Mit der PlayStation Portable, kurz PSP, veröffentlichte Sony im Dezember 2004 sein erstes eigenes Handheld. Der für damalige Verhältnisse technisch überaus potente Taschenspieler fand viel Zuspruch, war dem rivalisierenden Nintendo DS grafisch weit überlegen und verkaufte sich in den folgenden zehn Jahre knapp 80 Millionen Mal. Angespornt von diesem Erfolg, brachte Sony im Dezember 2011 den Nachfolger PlayStation Vita auf den Markt. Auch dieses Handheld ließ zum Start technisch die Muskeln spielen und punktete obendrein mit einem fünf Zoll großen OLED-Multi-Touch-Bildschirm sowie einem zusätzlichen rückseitigen Touchpad, zwei Analogsticks, optionalem 3G-Modul und hochwertiger Verarbeitung. Im Gegensatz zur PSP wollte sich ein langfristige Erfolg jedoch nicht so recht einstellen – zu groß war die aufkeimende Konkurrenz aus dem Tablet- und Smartphone-Sektor sowie die Dominanz des im selben Jahr gestarteten, mit einem innovativen, stereoskopischen Display ausgestatteten Nintendo 3DS. Zwar versuchte Sony noch, die Attraktivität der PS Vita durch eine engere Verzahnung mit der PlayStation 4 und deren Remote-Play-Funktion zu steigern, unterm Strich gilt die Plattform jedoch als kommerzieller Misserfolg und wurde schließlich am 1. März 2019 endgültig eingestellt.
Zum Vergleich: Während Nintendo bis einschließlich September 2022 knapp 76 Millionen Nintendo-3DS-Geräte absetzen konnte, stemmte Sony von der PS Vita binnen acht Jahren geschätzt gerade einmal 15 bis 16 Millionen Einheiten. Sonys Handheld-Ambitionen waren damit vorerst vom Tisch und man konzentrierte sich primär auf die populäre PlayStation 4 und die darauffolgende PlayStation 5.
Sonys Handheld-Ambitionen waren damit vorerst vom Tisch
Sonys nächstes Handheld? Nicht ganz!
Mehr als viereinhalb Jahre nach dem PS-Vita-Aus steht nun allerdings ein weiterer Sony-Taschenspieler in den Startlöchern. Die Rede ist dabei aber nicht von einem klassischen Handheld, das – wie etwa die Nintendo Switch – autark Games abspielt. Vielmehr handelt es sich um eine Kombination aus acht Zoll großem 1080p-LCD-Display mit 60 Hertz Bildwiederholrate, DualSense-Controller und WLAN-Modul zum Abspielen von Spiele-Inhalten, die auf der heimischen PS5 berechnet und dann mittels WLAN an das Gerät transferiert werden.
Passend zur Funktionsweise nennt Sony das Gerät entsprechend auch PlayStation Portal Remote Player. Haupteinsatzgebiet der etwas eigenwillig konzipierten Hardware ist dabei natürlich die Wohnung des Nutzers und hier insbesondere Szenarien, in denen der große Flachbild-TV im Wohnzimmer nicht zur Verfügung steht – etwa, wenn die Kinder hier gerade einen Film oder eine Serie gucken.
Allerdings kann sich der PlayStation Portal Remote Player – genau wie Sonys offizielle PS-Remote-Play-App für Windows-PCs, Macs und Mobilgeräte – auch über andere WLANs (etwa von der Wohnung eines Freundes aus) mit der PS5 zu Hause verbinden. Voraussetzung hierfür ist, dass das dortige WLAN mindestens fünf MBit/s Datendurchsatz zur Verfügung stellt (empfohlen werden 15 MBit/s), man mit demselben PSN-Account eingeloggt ist wie die eigene PS5 und die heimische Konsole zu diesen Zeitpunkt eingeschaltet und ebenfalls mit genannter Geschwindigkeit ans Internet angebunden ist.
Wichtig: Zwar streamt PlayStation Portal installierte PS4- und PS5-Spiele direkt von der PlayStation 5, das Streamen von PlayStation-Titeln, die nur über Cloud-Streaming zur Verfügung stehen, erlaubt Sony jedoch nicht. Hinzu kommt: Als Zweitdisplay für ein gerade an der PlayStation 5 laufendes PSVR2-Spiel lässt sich PlayStation Portal ebenfalls nicht einsetzen.
