Es war eine freudige Nachricht zum Weihnachtsfest 2023: Seit ihrer Markteinführung am 12. November 2020 in Japan und den USA sowie am 19. November 2020 in Europa hat sich die Sony PlayStation 5 mehr als 50 Millionen Mal verkauft. Für Jim Ryan, CEO von Sony Interactive Entertainment, sind diese Zahlen laut offizieller Pressemitteilung ein Beleg für die „unerschütterliche Unterstützung der weltweiten PlayStation-Community“ und deren „Leidenschaft für die unglaublichen Erlebnisse, welche von den talentierten Entwicklern der PlayStation Studios und deren Partnern geschaffen wurden“. Mit starken Exklusivspielen wie „Marvel’s Spider Man 2“ oder auch Third-Party-Erfolgen wie „EA Sports FC 24“ und „Baldur’s Gate 3“ wurde somit ein weiterer Meilenstein gesetzt – trotz anfänglicher Lieferprobleme aufgrund der Corona-Pandemie.
Der berühmt-berüchtigte und oft zitierte Konsolenkrieg zwischen Sony und Microsoft ist für den Moment zumindest vorerst endgültig beendet. Die Financial Times berichtete auf Basis einer Analyse der Marktforscher von Ampere, dass allein im Jahr 2023 die PlayStation-5-Verkäufe um 65 Prozent auf 22,5 Millionen Einheiten stiegen, während die Xbox-Verkäufe um 15 Prozent auf nur noch 7,6 Millionen verkaufte Einheiten sanken. Das bedeutet, dass für jede Xbox-Konsole drei PS5-Konsolen über die Ladentheke gingen. Selbst Microsoft-Gaming-Chef Phil Spencer bestätigte in Interviews, dass ein plötzlicher Umschwung bei den Käufern nicht von heute auf morgen kommen werde: „Es ist einfach nicht wahr, dass, wenn wir großartige Spiele entwickeln, sich der Konsolenanteil plötzlich auf dramatische Weise verschiebt.“
Diese Entwicklung ist allerdings kein Novum der aktuellen Konsolengeneration. Microsoft hat mit dem Release der Xbox One gegenüber der PlayStation 4 den Anschluss an Sony verloren, was Spencer auf den Punkt bringt: „Mit der Xbox One haben wir die schlimmste Generation verloren, die es zu verlieren gab.“
Duell auf Augenhöhe
So groß die Dominanz der PlayStation gegenüber der Xbox im Jahr 2024 auch sein mag, so ausgeglichen war das Duell in der Vergangenheit. Die erste Xbox-Generation erschien am 15. November 2001 in Nordamerika und im Frühjahr 2002 in den übrigen Märkten. Die Xbox verkaufte sich 24 Millionen Mal und hatte damit zwar keine Chance gegen die 155 Millionen Mal verkaufte Sony PlayStation 2. Dennoch zeigte die erste Spielkonsole von Microsoft Potenzial. Vor allem Funktionen wie das erleichterte Online-Spielen über Xbox Live hoben die Plattform von der Konkurrenz ab.
Die bereits 2005 veröffentlichte Xbox 360 ging diesen Weg weiter und Microsoft profitierte vom holprigen Start sowie der komplexen Hardware-Architektur der im Herbst 2006 gestarteten PlayStation 3. Viele Spiele liefen damals einfach besser auf der Xbox 360, zudem war die Konsole günstiger als das Sony-Pendant. Mit 84 Millionen verkauften Xbox-360-Konsolen gegenüber 87,4 Millionen verkauften PlayStation-3-Geräten war der Konsolenkrieg so knapp wie nie zuvor. Microsoft hatte Sony innerhalb einer Generation fast eingeholt und den einstigen Platzhirsch massiv unter Druck gesetzt.
Xbox-Fehlstart machte Sony stark
Der Volksmund sagt: „Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.“ Die Ankündigung der dritten Konsolengeneration von Microsoft, der Xbox One, gilt bis heute als einer der größten Flops der Spielegeschichte. Bereits im Sommer 2012 sickerten erste Informationen durch und offenbarten Details zur Ausrichtung der neuen Plattform. Am 21. Mai 2013 fand schließlich die offizielle Enthüllung statt, bei der die Gaming-Community allerdings enttäuscht wurde. Statt sich auf neue Spiele und die Leistungsfähigkeit der Hardware zu konzentrieren, standen die Multimedia- und insbesondere die TV-Funktionen der neuen All-in-One-Plattform im Mittelpunkt der Präsentation. Dazu drückten merkwürdige Entscheidungen auf die Stimmung: So sollte die Konsole etwa „always online“ sein und der Bewegungssensor Kinect 2 gehörte zum Pflichtprogramm. Beides warf schon vor zehn Jahren Fragen des Datenschutzes auf. Zudem plante Microsoft zunächst neue Lizenzbeschränkungen, die den Verkauf physischer Spiele erschweren sollten. Die Reaktionen auf die erste Ankündigung waren äußerst negativ und die Community entsprechend verunsichert.
