Julia Pfiffer, astragon: "Direkt und ohne Umwege"

Julia Pfiffer, Geschäftsführerin der astragon Entertainment GmbH, über die Fusion mit der astragon Sales & Services GmbH, künftige Herausforderungen im Sales und Publishing und eine Notlösung, aus der ein Konzept für die Zukunft erwuchs.
02. August 2021 - 16:50
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Julia Pfiffer, Geschäftsführerin der astragon Entertainment GmbH

IGM: Julia, die astragon Sales & Services GmbH ist kürzlich in die astragon Entertainment GmbH verschmolzen. Blicken wir zurück: Vor 5 Jahren haben sich rondomedia und astragon unter der Dachmarke „astragon“ zusammengeschlossen. Primäres Ziel war es damals, in der Außendarstellung besser als Einheit wahrgenommen zu werden sowie effizienter und straffer aufgestellt zu sein. Ist die jetzige Fusion ein weiterer Schritt in diese Richtung?

Julia Pfiffer: Ja, absolut. Der Zusammenschluss beider Unternehmen ist ohne personelle Folgen vonstattengegangen, wodurch wir letztendlich nur positive Auswirkungen auf die Zusammenarbeit innerhalb des Teams erkennen können. Die astragon Entertainment GmbH übernimmt durch die Verschmelzung alle Rechte und Pflichten der astragon Sales & Services GmbH, weshalb nun auch die letzten kleineren Hürden wegfallen, die in der Zusammenarbeit zwischen zwei Unternehmen unvermeidbar waren.

IGM: Tim Schmitz und deine Person fungieren auch künftig als Geschäftsführung der astragon Entertainment GmbH, Kristina Klooss – vormals Geschäftsführerin der astragon Sales & Services GmbH – übernimmt bei astragon Entertainment die Position „Head of Retail Sales GSA und Administration“. Heißt mit anderen Worten, dass der Vertrieb auch künftig eine signifikante Rolle bei euch spielt …?

Julia Pfiffer: Ja, besonders im Bereich Family-Entertainment spielt der physische Handel immer noch eine signifikante Rolle und ist eine wichtige Komponente für uns.

IGM: Welche Vorteile bringt es mit sich, den Sales-Bereich inhouse abdecken zu können?

Julia Pfiffer: Es gibt für uns sehr viele Vorteile, die damit einhergehen: Die Steuerung des eigenen Außendienst-Teams sowie Absprachen bezüglich Rackjobbing, Sales oder Marketing können direkt und ohne Umwege erfolgen. Die Pflege langjähriger bestehender Kontakte, die direkte Listung sowie der ausbleibende Margenverlust durch eine dritte Partei stellen ebenfalls Vorteile dar, die damit einhergehen. Neben dem deutschsprachigen Retail Sales werden auch der International- sowie Digital Sales aus dem Düsseldorfer Büro gesteuert und stetig ausgebaut. Durch den Zusammenschluss können nun noch weitere Synergien geschaffen und die Unternehmensstrategie ganzheitlich verfolgt werden.

IGM: Eine externe Vertriebslösung käme für euch also nicht in Frage?

Julia Pfiffer: Zum aktuellen Zeitpunkt käme das für uns aus den oben genannten Gründen nicht in Frage. Die Marktentwicklung könnte darauf natürlich einen maßgeblichen Einfluss haben. Aktuell sehen wir uns aber sowohl personell als auch mit unserem aktuellen und zukünftigen Produktportfolio gut und rentabel aufgestellt.
 
IGM: Kommen wir zum Thema Publishing: Wie ist hier das Verhältnis zwischen Titeln, für die ihr das Co-Publishing übernehmt, und euren eigenen IP's?  

Julia Pfiffer: Bei unseren Own IPs übernehmen wir die komplette Begleitung vom Konzept bis zum finalen Produkt. Dementsprechend ist der interne Begleitungsprozess deutlich länger als bei einem Distributionstitel, bei dem wir die Veröffentlichung der Produkte mit Marketing- und PR-Maßnahmen innerhalb der jeweiligen Territorien unterstützen. Wir arbeiten dabei mit unterschiedlichen Partnern zusammen, wie z.B. Focus Home Interactive, Microids oder Maximum Games. Die Schlagzahl für Distributionstitel ist dadurch natürlich um ein Vielfaches höher als bei unseren Eigenentwicklungen, von denen wir grob zwei bis drei pro Jahr releasen. Dafür werden diese multiplattform sowohl physisch als auch digital weltweit veröffentlicht.
 
IGM: Seit Februar ist Christopher Kellner in seiner Funktion als Head of Business Development vor allem mit dem Scouting neuer Projekte und der Markenlizenzakquise betraut. Gibt es hier bereits eine Wasserstandsmeldung?

Julia Pfiffer: Wir sind sehr froh, Christopher Kellner bei uns an Bord zu haben, denn er bringt langjährige Branchenerfahrung mit und ist ein wahrer Experte auf seinem Gebiet. Er hat sehr schnell in seine Aufgaben hereingefunden, ergänzt und unterstützt das bisherige Team tatkräftig und ist für uns erfolgreich auf diversen (digitalen) Messen und Veranstaltungen vertreten. Weitere Details dazu werdet ihr zukünftig bestimmt in der ein oder anderen Pressemeldung lesen.
 
IGM: Wo liegen eure Schwerpunkte: Im Aufbau und der Etablierung gänzlich neuer IP's oder geht es eher um die Gewinnung von bekannten Markenrechten?

Julia Pfiffer: Wir sehen unsere Schwerpunkte beim Ausbau bisheriger Marken und der Etablierung neuer IPs im Simulationsbereich. Dabei spielt die Akquise neuer Markenlizenzen eine zentrale Rolle und ist eine unserer Core Pillars bei der Entwicklung realistischer Simulationsspiele.  

