Doch ein Reboot ist kein Selbstläufer, wie sich jüngst zeigte: Ubisoft Blue Byte plante die Neuausrichtung der Aufbauserie „Die Siedler“. Doch das für März 2022 geplante Reboot floppte in der Beta-Phase und fiel bei Fans und Presse gleichermaßen durch. Das Ergebnis: Am 3. März 2022 – und damit nur zwei Wochen vor dem angepeilten Release – kündigte der Hersteller via Twitter die Verschiebung des Strategiespiels auf unbestimmte Zeit an, da „die Qualität noch nicht mit der Vision des Teams übereinstimmte“.
Der Spagat zwischen erstklassigem Spiel und Fan-Service ist bei der Konzeptionierung eines erfolgreichen Reboots entscheidend. Trotzdem arbeiten derzeit viele Entwicklerteams an Neuauflagen wie etwa „Timesplitters“, „Saint’s Row“ oder „Twisted Metal“. Aber es gibt noch einige Lizenzen mehr, die mit Sicherheit einen Reboot verdient hätten!
King’s Field
Bandai Namco und From Software feiern mit „Elden Ring“ aktuell einen enormen Erfolg. Das Action-Rollenspiel verkaufte sich in den ersten Wochen zwölf Millionen Mal weltweit und erntete durch die Bank Höchstwertungen. „Elden Ring“ wurde zur nächsten Evolutionsstufe der „Dark Souls“-Reihe. Doch lange bevor From Software das Genre der „Soulslike“-Spiele prägte, veröffentlichten die Japaner „King’s Field“ – ein nicht minder herausforderndes Action-Rollenspiel, das 1994 auf der ersten PlayStation-Konsole erschien.
Der wichtigste Unterschied zwischen „King’s Field“ und anderen From-Software-Spielen: Der Spieler kontrollierte hier seinen Mittelalter-Charakter aus der Ego- und nicht aus der Verfolgerperspektive. „King’s Field“ musste damals aufgrund der störrischen Steuerung, des zähen Spielfortschritts und der technischen Limitierungen Kritik einstecken. Einen Teil dieser Hürden würde ein Reboot problemlos umgehen und könnte so zu einer Art Crossover zwischen „Dark Souls“ und „The Elder Scrolls V: Skyrim“ avancieren. Schließlich bewiesen die Bethesda-Abenteuer bereits etliche Male, dass Rollenspiele aus der First-Person-Perspektive inzwischen mehr als gangbar sind. „King’s Field“ mag nicht der größte Name im From-Software-Ensemble sein, wäre aber als Reboot eine treffende Ergänzung des Portfolios und könnte im Fahrwasser von „Elden Ring“ ein Erfolg werden.
Dino Crisis
Capcom kündigte auf der State of Play im März 2022 das neue Actionspiel „Exoprimal“ an. Doch wer währenddessen durch die Social-Media-Kanäle scrollte, stieß immer wieder auf einen Wunsch der Community: Gebt uns ein neues „Dino Crisis“!
Besonders der erste Teil blieb vielen PlayStation-Kennern über lange Jahre im Gedächtnis und wurde vielerorts als „Resident Evil mit Dinosauriern“ beschrieben. Das 1999 veröffentlichte Action-Adventure stammte aus der Feder von Shinji Mikami und trug in puncto Inszenierung eindeutig die Handschrift des „Resident Evil“-Regisseurs. Ein Reboot der seinerzeit erfolgreichen Marke könnte die treue Fan-Gemeinde von damals reaktivieren. „Dino Crisis“ besaß dezente Survival-Horror-Anleihen, die man mit der aktuellen Technik weiter ausbauen könnte. Das Szenario einer Bedrohung durch Dinosaurier ist in Zeiten von Kino-Hits à la „Jurassic World“ populär wie nie und könnte gerade Kinder der Neunzigerjahre zurück ans Gamepad locken.
