Der Preis ist heiß: Zwischen Premium und Indie: Über das Pricing bei Games

Was werden Spiele künftig kosten? Und vor allem: Welche Preise werden von den Consumern toleriert? Diese Doppelfrage beschäftigt die Branche schon seit Äonen. Allerdings sind die Spielepreise in den letzten Jahren immer volatiler geworden, alte Standards haben sich aufgelöst, manch einer spricht gar vom „Wilden Westen“. Wir haben uns mit Branchen-Experten über Preisstrategien, Consumer-Psychologie und Marktdynamiken unterhalten.
Image

Zu hoch, zu niedrig – oder gar gerechtfertigt? In schöner Regelmäßigkeit diskutieren Spielefans und Branchenangehörige mit viel Verve über den Preis und Wert von Games. Auslöser sind meist offizielle Preisverlautbarungen von Publishern, häufig sind es aber auch Spekulationen, die aus obskuren Internetquellen und (vermeintlichen) Leaks genährt werden. Dass Microsoft sein Action-RPG The Outer Worlds 2 (VÖ: 29.10.) für rund 80 US-Dollar (respektive Euro) auf den Markt bringen wollte, war anfangs nicht viel mehr als ein Gerücht. Spätestens als Microsoft den Preis Anfang Juni offiziell bestätigte, sorgte das aber für harsche Proteste bei den Spielefans, die den unerwartet hohen Launch-Preis nicht akzeptieren wollten. Die Kritiker argumentierten unter anderem damit, TOW2 spiele bei den Produktionskosten eine Liga tiefer als Top-Titel wie Starfield, Horizon oder Cyberpunk 2077 – und auch damit, dass der Vorgänger TOW „nur“ 60 Dollar gekostet hatte. Ein weiterer Grund für die harschen Reaktionen: Etliche Fans fürchteten eine Art Pricing-Dammbruch: Dass also andere Publisher die Preiserhöhung als Steilvorlage nehmen und ihre Preise ebenfalls erhöhen würden.

Zurückgerudert
Die Pointe des ganzen Theaters ist bekannt: Ende Juli ruderte Microsoft offiziell zurück – und senkte den Preis für TOW2 merklich. Man werde die Vollpreistitel der Vorweihnachtszeit „im Einklang mit den aktuellen Marktbedingungen halten“, betonte ein Firmensprecher gegenüber Windows Central, „inklusive The Outer Worlds 2 für 69,99 Dollar“.  Schon einige Wochen vorher hatte sich Entwickler Obsidian Entertainment ziemlich deutlich von der Preispolitik des Mutterkonzerns distanziert („Wir sind ein Spieleentwickler. Wir lieben es, Spiele zu machen. Wir machen nicht die Preise für unsere Spiele.“). Spielefans reagierten auf das preispolitische Backpedaling recht unterschiedlich: Es gab Lob („Xbox hört auf seine SpielerInnen“), aber auch Unversöhnliches („Hätten bei 60 Dollar bleiben sollen.“)

Wie subjektiv solche Diskussionen eigentlich sind, zeigen einige andere Fälle. Nintendo positionierte sein Switch-2-Zugpferd Mario Kart World bei 80 beziehungsweise 90 Euro (digital/physisch). Für das Affenspektakel Donkey Kong Bananza veranschlagte der Konzern kurz darauf 70 respektive 80 Euro. Der Aufschrei der Spielefans war aber (gefühlt) deutlich gedämpfter als bei TOW2 – wohl unter anderem deshalb, weil Mario und Donkey Kong zwei langfristig etablierte und sehnlichst erwartete Must-have-Marken sind. Bei GTA VI wiederum wurden und werden viele Fans nicht müde zu betonen, auch höhere Preise für dieses „Über-Game“ mitzugehen. (Wobei der kolportierte Preis von 100 Dollar/Euro noch keineswegs bestätigt ist.) Dass Diskussionen um den Preis und Wert von Games sehr unterschiedlich verlaufen, zeigt auch das Beispiel Hollow Knight: Silksong. Manch einer wunderte sich über den „sehr günstigen“ Startpreis von 20 Dollar. Und es gab auch Kritik, weil dies andere Indie-Titel unter Preisdruck setze.