IGM: astragon hat von Casual-Games über Adventure-Games bis hin natürlich zu Simulationen ein breites Spektrum im Portfolio. Welches Genre hat für euch das meiste Potenzial?

Julia Pfiffer: Wir sind im Distributionsbereich divers aufgestellt, unser Schwerpunkt liegt dabei vor allem aber auf Family-Entertainment. Dabei nutzen wir natürlich auch Synergien zu unseren eigenen Marken. Bei unseren Own IPs liegt der Fokus auf hochwertigen technischen Simulationen – in dem Bereich sind wir Experte, wissen genau, was die Spieler und Spielerinnen erwarten und sehen großes Potential, unsere Marken weiterhin auszubauen.
 
IGM: Kristina Klooss sagte unlängst in einem IGM-Interview, man finde überall dort statt, wo man Games im Handel finde. Wie hart hat euch die Schließung des stationären Handels in Corona-Zeiten getroffen?  

Julia Pfiffer: Die Schließung des stationären Handels 2020 hat sich natürlich auch bei uns bemerkbar gemacht. Wie vermutlich die meisten, mussten wir uns schnell auf eine völlig neue und unbekannte Situation einstellen und reagieren. Wenn wir auf die vergangenen Monate zurückblicken und Bilanz ziehen, hat uns diese unvorhersehbare Situation weniger hart getroffen als anfänglich befürchtet. Wir konnten eine starke Verschiebung innerhalb der Retailkanäle und dem Onlinehandel feststellen, zudem verzeichneten wir einen signifikanten Anstieg im Digitalgeschäft. Wir freuen uns jedoch nun umso mehr, dass unsere Ware wieder flächendeckend angeboten und verkauft werden kann.

IGM: Apropos Digitalgeschäft: Police Simulator: Patrol Officers ist das erste Spiel von euch, das auf Steam im Early Access erschien. Wie lautet hier eure Zwischenbilanz?

Julia Pfiffer: Die Veröffentlichung von Early Access-Titeln war für uns eine gänzlich neue Herausforderung, umso mehr freuen wir uns, dass die geplante Strategie erfolgreich aufgegangen ist. 87 % positive Bewertungen auf Steam spiegeln aber auch die harte und leidenschaftliche Arbeit des Entwicklerstudios Aesir Interactive aus München im Zusammenspiel mit unserem Team hier bei astragon wider. Wir freuen uns sehr auf die enge Zusammenarbeit mit der Community, die weiteren Updates und den inhaltlichen Ausbau des Spiels.
 
IGM: Wie habt ihr euch eigentlich für die Post-Covid-Ära gewappnet? Das Arbeiten aus dem Homeoffice scheint ja gut geklappt zu haben, Stichwort „flexible Homeoffice-Regelung“ ...?

Julia Pfiffer: Das ist ein sehr gutes Stichwort, denn wir haben bereits jetzt eine flexible Homeoffice-Regelung eingeführt. Aus der Notlösung in der Krise ist ein Konzept mit Zukunft entstanden. Ziel ist es, so die Vorzüge aus beiden Welten zu vereinen und insgesamt ein noch höheres Maß an Flexibilität und individueller Gestaltung des Arbeitstags zu ermöglichen. Das gesamte Team hat über die letzten Monate bewiesen, dass wir auch räumlich getrennt gemeinsam stark und erfolgreich sein können. Eine entsprechende IT-Infrastruktur und abgestimmte Prozesse ermöglichen es, 75% der Gesamtarbeitstage remote zu arbeiten. Wer zu Hause keine optimalen Bedingungen vorfindet, wird in der benötigten Infrastruktur von astragon unterstützt. An den 25% Office-Tagen können Meetings oder Workshops stattfinden, die per Videokonferenz weniger gut funktionieren. Anwesenheitspflicht gibt es nur einmal pro Monat, am Tag unseres Company-Stand- Ups, an dem wichtige firmeninterne Kennzahlen, Strategien und Informationen mit dem gesamten Team geteilt werden.

IGM: Kommen wir zur Ausbildung und Nachwuchsförderung: Ihr werdet erstmalig die Rolle eines Ausbildungsunternehmens übernehmen und in Kooperation mit der IHK Düsseldorf eine Kauffrau/einen Kaufmann für audiovisuelle Medien ausbilden. Wie ist bis dato die Resonanz auf die Stelle?

Julia Pfiffer: Sowohl Tim Schmitz als auch ich haben unsere berufliche Karriere mit einer Ausbildung gestartet und konnten so wichtige Einblicke in die Berufswelt sammeln. Uns war es wichtig, diesen Einstieg auch bei astragon zu ermöglichen und das Engagement in Sachen Nachwuchsförderung konsequent auszubauen und fortzuführen. Insbesondere innerhalb der Gamesbranche ist die Möglichkeit einer klassischen Berufsausbildung eher begrenzt. Auch von außen fiel die Resonanz sehr positiv aus, zudem durften wir uns über viele großartige Bewerbungen freuen. Und etwas können wir schon verraten: Wir haben bereits eine tolle Kandidatin gefunden.
 
IGM: Abschließend ein Wort zur gamescom, auf der astragon traditionell immer stark vertreten ist: Macht eine Digital-Veranstaltung, bei der sich vornehmlich Trailer an Trailer reiht, für euch Sinn?

Julia Pfiffer: Die digitale gamescom bietet uns ergänzend im Zusammenspiel mit einem ausgeklügelten Digitalkonzept, bekannten Kooperationspartnern und reichweitenstarken Content Creatoren die Möglichkeit, unser abwechslungsreiches Herbstportfolio einer breiten internationalen Masse zu präsentieren. (ho)