In Hollywood schielte man von jeher auf Erfolge in anderen Medien. Tinseltown erhob die Adaption von Bekanntem gerne zur Kunst. Studio-Manager lieben erwiesene Erfolge und hatten von jeher die Hoffnung, dass sich solche von einem Medium zum anderen übertragen ließen. Berührungsängste gab es jedoch mit der Welt der Videogames. In Arcades waren die schon in den frühen 1980er Jahren erfolgreich, später folgte der Siegeszug in die Haushalte – mit Konsolen und Spielen für den PC. Versuche, die animierten Spielwelten in eine filmische Form zu übertragen, gab es jedoch lange nicht – bis 1993 mit SUPER MARIO BROS. ein erster Schritt getan wurde. Schon bei diesem ersten Film wurde klar, dass es ein gewaltiges Problem bei der Umsetzung gab. Die Games waren nicht wirklich darauf ausgelegt, komplexe Geschichten zu erzählen. Was blieb, war die Idee, dass die Klempner-Brüder Mario und Luigi eine Prinzessin retten müssen – und zwar aus einem dystopischen Paralleluniversum, das von Präsident Koopa beherrscht wird. Das Setting war dabei vom 1990 veröffentlichten Spiel SUPER MARIO WORLD inspiriert.
Arnold Schwarzenegger war nicht interessiert
Roland Joffés Firma Lightmove erwarb die Filmrechte, wobei Hiroshi Yamauchi, der damalige Präsident von Nintendo of America ihn fragte, wieso Nintendo nicht an eine größere Firma verkaufen sollte. "Weil Nintendo mehr kreative Kontrolle bei Lightmove hätte", so Joffé. Aber daran war Nintendo gar nicht interessiert. Man sah Mario als so starke Marke an, dass ihr nichts etwas anhaben konnte. Joffé: "Ich glaube, sie sahen den Film als eine Art seltsame Kreatur, bei der sie fasziniert beobachten wollten, ob sie würde gehen können oder nicht." Im Nachhinein muss man sagen: Sie konnte es nicht. Wunschregisseure wie Harold Ramis und Danny DeVito lehnten ab, Stars wie Arnold Schwarzenegger oder Michael Keaton waren an der Koopa-Rolle nicht interessiert. Es wurden schließlich Bob Hoskins und John Leguizamo als Mario-Brüder und Dennis Hooper als Koopa. Die Produktion, die zwischen 42 und 48 Millionen Dollar kostete, ging an der Kinokasse unter, die Kritik verriss das Werk, weil die Narrative holprig und wirr war. Dem Publikum missfiel, dass der Film mit den zugrundeliegenden Games nicht viel zu tun hatte.
Jetzt mit Action
Von einem Misserfolg ließ man sich in Hollywood jedoch nicht entmutigen. Wenn schon ein Adventure-Game wie SUPER MARIO BROS. nicht funktionierte, dann ja vielleicht etwas mit reichlich Action. Im Jahr 1994 kamen gleich zwei Filme in die Kinos – der eine klein und unscheinbar, der andere groß und herrlich trashig.
DOUBLE DRAGON ist ein Beat-'em-up-Game, das von James Yukich verfilmt wurde. Es liegt in der Natur solcher Spiele, dass es keine nennenswerte Geschichte gibt, im Film sucht ein Crimelord nach einem in zwei Teile gespaltenem magischen Medaillon. Eines hat er, das andere sollen seine Lakaien zwei Brüdern abjagen. Die werden von Scott Wolf und Mark Dacascos gespielt – nur letzterer sieht in den Kampfszenen überzeugend aus. Alyssa Milano bietet sexy Verstärkung, während Robert Patrick den Schurken spielt. "Auf dem Papier funktioniert der Film. Aber er tat es in der Umsetzung nicht", resümierte der Schauspieler später. Die Kritik pflichtete ihm bei, das Publikum zeigte sich erst gar nicht. In den USA spielte er gut zwei Millionen Dollar ein.
Van Damme war teuer, der Rest musste günstiger sein
Der größere Film war in jenem Jahr jedoch STREETFIGHTER. Das Game von Capcom gehört zu den erfolgreichsten Spielen dieser Art. Der Film hätte es ihm gerne nachgemacht und war für damalige Verhältnisse auch gut besetzt. Jean-Claude van Damme war noch nicht im Heimkinomarkt versumpft, Kylie Minogue versuchte sich mal wieder als Schauspielerin und Raul Julia war der fiese General Bison. Letzterer kam mit seiner übertriebenen Darstellung gut weg, die zierliche Minogue als Cammy mit Bazooka sorgte bei so manchem Zuschauer jedoch eher für Lachanfälle.