Die treue Fan-Gemeinde von damals reaktivieren
No One Lives Forever
Starke weibliche Hauptfiguren nehmen in Computer- und Videospielen immer häufiger wichtigere Rollen ein – zuletzt etwa in „Horizon Forbidden West“. Agentin Cate Archer aus dem Shooter-Klasiker „No One Live Forever“ (2000) wäre in einem möglichen Reboot des Actionspiels daher in bester Gesellschaft. Archer setzte im Kampf gegen die Verbrecherorganisation H.A.R.M. auf klassische Agenten-Gadgets, Schleich-Kunst und natürlich Shooter-Gameplay. Das 60er-Szenario stand dem Spiel damit ausgezeichnet zu Gesicht; insgesamt wirkte „No One Lives Forever“ wie eine Persiflage auf einschlägige „James Bond“-Filme. Ein Reboot im modernen Gewand, mit weitläufigeren Arealen und zusätzlichen Möglichkeiten, würde auf Basis des Originals sicherlich seine Zielgruppe finden.
Die Chancen auf ein Comeback von Cate Archer stehen indes eher schlecht. Das Spiel wurde von Monolith Productions entwickelt und von Fox Interactive vertrieben. Das Unternehmen wurde jedoch kurze Zeit später von Vivendi übernommen, ehe Vivendi wiederum bei Activision landete. Und die gehören inzwischen bekanntermaßen zu Microsoft. Kurzum: Es ist nicht klar, wer die Lizenzrechte an „No One Lives Forever“ aktuell überhaupt besitzt. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt
Legacy of Kain: Soul Reaver
Wo wir gerade bei nicht wertgeschätzten Action-Helden sind, darf Vampirfürst Raziel aus „Legacy of Kain: Soul Reaver“ (1999) nicht fehlen. Das von Crystal Dynamics (bekannt durch „Tomb Raider“) entwickelte Third-Person-Adventure gilt bis heute als eines der unterschätztesten Spiele der PlayStation-Ära. In seinem Kern war „Soul Reaver“ ein typisches Action-Adventure: Raziel läuft, klettert und kämpft sich durch eine vergleichsweise offene Fantasy-Welt. Den Unterschied machte hier aber seine Fähigkeit, zwischen den Welt wandeln zu können. Auf Tastendruck wechselt man so zwischen der materiellen und der spektralen Ebene. Diese Spielidee integrierte Crystal Dynamics clever in das Level- und Rätseldesign, was wiederum der spielerischen Abwechslung ausgesprochen guttat. Auch wenn „Soul Reaver“ aus heutiger Sicht technisch angestaubt wirkt, so ist der spielerische Anspruch dahinter zeitlos. Speziell die Darstellung und die Möglichkeiten des „Ebenen-Wechsels“ scheinen auf Basis moderner Technik und Level-Architekturen reizvoll.
Dungeon Keeper
Zugegeben, Strategie- und Aufbauspiele gehören im Jahr 2022 nicht unbedingt zu den erfolgreichsten oder populärsten Spielegenres. Abseits von „Age of Empires“ oder „Total War“ sieht es auf dem Massenmarkt eher dünn aus. Vielleicht liegt es auch daran, dass den Titeln der Humor und die Kreativität vergangener Tage ein wenig abgeht. Und an dieser Stelle kommt einem ein Reboot zu Bullfrogs „Dungeon Keeper“ in den Sinn. Der unter der Führung von Peter Molyneux entwickelte und 1997 veröffentlichte Taktik-Mix drehte nämlich den Spieß einfach mal um: Anstatt die Horden der Unterwelt zu bekämpfen, mussten Spieler hier ein Verlies aufbauen und gegen die Heerscharen der Helden verteidigen. Neben der gut umgesetzten Aufbau-Mechanik dominierte vor allem der gespielte Witz: Ganz egal, ob das kreative Einheiten-Design oder durch Funktionen wie das Ohrfeigen der eigenen Kreaturen, um diese anzutreiben – „Dungeon Keeper“ brachte Szenario und Gameplay vorzüglich zusammen.
Kalypso Media versucht zwar, mit seiner „Dungeons“-Reihe diesem Vorbild nachzueifern, doch „Dungeon Keeper“ verdient definitiv ein Reboot. Fantasy-Settings erfreuen sich im Jahr 2022 großer Beliebtheit, und gerade die Mischung aus Aufbauspiel und Humor bleibt zeitlos reizvoll. Fragt sich nur: In welcher Schublade der Lizenzabteilung von Electronic Arts verstaubt „Dungeon Keeper“ gerade? (ob/bpf)