Halten wir also fest: Das Pricing von Games ist ein überaus sensibles Thema – und auch eines, in dem viele Faktoren mitwirken. Wie also können Spielefirmen ihre Software-Preise so setzen, dass sie nicht gleich ihre KundInnen verprellen? In welche Richtung werden sich die Spielepreise mittelfristig entwickeln? Und was haben Abos wie der Xbox Game Pass mit all dem zu tun? Darüber haben wir mit zwei Marktanalysten, einem Publisher und einem Indie-Entwickler gesprochen.

Wirklich Wilder Westen?
Ein erster Diskussionspunkt ist: Herrscht beim Spiele-Pricing mittlerweile tatsächlich eine gewisse Anarchie? Mat Piscatella von der Analysefirma Circana (früher: NPD Group) hatte eine ähnliche Metapher in einem Interview mit GamesRadar+ gewählt. „Ich denke, es herrscht momentan ein bisschen Wilder Westen“, sagte Piscatella. „Die Preise und Strategien bei der Markteinführung sind so unterschiedlich wie nie zuvor.“ Publisher und Entwickler würden am Markt teils sehr hohe, teils aber auch sehr niedrige Preise austesten. Ziel sei, „den Sweet Sport für ihre Preisstrategie zu finden“. Hat Piscatella also recht, wenn er dem Markt Wild-West-Pricing bescheinigt? „Diese Beschreibung passt perfekt“, sagt Emmanuel Rosier gegenüber IGM. Die Branche befinde sich in einer Experimentierphase, so der Director of Market Intelligence bei Newzoo: „Anders als in früheren Zeiten, als AAA- und AA-Spiele sich an festen Preisstandards orientierten – zuerst 60, dann 70 Dollar –, reicht die heutige Preisspanne deutlich weiter: Von etwa 50 bis 80 US-Dollar, abhängig von Produktionsumfang, Markenstärke und Publikumserwartung.“ Laut Rosier testen die Publisher zahlreiche Stellschrauben, darunter Premium Editions, Early-Access-Preise, regionale Anpassungen und Live-Service-Bundles: „So wollen sie herauszufinden, was am besten funktioniert.“ Der anhaltende Erfolg von F2P- und hybriden Monetarisierungsmodellen erschwere eine herkömmliche Wahrnehmung von „Wert“ noch zusätzlich – was einheitliche Preisdefinitionen immer schwieriger mache. Für Rosier ist diese Fluidität letztlich das Spiegelbild einer sich rasant verändernden Entertainment-Landschaft: Mit Consumer-Erwartungen und Wettbewerbsdynamiken, die einem ständigen Wandel unterliegen.

 

Die heutige Preisspanne reicht deutlich weiter

 

Gibt es in dieser Experimentierphase so etwas wie klare erkennbare Preistrends? Schließlich könnte man die Hochpreis-Versuche von Nintendo, Microsoft und Co. in diese Richtung deuten. „Der Trend zu 80-Dollar-Spielen wird sich wahrscheinlich fortsetzen, allerdings eher selektiv als flächendeckend“, glaubt Rosier. Große Publisher würden dies primär bei Flaggschiff-Titeln versuchen, die auf bewährte Marken und hohen Produktionswerte bauen. Branchendaten hätten gezeigt, dass die jüngsten Erfolge im Preisbereich von 70 bis 80 US-Dollar fast ausschließlich von bewährten Franchises erzielt worden seien; neue Titel oder Nischentitel hätten hingegen Schwierigkeiten, sich mit Premium-Preisen durchzusetzen – siehe etwa TOW2. „Steigende Entwicklungskosten treiben Publisher dazu, mit höheren Preisen zu experimentieren, doch sie stehen vor einer großen Herausforderung“, umreißt Rosier die Grundproblematik. „Sie müssen diese Preiserhöhungen gegenüber KonsumentInnen rechtfertigen, deren frei verfügbares Einkommen zunehmend schrumpft.“ Sinkende SpielerInnenzahlen bei 70-Dollar-Titeln seien ein Indiz dafür, dass nur die stärksten Marken erfolgreich 80 Dollar verlangen könnten. „Für die meisten Publisher wird Premium-Pricing daher eine Ausnahme bleiben“, so Rosier. Es sei den profitabelsten Marken vorbehalten – und kein Trend zu einem neuen Branchenstandard.