Obwohl Microsoft in den Folgemonaten mit einem Teil der Punkte zurückruderte, hatte Sony mit der PlayStation 4 unter dem Slogan „This is for the Players“ schon früh die Nase vorn. Die Xbox One erschien am 22. November 2013, die PS4 eine Woche später. Ein weiterer Vorteil für Sony: Die PlayStation 4 kostete zum Start nur 399 Euro, die Xbox One dagegen 499 Euro – nicht zuletzt wegen der hochmodernen Kinect 2. Bis Ende 2013 verkaufte sich die Xbox One weltweit über drei Millionen Mal, die PlayStation 4 kam auf 4,2 Millionen Einheiten. Dieser Trend sollte sich auch in den Folgejahren fortsetzen.
Technikvorreiter und wichtiger Konkurrent
Im Rückblick war es ein einseitiges Duell zwischen PlayStation 4 und Xbox One. Das Multimediawunder aus dem Hause Microsoft konnte sich von seinem schlechten Start und dem damit verbundenen Imageschaden nie richtig erholen, während Sonys Spielkonsole zwar kein Innovationswunder war, aber die Zielgruppe genau traf. Sony hat sich mit 117 Millionen verkauften Einheiten deutlich vom PS3-Flop erholt, wohingegen Microsoft mit nur 58 Millionen verkauften Xbox-One-Konsolen deutlich hinter den Verkäufen der Xbox 360 zurückblieb. Die PlayStation 4 verkaufte sich schließlich doppelt so gut wie die Xbox One.
Für Sony sprachen in dieser Zeit vor allem die großen Exklusivproduktionen. Titel wie die „Uncharted“-Reihe, „Horizon Zero Dawn“, „Bloodborne“, „The Last of Us Part 2” oder „Dreams” zeigten einerseits die Vielfalt des Exklusivangebots, prägten aber auch die Plattform und wurden zu Millionensellern.
Die Xbox One als unbedeutenden Flop abzutun, wäre an dieser Stelle aber sicher falsch. Denn anstatt sich in sein Schicksal zu ergeben, hat Microsoft reagiert und investiert. Im Jahr 2017 führte das Unternehmen beispielsweise den Xbox Game Pass ein, der Zugang zu einer eigenen Online-Bibliothek sowie zu Day-One-Veröffentlichungen exklusiver Spiele bietet. Durch die Integration von Xbox Live in diesen Dienst entstand ein eigenes Ökosystem, das bis heute über 30 Millionen Abonnenten zählt. Auch wenn PlayStation Plus, das Sony-Pendant zum Game Pass, derzeit rund 50 Millionen Abonnenten besitzt, hat Microsoft mit seinem Angebot Druck ausgeübt und Begehrlichkeiten in der PlayStation-Community geweckt.
Im Sommer 2022 wurde PlayStation Plus angepasst und die drei Stufen Essential, Extra und Premium mit unterschiedlichen Vorteilen und Diensten integriert. In den höheren Kategorien sind auch Features wie Ubisoft+ Classics oder ein Spielekatalog enthalten. Dem Wunsch nach Day-One-Releases großer Exklusivspiele wurde allerdings schon früh eine Absage erteilt. Kein Wunder, sind diese großen Lizenzspiele doch das wohl wichtigste Alleinstellungsmerkmal der Marke PlayStation. Funktionen wie Abwärtskompatibilität und Cloud-Gaming wurden von Microsoft ebenfalls frühzeitig in den Vordergrund gestellt. Sonys Streaming-Dienst PlayStation Now wurde als Zusatzdienst jedoch weniger gut angenommen und erreichte im März 2021 lediglich 3,2 Millionen Spielerinnen und Spieler. Auch im Bereich der Barrierefreiheit ging Microsoft mit entsprechenden Eingabegeräten früh voran, während Sony erst am 6. Dezember 2023 den Access-Controller einführte. In puncto Virtual Reality hielt sich Microsoft dagegen zurück. Hier hat Sony mit PlayStation VR und PlayStation VR2 auf Konsolen noch einen Exklusivvorteil.
Hervorzuheben ist auch die aggressive Expansionsstrategie von Microsoft: 2018 übernahmen die Redmonder renommierte Studios wie Obsidian Entertainment, Ninja Theory oder Inxile. Nach der Übernahme von ZeniMax (2021) machte das Unternehmen zuletzt mit dem Erwerb von Activision Blizzard für 68,7 Milliarden US-Dollar auf sich aufmerksam. Marken wie „Call of Duty“ laufen damit unter der Flagge von Microsoft. Die Tragweite dieser Entwicklungen wird sich allerdings erst in einigen Jahren zeigen.
Festzuhalten ist jedoch, dass die Xbox One zwar den Konsolenkrieg gegen die PlayStation 4 verloren hat. In ihrer Lebenszeit hat Microsoft die Marke aber spürbar vorangebracht und mit innovativen Konzepten auch für Denkanstöße innerhalb der Branche gesorgt. So drastisch der Sieg von Sonys PS4 auf dem Papier auch sein mag, so wichtig war diese „verlorene Generation“ der Xbox One für Microsoft und die Neuausrichtung der Marke. (ob/bpf)