Die nächste Generation: PlayStation 5: Hardware und Games im Überblick

Wachablösung nach sieben Jahren: Ende 2020 geht mit der PS5 eine neue PlayStation an den Start. In den letzten Wochen sind immer mehr Details über Sonys neues Flaggschiff bekannt geworden. Eine vorläufige Über­sicht der wichtigsten Hardware-Merkmale, Peripherals und Games. [Von Achim Fehrenbach]
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Einige hatten schon nicht mehr daran geglaubt. Doch dann, gegen Ende des Livestreams am 11. Juni, tauchte sie schließlich doch noch auf: die PlayStation 5. In Sekundenschnelle entstanden die ersten Memes, die sich mit dem Design der Konsole auseinandersetzten (siehe hierzu auch S.20). Und auch über die gezeigten Spiele wird nach wie vor eifrig diskutiert. Die Leistungsmerkmale der neuen Sony-Konsole geraten dabei schon fast in den Hintergrund – obwohl sie es ja letztlich sind, die das ganze Next-Gen-Spektakel ermöglichen. An dieser Stelle liefern wir einen kompakten Überblick dessen, was die PS5 ausmacht: Wir beleuchten das Hardware-Innenleben, die Schnittstellen, das Zubehör und die Games, die zum jetzigen Zeitpunkt bekannt sind.

Das Wichtigste zuerst: Die Konsole wird es in zwei Ausführungen geben – einmal mit und einmal ohne Laufwerk. Die PlayStation 5 besitzt ein BluRay-Laufwerk, was für Retailer natürlich eine gute Nachricht ist: Über die Schnittstelle an der Frontseite der Konsole lassen sich Spiele-Discs mit bis zu 100 Gigabyte Datenvolumen einlesen. Das Laufwerk dient gleichzeitig auch als BluRay-Player für Filme und Serien in 4K-Auflösung. Das zweite Modell ist die PlayStation 5 Digital Edition, die kein Disc-Laufwerk besitzt, so dass Spiele und andere Inhalte ausschließlich heruntergeladen werden können. Darüber hinaus sollen sich die beiden PS5-Varianten technisch kaum unterscheiden. Die Preise der Konsolen hat Sony noch nicht bekanntgegeben. Marktanalysten vermuten, dass sie bei rund 500 US-Dollar liegen werden. Was dann wohl einen UVP von rund 500 Euro ergibt.

Blick unter die Haube
Schauen wir nun, was sich unter der Haube der PlayStation 5 verbirgt. Sony setzt beim Hauptprozessor auf die Ryzen-Produktreihe von AMD: Acht CPU-Kerne rechnen mit variabler Frequenz, die bei 3,3 Gigahertz gedeckelt ist. Bei der Grafik kommt ein speziell gefertigter System-on-a-Chip (SoC) zum Einsatz, der auf der RDNA-2-Architektur von AMD basiert. Der Chip entfesselt eine Rechenkraft von bis 10,28 Teraflops, was enorm schnell ist – so schnell, dass die PlayStation 5 auch hardware-beschleunigtes Raytracing beherrscht. Raytracing, zu Deutsch: "Strahlenverfolgung", kennt man vor allem von High-End-Gaming-PCs (vgl. IGM 02/2020). Es simuliert, welchen Weg die Lichtstrahlen durch eine Spielszene nehmen: So lassen sich Umgebungen sehr realistisch darstellen – mit Spiegelungen, Schatten und abstrahlenden Farbtönen. Kurz gesagt: Genau das Richtige für grafisch opulente Spiele, die für die PS5 erscheinen. Apropos Grafik: Laut Sony soll die PS5 Spiele bis zu einer Auflösung von 8K (!) unterstützen – die PS4 Pro schafft "nur" 4K. Passende 8K-Fernseher kosten momentan noch mehrere tausend Euro – wobei auch hier die Preise mittelfristig fallen dürften.

