Xbox Series X/S und PS5: Wie sind die neuen Konsolen gestartet?

Mehr als drei Monate sind die neuen Konsolen von Sony und Microsoft nun schon auf dem Markt. Grund genug, eine erste Bilanz zu ziehen. Wie haben sich PlayStation 5 und Xbox Series X/S bisher geschlagen? Was gefällt den Nutzern besonders und woran hapert es noch? Wer hat das bessere Software-Angebot und was steht für 2021 noch auf der Agenda? IGM klärt auf.
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Bildnachweis: © Andrei Kukla
Bildnachweis: © Andrei Kukla

Am 10. und 19. November 2020 war es endlich soweit. Trotz Corona-Krise stürmten Microsofts Xbox Series X und S sowie Sonys PlayStation 5 in einem zeitlichen Abstand von gerade einmal neun Tagen auf den Markt. Die Vorfreude vielerorts war riesig, schlug dann allerdings oft in Frust um. Denn durch pandemiebedingte Lieferengpässe waren viele Interessenten – sowohl im PlayStation- als auch im Xbox-Lager – schlichtweg nicht in der Lage, eine PS5 beziehungsweise eine Xbox Series X zu ergattern. Schon gar nicht, wenn sie im Vorfeld keine Vorbestellung getätigt hatten. Lediglich die deutlich günstigere, dafür aber weniger leistungsstarke Xbox Series S punktete hier und dort mit einer etwas besseren Verfügbarkeit. Dazu gesellte sich ein weiteres Problem: Sofern irgendwo doch noch Ware auftauchte, schlugen sogenannte Scalper gnadenlos zu und sicherten sich die Kontingente binnen weniger Sekunden mit Hilfe von ausgeklügelten Bots. Die so ergatterten Next-Gen-Konsolen tauchten dann wenig später zu Wucherpreisen auf Ebay und anderen Online-Verkaufsplattformen wieder auf.

Stand heute hat sich die Verfügbarkeitssituation nur geringfügig verbessert. Zwar gelangen immer wieder kleinere Kontingente auf den Markt, sich zeitnah die bevorzugte Wunschkonsole zu sichern, ist dennoch mit ständigem Suchen und einer gehörigen Portion Glück verbunden. Gleiches lässt sich für einige der offiziellen Zubehörprodukte festhalten. Insbesondere Sonys "PULSE 3D Wireless-Headset" (UVP 99 Euro) sowie die offizielle Ladestation für den DualSense Wireless-Controller (UVP 35 Euro) sind vielfach ausverkauft oder oft nur gegen einen saftigen Aufpreis zu haben. Wie genau sich die Lage in den nächsten Wochen entwickelt, bleibt abzuwarten. Branchen-Insider rechnen allerdings damit, dass die Geräte noch bis in die zweite Jahreshälfte hinein Mangelware bleiben. Interessenten sollten dennoch am Ball bleiben und auch mal über den Tellerrand schauen. O2 zum Beispiel bündelt die PS5 derzeit mit diversen Mobilfunkverträgen mit einer Laufzeit von 24 Monaten. Für einen gänzlich anderen und recht umstrittenen Weg entschloss sich wiederum der Elektronikhändler Expert. Hier wurde die Xbox Series X Anfang März zeitweise für 599 Euro verkauft – 100 Euro mehr als der empfohlene Verkaufspreis.

Starke Zahlen trotz Lieferengpässen
Die Verfügbarkeitsproblematik wird die Branche zweifelsohne noch eine ganze Weile beschäftigen. In Anbetracht der schwierigen Umstände können sich die ersten offiziellen Verkaufszahlen dennoch sehen lassen. So vermeldete Sony für das dritte Quartal 2020 insgesamt 4,5 Millionen verkaufte PS5-Konsolen. Zum Vergleich: Von der PlayStation 4 gingen im Launch-Jahr 2013 4,2 Millionen Geräte über die Ladentische. Gleichzeitig bekräftige Sony, bis Ende März 2021 weitere drei Millionen PS5-Konsolen auszuliefern. Um neue PS5-Produktionskapazitäten zu schaffen, stellten die Japaner außerdem zahlreiche PS4-Baureihen ein. Ebenfalls wissenswert: Laut Sony sind 87 Prozent aller PS5-Nutzer im Besitz einer kostenpflichtigen PS Plus-Mitgliedschaft. Ein Umstand, der zum einen durch die Einführung der "PS Plus Collection" – einer Spielesammlung bestehend aus 20 PS4-Blockbustern – begünstigt wurde. Der zum anderen aber auch damit zu tun hat, dass Sony PS Plus-Nutzern jeden Monat ein brandneues PS5-Spiel zur Verfügung stellt. Im Februar 2021 zum Beispiel gab's die Multiplayer-Fahrzeug-Action "Destruction AllStars" frei Haus, im März den First-Person-Puzzler "Maquette". Geht's nach Jim Ryan, Präsident und CEO bei Sony Interactive Entertainment (SIE), will man diese Praxis auch in Zukunft beibehalten.