Capcom finanzierte den Film selbst und hatte einen definitiven Release-Termin vor Augen, der so eng getaktet war, dass Steven E. DeSouza die erste Version des Skripts innerhalb einer Nacht schrieb und ausgesprochen schnell in Produktion gehen musste. Capcom nickte alles ab, wollte aber auch mehr Elemente aus dem Spiel im Film, während DeSouza versuchte, eine Handlung zu erzählen, die sich als Mix aus James Bond und einem Kriegsfilm gestaltete, da er auf das Turnier des Spiels verzichtete und stattdessen von einer Spezialeinheit erzählt, die gegen Bisons Diktatur vorgehen muss. Als Regisseur musste DeSouza hetzen, was dem fertigen Produkt nicht guttat, das zudem um Gewaltspitzen erleichtert werden musste, um die gewünschte Freigabe zu erhalten. 35 Millionen Dollar kostete der Spaß, alleine acht davon gingen an Van Damme. Van Damme war teuer, der Rest musste günstiger sein. Weltweit spielte der Film knapp 100 Millionen Dollar ein, blieb aber weit hinter dem zurück, was Capcom sich versprochen hatte. Pläne für ein Sequel wurden zu Grabe getragen. Vielleicht auch, weil es von Kritik und Publikum nur Häme für dieses Trash-Spektakel gab?
Turnier-Kämpfe
Der erste wirkliche Blockbuster unter den Game-Verfilmungen war MORTAL KOMBAT, der 1995 von Paul W.S. Anderson inszeniert wurde und genau das bot, was auch die Spiele von Midway Games bieten. Das Game ist ein Beat-'em-up, der Film ahmt das perfekt nach, da er vom großen MK-Turnier erzählt, das zwischen Vertretern der Erde und Outworld stattfindet. Die Handlung ist überschaubar, aber Anderson machte daraus eine Action-Kaskade, die mit schnellem Schnitt und wummernder Techno-Musik den Puls beschleunigte. Der Film spielte weltweit mehr als 120 Millionen ein und bewies, dass man ein Game adäquat umsetzen konnte. Dazu brauchte es nicht mal große Stars. Der größte Name im Ensemble ist noch Christopher Lambert als Raiden, aber auch er war damals schon kein Schauspieler mehr, der Zuschauer ins Kino zog. Der Stoff an sich war es!
Nur zwei Jahre später gab es mit MORTAL KOMBAT 2 – ANNIHILATION (1997) das Sequel, das weit hinter den Erwartungen des produzierenden Studios New Line Cinema blieb. Der Film spielte nur gut 50 Millionen Dollar weltweit und damit weniger als die Hälfte des Vorgängers ein. War der erste Film noch von den ersten beiden Spielen inspiriert, so orientierte man sich nun am dritten Teil der Games. John R. Leonetti inszenierte das Spektakel, fast alle Rollen wurden neu besetzt, die Geschichte variierte nur, was man schon kannte. Dem Publikum reichte das nicht, die Kritik war noch vernichtender als beim Original und Pläne für einen dritten Teil wurden gleich verworfen. Stattdessen gab es 1998 mit MORTAL KOMBAT: CONQUEST eine Serie mit Kristanna Loken in der Hauptrolle, die nach einer Staffel eingestellt wurde und offen endete.
Trotzdem konnte man das Ganze so richtig in den Sand setzen
Die große Science-Fiction-Saga
Das erste WING COMMANDER-Spiel erschien 1990. Zuerst nur ein Flugsimulator im Sci-Fi-Setting, wurde das Ganze immer ambitionierter – mit Spielszenen zwischen den Missionen, für die man Schauspieler wie Mark Hamill, Malcolm McDowell, John Hurt oder John Rhys-Davies anheuerte. Die Spielszenen wurden behandelt wie bei einem Film, eine hybride Erzählweise ergab sich so. Eigentlich waren die WING COMMANDER-Spiele die perfekte Blaupause für einen Kinofilm. Die Erkenntnis ist bitter: Denn trotzdem konnte man das Ganze so richtig in den Sand setzen.
Im Jahr 1999 kam der Kinofilm, der mit 30 Millionen Dollar unterbudgetiert war, was sich in den Effekten widerspiegelte. Selbst damals war das für einen großen Film ein sehr bescheidenes Budget. Dem geschuldet ist wohl auch die Besetzung mit damaligen Jung-Stars, die in Teenie- und Horrorfilmen Erfolg hatten. Die Stars Freddie Prinze Jr. und Matthew Lillard liebten die Games und das Skript. Als sie am Set in Luxemburg ankamen, händigte man ihnen ein neues Drehbuch aus, das beide scheiße fanden. Wieso man nicht populäre Stars der Spiele zumindest in Nebenrollen eingesetzt hat? Ein ewiges Rätsel. Mark Hamill ist zwar als Merlin zu hören, wird aber im Abspann gar nicht gelistet. Wie in den Games geht es um den intergalaktischen Krieg mit den Kilrathi, Fans waren vom Look des Films jedoch irritiert, da der visuelle Stil nicht dem der Games folgte – und die Stars kaum denen der Spiele glichen. Die Stars waren unzufrieden, die Kritiker hassten den Film und die Fans wollten ihn am liebsten vergessen. So schaffte es WING COMMANDER auch nur, elf Millionen Dollar in den USA einzuspielen. Desaströser hätte es nicht kommen können. Pläne für ein Sequel wurden so gleich beerdigt.
In den ersten Jahren der Game-Verfilmungen waren die Enttäuschungen zahlreich – für die Fans und für die Studios, die damit Geld verbrannten. Das sollte später nicht sehr viel besser werden. Aber ein paar erfolgreiche Reihen trotzten dem Trend, wie wir im zweiten Teil sehen werden. [Peter Osteried]