Erstklassige Spielkonsolen zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Komponenten perfekt harmonieren. Anders als beim PC, bei dem – je nach Bedarf – bestimmte Bauteile ausgetauscht werden können, ist das Set-up der Konsole erst einmal fix. Und es muss über mehrere Jahre hinweg mit dem wachsenden Leistungshunger der AAA-Titel klarkommen. Um so mehr Respekt gebührt Menschen wie Mark Cerny: In jahrelanger Tüftelarbeit hat der Lead System Architect der PS5 verschiedene Komponenten so aufeinander abgestimmt, dass sie optimal zusammenarbeiten, platzsparend verbaut werden können und nicht den vorgegebenen Preisrahmen der Konsole sprengen. Der "Vater" der PlayStation macht aus seiner Tätigkeit kein Geheimnis, sondern erklärt die PS5 in Dev Talks und Interviews mit sichtlicher Begeisterung. (Besonders zu empfehlen sind in diesem Zusammenhang das Youtube-Video "The Road to PS5" sowie ein "Deep Dive" bei eurogamer.net.)"

 

Der Chip entfesselt eine Rechenkraft von bis 10,28 Teraflops

Wichtiger Baustein
Ein besonders wichtiger Baustein von Cernys Konsolenkonzept ist die 825 Gigabyte große Solid State Disk (SSD), die als interne Festplatte der PS5 fungiert. Sie ist außerordentlich schnell: Bei unkomprimierten Daten schafft sie einen Durchsatz von 5,5 GB pro Sekunde, bei komprimierten Daten sogar 8 bis 9 GB pro Sekunde. Die Verbindung aus Hauptprozessor, Grafikeinheit, Arbeitsspeicher (16 GB) und besagter SSD sorgt bei der PS5 für einen enormen Leistungszuwachs gegenüber der PS4. Auch wenn die Entwickler die Specs jetzt schon kennen, werden sie wohl erst im fortgeschrittenen Lebenszyklus der Konsole wirklich die gesamte Performance ausreizen können – wir sind gespannt! Neben Raytracing wird die PS5 übrigens auch eine neue Audio-Technologie nutzen, die Tempest Engine: Sie ermöglicht, zeitgleich hunderte Tonquellen in die Sound-Kulisse eines Spiels zu integrieren – bei der PS4 waren es maximal 50. Besonders in Verbindung mit Kopfhörern dürfte dieser Surround-Sound großen Spaß machen. Ob dabei nun ein Wald voller Vogelstimmen simuliert wird, ein Nieselregen oder eine Weltraumschlacht mit hunderten Raumschiffen.

Leistungsfähige Hardware ist aber auch bei einer Konsole nicht alles: Ein benutzerfreundliches Interface, ein flexibles Betriebssystem und gutes Ressourcen-Management sind ebenfalls wichtig. SIE-Boss Jim Ryan betont, die PS5 werde nicht nur leiser sein als die PS4 – sondern bei angehaltenem Gameplay auch weniger Strom verbrauchen. Wie groß die Energieersparnis genau sein wird, steht allerdings noch nicht fest. Die Handhabung von Games soll derweil deutlich flexibler werden: User können beispielsweise genauer definieren, welchen Teil des Games sie von BluRay installieren möchten: Nur die Kampagne, nur den Multiplayer-Modus – oder beides. Diese Flexibilität verkürzt die Zeit bis zum Spielstart – und sie spart natürlich auch Plattenplatz. Wo wir schon beim Thema sind: Intern wird sich der Speicher der PS5 über die Schnittstelle NVM Express erweitern lassen – und extern per USB 3.0. Das User Interface hat Sony gegenüber der PS4 nach eigenen Angaben runderneuert: Es soll den Usern mehr Übersicht und einen schnelleren Zugriff auf die unterschiedlichen Funktionen bieten – und sie im PSN noch besser miteinander vernetzen. Noch hat Sony das neue User Interface nicht vorgestellt. Das dürfte aber sehr bald der Fall sein.

Haptisches Feedback
Besonders spannend wird sein, wie Entwicklerstudios den neuen Controller einbinden. Der DualSense kann deutlich mehr als der altbekannte DualShock 4. Neue Vibrationsmotoren verbessern das haptische Feedback und sorgen für tiefere Immersion. So lässt sich beispielsweise deutlich besser darstellen, ob ein Rennauto durch Schlamm, über Asphalt oder über eine Schotterpiste fährt. Auch die Schultertasten bieten – je nach Verwendungszweck – einen unterschiedlich großen Widerstand: Zum Beispiel lässt sich dadurch der Widerstand einer Sehne beim Schießen mit Pfeil und Bogen simulieren. Die Lautsprecher des DualSense sollen gegenüber dem DualShock 4 für eine deutlich verbesserte Klangqualität sorgen. Außerdem besitzt der DualSense ein spezielles Mikrofon, das die Multiplayer-Kommunikation auch ohne Headset ermöglicht. Auch der neue Controller wird einen Anschluss für Klinkenstecker bieten. Der größere Akku macht den Controller etwas schwerer, verlängert aber die Spielzeit bis zum nächsten Aufladen.