Und die Zahlen von Microsoft? Bisher hat der Konzern aus Redmond noch keine belastbaren Daten herausgegeben, spricht aber vom "erfolgreichsten Konsolen-Launch" in der Unternehmensgeschichte. Schenkt man dem Marktforschungsinstitut Ampere Analysis Glauben (https://www.ampereanalysis.com/insight/ps5-and-xbox-series-xs-launch-sales-match-but-dont-improve-on-previous-generation), wurden bis Ende 2020 2,8 Millionen Xbox Series X/S-Konsolen an Endkunden durchverkauft. Ein Wert, der in etwa dem entspricht, was Microsoft in der Launch-Phase der Xbox One stemmen konnte. Deutlich greifbarer sind die Daten der Spiele-Services von Microsoft. Demnach kann Xbox Live mittlerweile 100 Millionen Nutzer vorweisen. Die Zahl der Abonnenten der Spiele-Flatrate Game Pass beläuft sich dagegen auf 18 Millionen. Wie viele Nutzer der beiden Dienste sich jeweils im Besitz einer Xbox Series X/S-Konsole befinden, verriet Microsoft nicht.

87 Prozent aller PS5-Nutzer sind im Besitz einer PS Plus-Mitgliedschaft

Sonys Publikumsliebling
So viel steht fest: Die neuen Konsolen erfreuen sich bei denen, die eine ergattern konnten, großer Beliebtheit. Doch was sind nun eigentlich die Gründe dafür? Um diese Frage zu klären, hat sich IGM unter anderen durch Hunderte Nutzerkommentare einschlägiger Online-Konsolen-Portale gewühlt. Ergebnis: Im Fall der PlayStation 5-Hardware kommen insbesondere die superschnelle SSD-Festplatte (sowie die damit einhergehenden kurzen Ladezeiten), das im Vergleich zur PS4 deutlich ruhigere Betriebsgeräusch, die tadellose Abwärtskompatibilität zur PS4, das zackige, mit interessanten neuen Features (zum Beispiel Aktivitätenkarten) gespickte Betriebssystem sowie der Raytracing-fähige Grafikchip gut an.

Das Highlight für die meisten Käufer bleibt gleichwohl der DualSense Wireless-Controller und die neuen, darin verbauten Features, allen voran die spürbar verbesserten Vibrationseffekte sowie die adaptiven Trigger. Letztere sorgen dafür, dass man in kompatiblen Spielen beim Betätigen der Schultertasten einen situationsabhängigen Gegendruck spürt. Vorzeigetitel in dieser Disziplin sind dabei das bereits auf jeder PS5-Konsole vorinstallierte Astro's Playroom sowie Call of Duty: Black Ops Cold War, das für jede Waffe einen ganz unterschiedlichen Abzugswiderstand simuliert.

Nichtsdestotrotz weisen zahlreiche Käufer auf berechtigte Kritikpunkte hin. Schelte hagelt es speziell für die viel zu geringere Größe der internen 825-Gigabyte-SSD, die Nutzern nach Inbetriebnahme letztendlich nur 667 GB Speicher zur Verfügung stellt. Dies ist umso problematischer, da sich PS5-Spiele ausschließlich intern installieren lassen. Lediglich abwärtskompatible PS4-Titel und Mediendaten können auf externen SSDs oder Festplatten ausgelagert werden. Laut dem Nachrichtenportal Bloomberg soll Sony aber noch in diesem Sommer ein Firmware-Update veröffentlichen, das das Aufrüsten des internen Speichers über den M.2-Erweiterungssteckplatz gestattet, der sich hinter der rechten Frontblende der PS5 befindet.