Pricing als Herausforderung
Sam Naji würde den Begriff „Wilder Westen“ eher nicht verwenden. „Aber es stimmt, dass Publisher intensiv prüfen, analysieren und evaluieren, um den richtigen Einführungspreis zu finden“, so der Gründer der britischen Analysefirma SJN Insights. In den letzten Jahren sei Pricing das Hauptanliegen seiner Publisher-Kunden gewesen, berichtet Naji. Der schnelle Sinneswandel von Microsoft bei TOW2 zeige jedenfalls deutlich, dass die Publisher mit ihren eigenen Einschätzungen nicht immer richtig lägen – obwohl ihnen ja eine Fülle von Benchmark-Modellen und Marktdaten zur Verfügung stünden. Statt vom „Wilden Westen“ spricht Naji lieber von einem „Mexican Standoff“: Jeder Publisher beobachte sehr genau, was die Konkurrenz für ihre Games verlange – und wie erfolgreich sie damit sei. „Das Problem ist, dass Publisher manchmal zu stolz auf ihre Spiele sind, um zu akzeptieren, dass die KonsumentInnen diese preislich niedriger einschätzen“, beobachtet Naji. Davon abgesehen gebe es einen klaren Trend in Richtung 80-Euro-Spiele, so der Analyst. Die Produktionskosten für Games seien nun mal gestiegen – und die von den Engine-Anbietern versprochenen Effizienzgewinne bisher nicht vollständig eingetreten. „Die Frage ist nicht, ob die Preise für neue AAA-Spiele 80 Euro erreichen – sondern wann“, sagt Naji. Die Publisher achten laut Naji sehr genau darauf, welche Einstiegspreise der Markt verkraften kann und wie sich der Absatz in den ersten drei Monaten nach Release maximieren lässt. Wer Preisobergrenzen austeste, ermöglichen es anderen Publishern, dem Beispiel – im Erfolgsfall – zu folgen.

 

Intensiv prüfen, analysieren und evaluieren

 

Wo wir auch schon beim Knackpunkt wären: Welche Preise verkraftet der Markt? Sprich: Wie reagieren die Consumer auf solche Ansagen? Aus Sicht von Sam Naji hängt das völlig vom jeweiligen Spiel ab. „Höhere Preise für neue Spiele können die Nachfrage dämpfen, während sie gleichzeitig das Interesse an günstigeren Katalogtiteln steigern“, sagt er. Manche Leute warten monatelang geduldig auf Rabatte, andere wiederum kaufen das Spiel direkt am Day One, schauen dabei aber zunehmend auf die Opportunitätskosten: Sie kaufen dann vielleicht lieber nur ein Vollpreisspiel statt – wie früher – zwei oder drei. „Höhere Preise werden dazu führen, dass SpielerInnen das Wertversprechen jedes Kaufs viel kritischer hinterfragen“, konstatiert Naji. „Ich denke, es wird weniger um Fear of Missing Out gehen, sondern vielmehr um die Relevanz eines Spiels im Verhältnis zu seinem Preis.“

Rabatte allenthalben
Im Übrigen müsse man stark zwischen dem digitalen und dem physischen Spielemarkt differenzieren, betont der Analyst: „Der physische Markt ist wesentlich wettbewerbsintensiver als die geschlossenen Ökosysteme der digitalen Konsolen-Stores.“ In den Online-Stores legten die Publisher die Preise selbst fest – und das führe oft dazu, dass vor allem ältere Titel dort überteuert seien, „verglichen mit ihren physischen Pendants, die Lager verlassen müssen, um Platz für Neuerscheinungen zu schaffen“. Digitale Preisaktionen seien zudem viel flexibler als das physische Pricing: Nämlich „durch dynamische Preismodelle, die Geschwindigkeit, mit der Preise digital angepasst werden können, und das Wissen der VerbraucherInnen, dass es zu bestimmten Feiertagen Rabattaktionen geben wird.“ Schaut man sich die Spielepreise im stationären Handel an, wird klar: Die Händler setzen hier nach wie vor auf Rabatte bekannter Titel. Bei MediaMarkt etwa kostet das noch recht neue EA Sports FC 26 aktuell 55,99 Euro – gegenüber einem UVP von 79,99 Euro. Ghost of Yōtei hat derzeit noch den Startpreis von 79,99 Euro, während das Doppel-Remake von Super Mario Galaxy und Super Mario Galaxy 2 bereits von 69,99 Euro auf 57,99 Euro reduziert ist. Die Mehrwertsteuer-Rabatt-Aktion, die MediaMarkt Ende Oktober fuhr, umfasste übrigens nicht nur Hardware und Zubehör, sondern auch Games. Und im vergangenen Frühjahr räumte MSH ganz offensichtlich die Lager frei: mit bis zu 85 Prozent Rabatt auf Konsolen- und PC-Spiele.