Ein enormer Leistungs­zuwachs gegenüber der PS4

Die Button-Belegung des DualSense ist mit der des DualShock 4 nahezu identisch: Der größte Unterschied ist, dass die "Share"-Taste jetzt "Create" heißt und einige Zusatzfunktionen bietet. In puncto Ergonomie dürfte der DualSense den DualShock 4 ebenfalls übertrumpfen: Das Gehäuse ist rundlicher, die Tasten sind teilweise größer und in besseren Winkeln platziert. Viele User dürften begrüßen, dass sich die Lichtleiste jetzt nicht mehr an der Vorderseite befindet, sondern links und rechts vom Touchpad: Der störende Widerschein auf dem Fernsehgerät ist damit passé. Rein optisch macht der DualSense jede Menge her: Er wirkt nicht klobig, sondern elegant, wozu auch die reduzierte Farbgebung in Schwarz und Weiß beiträgt. Modelle in anderen Farbkombinationen wird Sony später auf den Markt bringen.

Zubehör-Parade
Das erste Zubehör der PlayStation 5 hat Sony bereits enthüllt. Da wäre zunächst die "DualSense Charging Station", an der zwei Controller gleichzeitig aufgeladen werden können. Außerdem wird Sony – als Nachfolgerin der "PlayStation Camera" – eine "HD Camera" anbieten. Auch dieses neue Modell ermöglicht die Tiefenwahrnehmung der Umgebung – und dürfte beispielsweise in Kombination mit der PSVR-Brille zum Einsatz kommen. (Zu einer möglichen PSVR 2 hat sich Sony noch nicht geäußert.) Ein drittes Peripheral ist der Bluetooth-Kopfhörer "Pulse 3D", den man per USB-C-Anschluss aufladen kann. Praktischerweise besitzt der Kopfhörer auch einen Klinkenanschluss, so dass er sich auch an anderen Geräten nutzen lässt. Abgerundet wird der erste Zubehör-Schub von Sony durch die Fernbedienung "Media Remote": Neben den üblichen Tasten besitzt sie auch eine Taste, die einen Sprachassistenten aktiviert.

"Software sells hardware": Dieser Merkspruch gilt natürlich auch für die PlayStation 5. Der versprochene Leistungssprung der neuen Konsole wird erst durch die passenden Spiele deutlich: Bieten sie einen Mehrwert gegenüber den Current-Gen-Titeln, dann steigen die Konsumenten schneller auf die neuen Konsolengeneration um. Wie wichtig ein imposantes Line-up am "Day One" ist, haben wir unlängst in IGM 06/2020 beschrieben. Das Launch-Line-up nimmt gerade erst Gestalt an – bei einigen First-Party-Titeln ist noch nicht klar, ob sie direkt zum Konsolenstart oder erst einige Monaten später erscheinen. Zu den wichtigsten Sony-Starttiteln zählt zweifellos Marvel's Spider-Man Miles Morales – der Action-Titel knüpft an den sehr erfolgreichen Titel Marvel's Spider-Man von 2018 an. Miles Morales, ein Teenager mit afroamerikanischen und lateinamerikanischen Wurzeln, schwingt sich als Superheld mit Spinnenkräften durch New York – produziert wird das Spiel erneut von Insomniac Games.