DualSense direkt integriert
Im Gegensatz zu bisherigen PS5-Remote-Play-Lösungen soll der PlayStation Portal Remote Player dafür eine besonders nahtlose Spielerfahrung ermöglichen – inklusive der Möglichkeit, die PS5 übers WLAN aus der Distanz aufzuwecken. Der Gang zur Konsole, um diese einzuschalten (wie es aktuell bei der Verwendung von PS Remote Play erforderlich ist) entfällt also. Punkten kann der PlayStation Portal Remote Player zudem mit seinem Eingabekonzept. Denn sämtliche Features, die man von einem DualSense-Controller kennt, gibt es auch hier. Die unteren Schultertasten reagieren je nach Spiel adaptiv, lassen also Widerstände erspüren; etwa beim Abfeuern von verschiedenen Waffentypen. Die Haptik-Vibrationseffekte sind genauso ausgefeilt wie beim DualSense und das Controller-Touchpad wird über das Touch-Display emuliert, genauer gesagt die Bildschirmzonen links und rechts neben den jeweiligen Daumen.
Widerstände erspüren
In Sachen Audio verfügt PlayStation Portal über ein integriertes Mikrofon, das sich, genau wie beim DualSense-Controller, auf Knopfdruck stummschalten lässt. Zudem sind eigene Stereo-Speaker samt Lautstärkeregler an Bord. Die Lautsprecher integriert Sony oben links und rechts in Schlitze in den Rand des Geräts, wo sie nicht von den Handflächen verdeckt werden. Wer lieber mit Kopfhörern spielt, kann diese über eine reguläre 3,5-Millimeter-Klinkenstecker-Buchse verbinden. Letztere ordnet Sony unten am Gerät an, direkt neben einem USB-C-Port zum Aufladen des internen Akku. Zur Batterielaufzeit machte Sony bis zum Redaktionsschluss hingegen noch keinen Angaben.
Ebenfalls schade: Bluetooth zum Koppeln von Drahtlos-Kopfhörern wird nicht unterstützt. Wer dennoch kabellose Kopfhörer nutzen möchte, benötigt zwingend ein Headset, das Sonys hauseigenen „PlayStation Link“-Standard unterstützt (siehe Kasten). Leider keine sonderlich kundenfreundliche Lösung. Vor allem dann nicht, wenn man sich gerade ein kostspieliges neues PlayStation-Gaming-Headset gekauft hat.
Ausblick
Mit dem PlayStation Portal Remote Player wagt Sony ein Experiment, dessen Ergebnis sich bisher noch nicht vollständig absehen lässt. Denn berechtigte Negativpunkte gibt es einige. Da wäre allen voran der Preis, der mit 219,99 Euro fast der Hälfte einer PlayStation 5 Digital Edition entspricht – ziemlich viel für ein 8-Zoll-LCD-Display mit links und rechts angefügtem DualSense-Controller.
Kritik für die fehlende Bluetooth-Unterstützung
Viel Kritik muss sich Sony zudem für die fehlende Bluetooth-Unterstützung gefallen lassen. Nicht zuletzt, weil der dafür nötige Chip kaum Zusatzkosten verursacht hätte und Fans von Wireless-Headsets dadurch förmlich gezwungen werden, wieder zurück auf ein Kabel-Headset zu wechseln. Oder sich eines der beiden Sony-Headsets mit PlayStation-Link-Unterstützung zu kaufen. Ärgerlich zudem, dass Sony bisher keine Angaben zur Akkulaufzeit macht, das Gerät nicht einmal internen Speicher zur Installation von Video-Streaming-Apps wie YouTube, Disney+, Netflix oder Amazon Prime Video zur Verfügung stellt und der Hersteller selbst plattformeigenes Games-Streaming von Titeln, die auf Sony-PSN-Servern laufen, nicht gestattet. Sämtliche Aktivitäten müssen zwingend über die heimische PlayStation 5 berechnet werden. Wir würden uns gleichwohl nicht wundern, wenn das am 11. Oktober 2023 verkündete PS5-Cloud-Streaming in Zukunft auch direkt über PlayStation Portal funktioniert und keine PS5-Konsole mehr voraussetzt. In Stein gemeißelt ist diesbezüglich aber noch nichts.
Punkten kann der PlayStation Portal Remote Player indes mit seinem schicken Design, dem leuchtstarken 1080p-Touch-Display, der durchdachten DualSense-Integration und einem Gewicht, das geringer ausfallen soll als das einer Nintendo Switch oder eines Steam Deck. Das Erstaunliche: Allen genannten Bedenken zum Trotz scheinen insbesondere japanische Spieler das Gesamtpaket bereits als sehr verlockend zu empfinden: Im Land der aufgehenden Sonne sind sämtliche Vorbesteller-Kontingente des PlayStation Portal Remote Players bereits ausverkauft. (soe/bpf)