Michael Wyler: Die umsatzstärkste Rubrik sind weiterhin Games, gefolgt von den Spielwaren. Wir sind sehr vorsichtig, wenn es um weitere Produktkategorien geht. Einerseits erforderten die Digitalisierung und das Streaming natürlich eine gewisse Anpassung, andererseits wollen wir nicht einfach ein weiteres Online-Warenhaus werden. Wenn neue Produktkategorien hinzukommen, sollten diese möglichst immer mit der DNA unserer Firma kompatibel sein.

IGM: Welche Voraussetzungen sollte jemand mitbringen, der gerne bei Ihnen im Ladengeschäft arbeiten möchte?

Michael Wyler: Gute Kenntnisse unserer Produktkategorien sind sicherlich von großem Vorteil. Daneben legen wir auch Wert auf Selbständigkeit und Teamfähigkeit. Und natürlich muss ein Verkäufer gut mit Kunden umgehen und sie adäquat beraten können.

IGM: In Ihrem Ladengeschäft haben Sie viel Kontakt mit Kunden. An welchen Kundenbesuch erinnern Sie sich besonders gerne?

Michael Wyler: Generell habe ich eigentlich immer sehr gute Erinnerungen an unsere Kundschaft mitnehmen können. Geblieben sind mir deshalb vor allem die vielen Fachsimpeleien mit anderen Gamern oder Gamerinnen.

IGM: Wie soll WoG.CH in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden? Im Google Play Store haben Sie in einem Feedback-Kommentar ein Redesign der App angedeutet. Ist dies noch in Planung?
 
Michael Wyler: Ja, ein Redesign der Mobile-Apps ist schon seit längerem in Arbeit und dürfte vermutlich Ende 2024 oder Anfang 2025 erscheinen. Auch der restliche Webshop unterliegt einem ständigen Wandel. Ein Loyalty-Programm steht in den Startlöchern und im Bereich der Wunschlisten planen wir eine Reihe neuer Funktionen. (soe/bpf)