Bei all dem ist zu berücksichtigen, dass die Preissensibilität der Consumer in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Für Emmanuel Rosier hat das mehrere zentrale Gründe. „Hohe Inflation und steigende Lebenshaltungskosten haben die Haushaltsbudgets unter Druck gesetzt, wodurch vor allem jüngere Zielgruppen preisbewusster geworden sind“, so der Newzoo-Analyst. Dieses gewachsene Preisbewusstsein bedeute aber nicht unbedingt, dass SpielerInnen insgesamt weniger Geld investierten. „Sie verteilen ihre Ausgaben lediglich auf mehr Unterhaltungsoptionen – etwa Streamingdienste, Abos, In-Game-Käufe und digitale Inhalte“, erläutert Rosier. Diese Diversifizierung habe grundsätzlich verändert, wie SpielerInnen Games-Käufe bewerten – heute würden Preise viel stärker im Verhältnis zu Spielzeit und Wiederspielwert gesehen. „Was früher als ‚Vollpreis‘ galt, wurde neu definiert“, betont der Experte: „60 bis 70 Dollar gelten nun als Premium, das nur den vertrauenswürdigsten Franchises vorbehalten ist.“ Games müssten auch längst nicht mehr nur mit anderen Games um Gunst und Geld der Consumer buhlen –  sondern konkurrierten nun mit sämtlichen digitalen Freizeitaktivitäten.

Vor allem jüngere Zielgruppen sind preisbewusster geworden

 

Mehr Risikoscheu
Die tendenziell höheren Launch-Preise haben laut Rosier zur Folge, dass Käufe zunehmend verschoben werden; Rabatt-Aktionen erhalten eine immer größere Bedeutung. „SpielerInnen agieren selektiver und tendieren zu etablierten Franchises oder Spielen, die langfristig hohen Gegenwert bieten, während sie riskantere Käufe meiden“, berichtet er. Dadurch teile sich der Markt stärker in Tops und Flops. „Die Wertabwägung hat sich dramatisch auf 70 bis 80 Dollar verschoben – ein Spiel ist kein spontaner Kauf mehr“, so der Analyst weiter. „SpielerInnen vergleichen diese Premium-Titel zunehmend mit günstigeren Alternativen, etwa erfolgreichen Spielen für rund 10 Dollar, die viele Stunden Unterhaltung bieten.“ Die wachsende Risikoscheu der KonsumentInnen führe dazu, dass gerade auch Mid-Tier-Games weniger skalieren könnten. Die Botschaft der Consumer sei klar und deutlich: „Bei Premium-Preisen müssen Spiele entweder bewährte Hits sein oder außergewöhnlichen Mehrwert bieten.“

Wobei es natürlich auch neue Marken gibt, die vom Start weg außerordentlich erfolgreich sein können: Man denke nur an Split Fiction, Clair Obscur: Expedition 33 oder den Indie-Hit Blue Prince. Womöglich spielte auch deren Launch-Pricing keine geringe (Anschub)rolle: Split Fiction kostete ursprünglich 50 Euro und Clair Obscur 40 Euro. Blue Prince war für ein Indie-Game mit 30 Euro ziemlich hochpreisig – allerdings hatte der Entwickler auch etwa acht Jahre an dem Rätsel-Meisterwerk gefeilt.

