IGM-Serie „Chefetage“: Michael Zillmer, InnoGames

Nachhaltigkeit ist sein Geschäftsmodell: Seit 13 Jahren steht InnoGames-Co-Gründer
Michael Zillmer an der Spitze von Deutschlands größtem Computerspiele-Entwickler. [Von Petra Fröhlich]
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Michael Zillmer, InnoGames

So schön die Dachterrasse im Hamburger Stadtteil Hammerbrook mit serienmäßigem Hafen-Blick auch sein mag: Würden sich alle 400 InnoGames-Mitarbeiter zu einem Gruppenfoto verabreden, könnte der coronabedingte Mindestabstand von 1,5 Metern keinesfalls gewährleistet werden. In Home-Office-Zeiten besteht dazu aber ohnehin kein Anlass. Mit dieser Entscheidung war InnoGames früh dran: "Was Anfang März 2020 noch eine Vorsichtsmaßnahme war, wurde schnell die einzige vernünftige Alternative für alle Unternehmen in der Branche und darüber hinaus", sagt Michael Zillmer. Dass der Wechsel in den Fernsteuerungs-Modus so schnell und reibungslos geklappt hat, macht ihn zu einem glücklichen Chef. Denn immerhin ist er als Chief Operating Officer just für Personal, Recht und die Infrastruktur bei InnoGames zuständig. "Unsere IT hat sämtliche Hardware bereitgestellt, das Office Management den Kollegen sogar Bürostühle nach Hause geschickt. Da haben wirklich alle mitgeholfen und großen Einsatz gezeigt, was mich richtig stolz macht." Manchmal habe er sogar den Eindruck, dass einige Prozesse dadurch noch effizienter geworden sind: "Das Unternehmen ist noch einmal ein Stück zusammengerückt, und jeder zieht an einem Strang."

Um den nicht zwingend romantischen Laptop-am-Küchentisch-Alltag für die Belegschaft erträglicher zu machen, hat sich InnoGames Einiges einfallen lassen: Sechs Fahrer liefern wöchentlich knapp 700 Mahlzeiten in Hamburg und Umgebung aus. "Um das Angebot abzurunden, können unsere Kollegen auch Mahlzeiten für ihre Partner und Familien bestellen. Insbesondere Familien profitieren dabei von besonders attraktiven Konditionen." Die Resonanz sei großartig, schwärmt Zillmer. Schöner Nebeneffekt: Der InnoGames-Caterer wird so ebenfalls unterstützt.

Mittlerweile sind viele Angestellte wieder in ihre Büros zurückgekehrt – in öffentlichen Bereichen, etwa in der firmeneigenen Cafeteria "Townhall", herrscht Maskenpflicht. Genau dort startet Zillmers Arbeitstag üblicherweise um 8:30 Uhr – am liebsten mit einem schaumigen Cappuccino. Bei seinen Kollegen gilt Zillmer als Vorgesetzter, der nicht lange um den heißen Brei herumredet: Die Offenheit und das direkte, ehrliche Feedback, das er von seinem Team einfordert, lebt er vor. Er selbst beschreibt sich als lösungsorientiert und teilweise etwas ungeduldig, wenn ihm Dinge nicht schnell genug gehen. Und der gelernte Fachinformatiker hat ein Gespür für Bugs: Fehler in Dokumenten oder Verträgen fallen ihm auf den ersten Blick auf.

Jeder zieht an einem Strang

Die Townhall ist eine von vielen "Benefits", mit dem InnoGames um Mitarbeiter wirbt. Gerade die Work-Life-Balance spielt eine bemerkenswert große Rolle: Dazu beitragen sollen Fortbildungsmaßnahmen in der "Innoversity", flexible Arbeitszeiten, modernes Equipment, Firmenveranstaltungen zur Gesundheitsfürsorge und ein eigenes Fitness-Studio im Erdgeschoss des Bürogebäudes. Für dieses Wohlfühl-Paket gab's im März 2020 das "Great Place to Work"-Siegel.

All diese Wohltaten muss man sich als Unternehmen leisten wollen – und können. InnoGames will – und kann. Seit 2007 hat der Spiele-Entwickler mehr als eine Milliarde Euro mit Online-Games und Apps erwirtschaftet. Allein die Hälfte entfällt auf den Dauerbrenner Forge of Empires. Nicht schlecht für ein Unternehmen, das 2003 quasi aus dem Kinderzimmer heraus entstanden ist: Damals saß Zillmer mit den Gebrüdern Klindworth in Stade zusammen und schraubte an einem Browserspiel, das sie mit ihren Kumpels spielen wollten. 2017 hat das Gründer-Trio die InnoGames-Mehrheit nach Schweden verkauft – bei einer Bewertung von 260 Millionen Euro. Auch unter den neuen Eigentümern hat sich die Firmenphilosophie kaum verändert: Gemeinsam mit seinen Co-Geschäftsführern hat Zillmer stets der Versuchung widerstanden, zu rasch wachsen zu wollen. Das Unternehmen expandiert, aber piano: Nachhaltigkeit und Langlebigkeit gehören zu den Kernwerten. Das sei auch nötig, will man den Status als Deutschlands größter Spiele-Entwickler wahren, sagt er. Das Portfolio besteht aus gerade mal sieben Marken – das Strategiespiel Die Stämme läuft seit 17 Jahren.

Damit das gesunde Wachstum weiterhin anhält, ist es natürlich zwingend erforderlich, dass auch die Mitarbeiter gesund bleiben. "Wenn ich mir darüber hinaus etwas wünschen könnte, dann wäre es, dass sich das Image von Games verändert. Wir möchten virtuelle Welten bieten und mit unseren Spielen Menschen zusammenbringen. In Zeiten von Social Distancing hat die Branche dazu sicher beitragen können." Und was macht Zillmer, wenn er selbst mal Distanz vom Tagesgeschäft braucht? In seiner Freizeit zieht es ihn oft und gern nach Skandinavien: Seine Urlaubstage verbringt er bevorzugt in Finnland. Überhaupt ist er am liebsten draußen mit seiner Familie unterwegs: "Besonders Aktivitäten auf dem Wasser mag ich sehr."

IGM 08/20
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