Softwareseitig schnürt Sony das wesentlich attraktivere Angebot

 
Häufig bemängelt werden darüber hinaus die fehlende native Ausgabe eines 1440p-Signals (eine beliebte Zwischenauflösung, die bei vielen Gaming-Monitoren zum Einsatz kommt), das Fehlen bestimmter Dashboard-Funktionen (Hintergründe, Ordner, Export von PS5-Spielständen auf USB-Laufwerke), Probleme bei der Anbindung von modernen Verstärkern und Receivern via HDMI 2.1 und die Tatsache, dass PS5-Spiele selbst für lokale Multiplayer-Partien zwingend einen DualSense Wireless-Controller voraussetzen. Wer also beispielsweise "Sackboy: A Big Adventure" mit drei Koop-Partnern an einem Bildschirm spielen möchten, braucht dafür drei weitere PS5-Controller. Die Nutzung von Pads der Vorgängergeneration – wie bei den neuen Xbox-Konsolen – ist nicht vorgesehen.

Eine sehr geringe Anzahl von Nutzern berichtet zudem von vereinzelt auftretenden Kinderkrankheiten wie Spulenfiepen, Hitzeproblemen und zusätzlicher Geräuschentwicklung durch den nicht immer rund laufenden Lüfter. Die gute Nachricht: Die zuletzt genannten Technikmacken scheinen in der Tat rar gesät und traten auch bei unserer redaktionsinternen PlayStation 5 zu keiner Zeit auf.

Microsofts Joker
An der Xbox-Front gebührt das Lob der Fans dagegen der überzeugenden Hardware-Architektur samt erfreulich kompaktem Gehäusedesign, dem flüsterleisen Betriebsgeräusch, der tadellosen Verarbeitung, der Quick-Resume-Funktion (sie gestattet schnelle Wechsel zwischen bereits gestarteten Spielen) und der weitreichenden Abwärtskompatibilität. Letztgenannte ermöglicht nicht nur das Abspielen von praktisch allen Xbox-One-Spielen (Kinect-Titel ausgenommen), sondern auch die Nutzung von 467 Xbox 360-Titeln sowie das Daddeln von 34 Spielen für die Original-Xbox (Stand 3. März 2021) – teils mit sichtbar gesteigerter Performance, neuen Texturfiltern und automatischer HDR-Unterstützung.

Microsoft hat laut eigener Aussage mehr als 500.000 Stunden in das Testen der Abwärtskompatibilität investiert und scheint auch in Zukunft sehr bestrebt, das Ganze noch weiter zu verbessern. So wurde beispielsweise im Februar 2021 das Feature "FPS Boost" hinzufügt. Bei mehr und mehr abwärtskompatiblen Spielen soll es – ohne weitere Anpassungen seitens der Entwickler – für eine Verdopplung, teils sogar eine Vervierfachung der Bildrate sorgen. Und tatsächlich: Das Resultat im Praxistest kann überzeugen. Ubisofts "Watch Dogs 2" läuft nun mit 60 statt wie damals auf Xbox One mit 30 Bildern pro Sekunde. Noch eklatanter ist der Performance-Sprung bei "New Super Lucky's Tale", das bei aktivem "FPS Boost" konstant in 120 Bildern pro Sekunde läuft (passenden Fernseher vorausgesetzt). Ein Daumen hoch gibt's von der Community zudem dafür, dass die Xbox Series X und S Spielstände vollautomatisch und kostenlos mit der Cloud synchronisieren. PlayStation-Nutzer benötigen hierfür eine PS Plus-Mitgliedschaft.

Und was gibt's an der Xbox-Hardware zu meckern? Nicht vollends ausgereift wirkt zum einen die Quick-Resume-Funktion, die streckenweise noch nicht korrekt arbeitet. Die Folge: Bei Spielen, bei denen Probleme auftraten, hat Microsoft das Feature vorerst wieder abgeschaltet. Mittlerweile wurde das Problem bei zahlreichen betroffenen Titeln jedoch mit Hilfe von Patches wieder aus der Welt geschafft. Dies gilt zum Beispiel für "Assassin's Creed: Valhalla", "Gears 5" und "Yakuza: Like A Dragon".