Rabatte zum Launch
Gerade die Preisgestaltung auf Steam ist eine Wissenschaft für sich – vor allem deshalb, weil Plattform-Betreiber Valve mit ausgeklügelten und nicht wirklich transparenten Algorithmen arbeitet. „Auf Steam ist es aktuell entscheidend, Impulskäufe auszulösen“, sagt Thomas Reisenegger, dessen Firma Future Friends Games sowohl als Publisher wie auch als Self-Publishing-Support fungiert. „Früher war es üblich, auf Steam mit einem höheren Preis zu starten, um später mit großen Rabatten nachzulegen“, berichtet er. „Das hat sich aber komplett verändert.“ Heute zähle fast ausschließlich, wie gut sich ein Spiel in den ersten zwei bis drei Tagen verkaufe. Der Umsatz in diesem Zeitfenster entscheide nämlich darüber, ob Steam das Spiel als Erfolg werte – und das habe Auswirkungen darauf, wie stark es beworben werde und wie viel Reichweite es erhalte. „Wenn man den Start verpasst, ist auf Steam der Zug abgefahren“, betont Reisenegger. „Man kann dann fast nichts mehr machen, um das Spiel zu verkaufen. Aber wenn es mal läuft, läuft es auch.“

Wie also geht Reisenegger beim Pricing der eigenen Games vor? Und welche Strategien habe sich dabei grundsätzlich bewährt? Am 24. Oktober veröffentlichte Future Friends das Spiel Slots & Daggers des deutschen Solo-Entwickler Friedemann, der bereits mit Summerhouse einen veritablen Indie-Hit landen konnte. „Slots & Daggers wird mit 7,99 US-Dollar recht günstig sein und vermutlich auch einen größeren Launch-Rabatt haben“, so Reisenegger vorab. Als weiteres Beispiel nennt Reisenegger das Spiel Kibu von Jonas Manke, der mit Omno sehr erfolgreich war. „Preislich wird Kibu wahrscheinlich ähnlich liegen wie Omno“, schätzt er. „Also im Bereich von 10 bis 15 Euro.“ Ganz grundsätzlich empfiehlt der Indie-Spezialist, die Launch-Preise auf Steam eher niedrig anzusetzen – und auch anfangs große Rabatte zu gewähren. „Wenn jemand das Spiel sieht, muss er sofort verstehen, was es ist, und denken: ‚Das sieht gut aus, das kaufe ich jetzt.‘“, betont Reisenegger. Er soll nicht denken: ‚Ich setze es auf die Wunschliste‘ oder ‚Ich warte auf den nächsten Sale‘.“ Dieser spontane Kaufmoment sei für Steam heutzutage entscheidend, was aber natürlich zu einem allgemeinen Preisverfall führe. „Viele Spiele, die wir vor ein paar Jahren noch für 15 Euro verkauft hätten, kosten heute 10 Euro“, berichtet der Firmenchef. „Pro Verkauf verliert man zwar etwas Marge, aber insgesamt verkauft sich das Spiel oft ein Vielfaches von dem, was man mit einem höheren Preis erzielt hätte.“

Das sieht gut aus, das kaufe ich jetzt

 

Das Berliner Studio Grizzly Games hat mit Thronefall einen waschechten Indie-Hit gelandet: Das Strategiespiel hat sich mittlerweile mehr als eine Million Mal verkauft. Studio-Mitgründer Jonas Tyroller berichtet, welche Pricing-Stragie Grizzly Games dabei fuhr: Währen der rund einjährige Early-Access-Phast habe man das Spiel anfangs für 6 Euro angeboten und dann den Preis schrittweise erhöht – zum Launch der Version 1.0 lag er bei 12 Euro. Die Preiserhöhungen rechtfertigte das Studio teils auch mit größeren Content-Updates. „Damit war die Community absolut einverstanden und es hat gut funktioniert“, sagt Tyroller. Immer wieder gewährte das Studio auch Steam-Rabatte, anfangs zwischen 10 und 15 Pozent, mittlerweile zwischen 20 und 30 Prozent, Tendenz steigend. „Ein Vergleich mit anderen beziehungsweise ähnlichen Spielen ist in jedem Fall sinnvoll“, so der Entwickler. „Ansonsten versuchen wir immer, unsere Preise so zu gestalten, dass es sich eher etwas ‚zu günstig‘ anfühlt.“ Im Zweifelsfall nehme man lieber etwas weniger Geld ein, als gar keine Downloads zu bekommen. „Wer das Spiel herunterlädt, füttert wenigstens den Algorithmus und die Hype-Machine“, betont Tyroller. Allerdings: „Wenn man mehr Geld abgreifen kann und das auch tut, freut sich der Steam-Algorithmus natürlich auch sehr.“ Insgesamt sei die richtige Preisfindung sehr komplex und mit einiger Raterei verbunden.