Im Live-Stream am 11. Juni hat Sony weitere First-Party-Titel angekündigt, die aber wohl frühestens 2021 erscheinen werden. Ein absoluter Blockbuster ist Horizon: Forbidden West, das Sequel zum Action-Rollenspiel Horizon: Zero Dawn (2017). Produziert wird das Spieler erneut vom Sony-Studio Guerilla Games in Amsterdam: Im Mittelpunkt steht – wie schon in Teil 1 – die junge Kämpferin Aloy, die es in einer postapokalyptischen Zukunft mit gewaltigen Roboterwesen aufnimmt. Ein weiteres PS5-Highlight ist die Rennsimulation Gran Turismo 7 von Polyphony Digital: Ein erster Trailer zeigt hochauflösende, stimmungsvoll in Szene gesetzte Fahrzeuge und tolle Lichteffekte. Ein familientaugliches Spiel ist Ratchet & Clank: Rift Apart, für das ebenfalls Insomniac Games verantwortlich zeichnet. Im neuesten Teil der erfolgreichen Action-Reihe springt das namensgebende Duo über Dimensionsportale zwischen verschiedenen Planeten hin und her. Wie der Trailer verrät, wird in Rift Apart auch ein weiblicher Lombax spielbar sein. Ein weiterer First-Party-Titel wird womöglich schon zum PS5-Launch verfügbar sein: Sackboy: A Big Adventure (Sumo Digital) lässt die namensgebende Stoffpuppe rätselgespickte Jump'n'Run-Kurse überwinden.

Generationenwechsel
Der wohl wichtigste Third-Party-Titel zum Konsolenlaunch ist Assassin's Creed Valhalla. Ubisoft entführt uns dabei ins Zeitalter der Wikinger, wo wir – wahlweise als weibliche oder männliche Hauptfigur – eine weitläufige Spielwelt erkunden, Raubzüge und Seefahrt inklusive. Valhalla ist allerdings kein PS5-Exklusivtitel, sondern wird auch auf der Konkurrenzkonsole Xbox Series X erscheinen – und auch auf beiden Current-Gen-Konsolen. Dieser Cross-Generation-Ansatz kommt auch bei anderen Third-Party-Titeln zum Tragen, zum Beispiel bei Marvel's Avengers (Square Enix), Watch Dogs Legion (Ubisoft), Cyberpunk 2077 (CD Projekt), Fifa 21 (EA) und auch dem unverwüstlichen GTA V (Rockstar Games). Einige der genannten Titel erhalten Spieler für PS5 gratis, wenn sie zuvor die PS4-Version gekauft haben. Sony unterstützt diese Strategie, weil es natürlich Interesse daran hat, dass Spieler möglichst früh den Generationensprung wagen. Gleichzeitig soll die PS5 zu den meisten der bereits erschienenen PS4-Games abwärtskompatibel sein: Mark Cerny zufolge werden die PS4-Titel dabei auch grafisch aufgehübscht. Ein echter Third-Party-Exklusivtitel ist übrigens Godfall von Gearbox Publishing: In dem Loot-Slasher lassen sich die Monsterhorden auch zu zweit bekämpfen. Auch Deathloop (Bethesda) aus den Arkane Studios wird wohl direkt zum PS5-Start verfügbar sein: In dem Shooter mit Retro-Ästhetik übernehmen Spieler die Rolle des Assassinen Colt, der in einer Zeitschleife gefangen ist – auch das ein sehr spannendes Konzept.

Das Launch-Line-up nimmt gerade erst Gestalt an

Beim Live-Stream im Juni präsentierte Sony zudem etliche Third-Party-Games, die fast durchweg einen vielversprechenden Eindruck machen. Square Enix veröffentlicht – wohl frühestens 2021 – das Action-Adventure Project Athia; IO Interactive bringt Hitman III voraussichtlich Anfang 2021 in die Läden; Capcom hat mit Pragmata eine neue Science-Fiction-IP enthüllt, die wohl übernächstes Jahr debütieren wird; derselbe Publisher wird 2021 seine berühmte Horror-Survival-Reihe mit Resident Evil 8: Village fortsetzen. Kleinere, aber ebenfalls sehr spannende Titel sind das Cyberpunk-Katzen-Adventure Stray (2021), das Sci-Fi-Abenteuer Returnal (tbd), das wunderschön anzuschauende Action-Adventure Kena: Bridge of Spirits, das Weltraumabenteuer Jett: The Far Shore (2020), das rätselhaft-schöne Solar Ash (tbd) sowie Ghostwire: Tokyo (2021), das neue Horrorspiel von Shinji Mikami. Auch die putzigen Astrobots aus dem SIE Japan Studio feiern ihre Rückkehr: Astro's Playroom wird auf der PS5 sogar vorinstalliert sein.

Fazit: Die PS5 geht mit starker Hardware und einem starken Line-up an den Start. Die Chancen stehen gut, dass Sonys neue Konsole an den großen Erfolg der PS4 anknüpfen kann.

IGM 09/20
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