Zu den immer wieder genannten Kritikpunkten der Microsoft-Konsolen zählt zum anderen das Ausbleiben von Controller-Innovationen. Zugegeben, die neu ergänzte, gut erreichbare Screenshot-Taste, das überarbeitete Digital-Steuerkreuz und der bessere Grip der Griffhörnchen gefallen – ein Wow-Effekt wie beim DualSense Wireless-Controller bleibt beim neuen Xbox-Pad jedoch aus. Wissenswert: Microsoft scheint sich dessen inzwischen durchaus bewusst und griff das Thema erst kürzlich in einer Umfrage auf, die an Käufer der Xbox Series X/S verschickt wurde. Ja, selbst Phil Spencer, Leiter der Microsoft-Gaming-Sparte, outete sich schon öffentlich als Fan des DualSense Wireless-Controllers. Ein erster Wink mit dem Zaunpfahl, dass man in Redmond bereits an einer Alternative arbeitet? Durchaus denkbar.

Duell wird an der Software-Front entschieden
Unterm Strich punkten beide Hersteller mit überzeugender Next Gen-Hardware, die jeweils individuelle Stärken – aber auch noch einige Schwächen – aufweist. Softwareseitig jedoch schnürt Sony derzeit das wesentlich attraktivere Angebot – nicht nur aus Sicht von Next-Gen-Enthusiasten. Vor allem Spiele wie "Marvel's Spider-Man: Miles Morales" oder "Demon's Souls" zeigen schon recht gut, wohin die Reise technisch in Zukunft geht. Aber auch diverse Third-Party-Titel wie etwa "Immortals: Fenyx Rising", "Dirt 5", "Control: Ultimate Edition" oder "Call of Duty: Black Ops Cold War" sorgen auf der PS5 für eine bessere Immersion. Hauptgrund hierfür sind die bereits angerissenen Vibrations- und Widerstandseffekte des DualSense Wirless Controllers. Wirft man ferner einen Blick auf den Release-Kalender, hat Sony mit Titeln wie dem Third-Person-Rogue-like-Shooter "Returnal" (30. April 2021), dem Jump'n'Run "Rachet & Clank: Rift Apart" (11. Juni 2021) sowie dem Open-World-Epos "Horizon: Forbidden West" (Release voraussichtlich noch 2021) drei wirklich zugkräftige PlayStation-Exklusivspiele in petto. Nicht zu vergessen sind überdies die vorerst exklusiven PlayStation-Titel "Deathloop" (21. Mai 2021) und Ghostwire: Tokyo" (Oktober 2021) von Bethesda.

Der große Software-Trumpf auf Xbox-Seite ist dagegen der Game Pass, der mit einem breit gefächerten Spieleangebot für praktisch alle Zielgruppen aufwartet und seit dem 10. November 2020 das komplette Line-up der Spielebibliothek EA Play beinhaltet, darunter auch Hits wie "Star Wars: Jedi Fallen Order", "Battlefield V", "Die Sims 4" und "Titanfall 2". Hoch im Kurs der Käuferschaft steht darüber hinaus die Tatsache, dass der Game Pass alle First-Party-Titel von Microsoft einschließt und ein Großteil davon bereits gelungen an die neuen Features der Xbox Series X und S angepasst wurde. Und nicht nur das: Für kommende Spiele der Xbox Game Studios wie beispielsweise der Konsolenversion des "Microsoft Flight Simulator" (Sommer 2021), "Halo: Infinite" (voraussichtlich Ende 2021) und "Psychonauts 2" (2021) zahlen Game Pass-Kunden ebenfalls nichts zusätzlich. Abzuwarten bleibt außerdem, welche Asse Microsoft 2021 noch ausspielen wird. Sollten ein neues "Fable", ein frisches "Forza" oder "Senua's Saga: Hellblade II" tatsächlich in diesem Jahr erscheinen, würde die Attraktivität der Microsoft-Konsolen einen nicht zu unterschätzenden Schub erhalten.(soe/bpf)

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