Lukrative Deals
Thronefall ist bis jetzt für PC und die Switch erschienen. Eine Teilnahme am Xbox Game Pass würde laut Tyroller finanziell durchaus Sinn machen. „Aber es liegt nicht nur an uns, sondern auch an Xbox“, sagt er. „Die nehmen nicht automatisch jedes Spiel – und dann ist auch noch die Frage wie, der Deal beziehungsweise Preis dafür genau aussieht.“ Nach den Erfahrungen von Thomas Reisenegger ist es für kleine Studios und Teams extrem schwierig, überhaupt in solche Abo-Services hineinzukommen. „Wenn man aber aufgenommen wird, sind die Deals meist sehr lukrativ“, sagt er. „Nur passiert das aktuell fast ausschließlich, wenn man schon einen kleinen Hit in der Hand hat.“ Ein Platz im Abo sei für kleine Teams grundsätzlich großartig, weil er eine stabile Einnahmequelle sichern könne. „Ob sich dadurch langfristig die Preiswahrnehmung der SpielerInnen oder die generelle Preisgestaltung in der Industrie verändert, lässt sich schwer sagen.“

Überhaupt ist eine mögliche Wechselwirkung zwischen Spiele-Abos und Spielepreisen nur schwer auszumachen. „Der Game Pass existiert nun seit acht Jahren – aber hat das Microsoft davon abgehalten, 60 oder später 70 US-Dollar für seine First-Party-Spiele zu verlangen?“, fragt Sam Naji rhetorisch. Eine Preiserhöhung beim Game Pass würde aus seiner Sicht wohl zu weniger AbonnentInnen führen und vermutlich auch die Einzelkäufe von Spielen ankurbeln. „Aber diese Erhöhung an sich sollte kein Signal für steigende Spielepreise senden“, so Naji. „Das wäre eine falsche Korrelation, denn SpielerInnen müssen Spiele kaufen, wenn sie den Wert des Game Pass nicht mehr als lohnend empfinden.“ Was dann allerdings auch wieder dazu führe, dass mehr SpielerInnen auf Rabattaktion warteten.

Für Emmanuel Rosier erzeugen steigende Abo-Preise „interessante Marktdynamiken“: „Wenn Dienste wie Xbox Game Pass oder PlayStation Plus teurer werden, verlieren sie etwas von ihrem ‚All-you-can-play‘-Reiz, wodurch AbonnentInnen den Gegenwert stärker hinterfragen.“ Diese Neubewertung könne paradoxerweise Midprice- und AA-Spielen zugutekommen, da KonsumentInnen die Kosten eines hochwertigen Einzelkaufs mit den fortlaufenden monatlichen Gebühren verglichen. „Allerdings besteht derzeit nur eine geringe direkte Wechselwirkung zwischen Abo- und Einzelkaufpreisen“, betont Rosier „Größere Veränderungen bei Pay-to-Play-Preisen würden eher durch makroökonomische Faktoren oder branchenweite Trends ausgelöst als nur durch Preisanpassungen bei Abos.“

Ein solcher Trend könnte zum Beispiel die stärkere Nutzung von KI in der Spieleproduktion sein – denn dies könnte die Produktionskosten merkbar senken. Allerdings bekommen das natürlich auch die Consumer mit: Eine Preiserhöhung bei Spielen dürfte damit noch schwerer zu rechtfertigen sein als bisher. (Achim Fehrenbach)

IGM 12/25
Bräsige Wälzer, verschnarchte Dokumentationen: Vorbei sind die Zeiten, in denen Geschichtsfans ausschließlich auf solch staubtrockene Quellen angewiesen waren…
So schnell vergehen fünf Jahre! Im Herbst 2020 erschienen mit der Xbox Series X|S von Microsoft und der PlayStation 5 von Sony die Vertreter der neunten…
IGM im privaten Dialog mit Akteuren aus der Entertainmentbranche. Please welcome … Thorsten S. Wiedemann, Gründer und künstlerischer Leiter, A MAZE. GmbH