Sport meets E-Sport: Im Gespräch mit Karla Borger und Mareike Burg

Die eine ist deutsche Nationalspielerin im Beachvolleyball, die andere spielt professionell League of Legends: Im IGM-Interview diskutieren Karla Borger und Mareike „Sayna“ Burg über Parallelen von Sport und E-Sport, das Thema Gleichberechtigung und die Vorteile von Live-Streams auf Twitch.
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© Bild Karla Borger: Martin Steinthaler / © Bild Mareike Burg: Women in Games
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© Bild Karla Borger: Martin Steinthaler / © Bild Mareike Burg: Women in Games

IGM: Karla, wo siehst du Gemeinsamkeiten von Sport und E-Sport?

Karla Borger: Ich glaube, dass es da sehr viele Gemeinsamkeiten gibt. Sei es taktisch oder auch bei der Vor- und Nachbereitung von Matches, zum Beispiel per Video-Analyse. Aber auch beim Mindset, beim Trainieren der Reaktionsfähigkeit und beim Team-Building. All das trainieren wir im Sport, um erfolgreich zu sein. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das alles auch im E-Sport wichtig ist.

Mareike „Sayna“ Burg: Dem stimme ich auf jeden Fall zu. Für mich ist die Hauptfrage, wie man Sport definiert. Sport wird ja häufig als körperliche Aktivität verstanden – und das ist E-Sport meiner Meinung nach nicht. Aber E-Sport hat viele andere Elemente des Sports, gerade bei Mannschaftssportarten sehe ich da große Gemeinsamkeiten.

IGM: Was sind die Hauptanleihen aus dem herkömmlichen Sport?

Sayna: Ich glaube, das gesamte Trainingsfundament wurde aus dem Sport übernommen. Am Anfang haben die Leute einfach nur gespielt – und das war nicht sehr effektiv. Mittlerweile gibt es im E-Sport aber alle möglichen Trainingsmethoden und Trainingspläne.

Karla: Eure Struktur baut sich ja auch erst noch auf. Ich war im Oktober auch beim Equal eSports Festival, das von der esports player foundation und der Deutschen Telekom organisiert wurde. Da konnte man gut sehen, dass E-Sport noch stark im Wachsen begriffen ist.

Sayna: Genau. E-Sport entwickelt sich auch generell anders als der Sport. Die meisten Sportarten haben von der Basis her angefangen – das heißt, es gab viele kleine Vereine, die sich dann in immer größeren Ligen zusammengetan haben. Im E-Sport läuft es eher andersherum, von oben nach unten. Es gibt die großen Ligen, zum Beispiel das LoL European Masters. Ausgehend von dieser Liga sind immer mehr Nachwuchs-Ligen entstanden – und jetzt gibt es sogar dafür noch Nachwuchs-Ligen. Aber E-Sport ist längst noch nicht so stark auf der regionalen Ebene angekommen wie der reguläre Sport.

IGM: Sayna, du sagst, dass E-Sport keine körperliche Aktivität ist. Für die Anerkennung als Sport fehlt da folglich etwas ...

Sayna: Der E-Sport kann regulären Sport nicht ersetzen – dass man rausgeht und sich bewegt. Es ist ein Hobby, das Konzentration erfordert. Wie bei anderen Hobbys auch kann man sich anstrengen und Spaß haben. Ich glaube schon, dass der E-Sport den regulären Sportarten Konkurrenz machen wird. Es wird Leute geben, die nicht mehr in Sportvereine gehen, weil sie Ballsport langweilig finden – und die stattdessen E-Sport betreiben. Die Hauptaufgabe ist dann, dafür zu sorgen, dass diese Leute an anderer Stelle Ausgleich durch körperliche Bewegung bekommen.

IGM: Karla, wie groß ist die Konkurrenz durch den E-Sport? Bedroht er vielleicht sogar die Existenz einiger herkömmlicher Sportarten?

Karla: Ich sehe E-Sport nicht als Bedrohung, sondern als Zeichen für den Wandel der Zeit. Klar, wenn ein Bereich mehr Zulauf erhält, sind es in einem anderen dann weniger. Es geht ja letztendlich auch um Sponsoren – und es ist durchaus nachvollziehbar, wenn junge Leute E-Sport-Profis sind und vor großem Publikum auftreten wollen. E-Sport wächst ja schon seit Jahren – sowohl beim Interesse als auch bei den Sponsoren.  Man muss halt irgendwie eine Lösung dafür finden, dass nicht immer gleich der Reflex kommt: „Das ist doch kein Sport!“ Das Wort „E-Sport“ hat in der Sportwelt schon einen ziemlich negativen Beigeschmack.

 

Ich sehe E-Sport nicht als Bedrohung
 

IGM: Der eSport-Bund Deutschland fordert, E-Sport solle olympisch werden. Das IOC verweigert sich dem bisher. Karla, wie siehst du das?

Karla: Man kommt da gar nicht drum herum – selbst wenn man dagegen ist. Es gibt ja einfach potenzielle Olympia-TeilnehmerInnen aus dem E-Sport. Das ist der angesprochene Wandel, und dafür muss man Lösungen finden. Olympia selbst wandelt sich ebenfalls stark, vor einigen Jahren sahen die Olympischen Spiele noch ganz anders aus.

Sayna: Ich glaube, der E-Sport ist gar nicht so stark auf Olympia angewiesen. Er wird eigene Events hervorbringen, die Olympischen Spielen ähneln. Der E-Sport braucht auf jeden Fall noch bis zum einem gewissen Grad den Sport, was Organisation und Gemeinnützigkeit angeht. Aber er ist auch sehr selbstständig und kann von alleine wachsen. Für etablierte Vereine ist es eine schwierige Balance, inwieweit sie sich im E-Sport engagieren sollen. Es gibt ja durchaus Sportvereine, die da investieren wollen. Ich hatte kürzlich mit einem Göttinger Verein zu tun, der da etwas aktiver war. Aber es ist eine schwierige Balance, weil die Vereine dadurch ein Stück weit ihre eigene Identität aufgeben.

Karla: Die Grundfrage ist ja: Habt ihr überhaupt Lust auf Olympia? Wenn man Chinas Umgang mit Menschenrechten, die gekauften Spiele in Rio oder auch die fehlende Nachhaltigkeit betrachtet ... dann nimmt das Olympia doch ein Stück weit den Glanz. Wäre das für euch überhaupt cool, bei Olympia dabei zu sein – oder wäre es nicht besser, euch etwas Eigenes aufzubauen?

Sayna: Im E-Sport gibt es zwar die europäische Liga und die Team-Weltmeisterschaft. Beide sind aber nur Wettbewerbe für einzelne E-Sport-Titel  – und nicht wie Olympia für mehrere Sportarten. Außerdem finden alle Turniere mit bereits etablierten Teams statt. Länderübergreifende Turniere wie die Fußball-WM sind Großereignisse, die es im E-Sport so noch nicht gibt. Bei den Asia Games gab es mal ein Nationen-Turnier – und das war auch eine spannende Abwechslung vom üblichen Format. Ich glaube schon, dass es da noch Potenzial gibt.

IGM: Sayna, du wirst inzwischen von der esports player foundation unterstützt. Wie sieht die Unterstützung konkret aus?

Sayna: Ich bin erst seit zwei Monaten dabei, also noch gar nicht so lange. Es gab für uns schon ein größeres Bootcamp, bei dem die epf auch Anreise und Hotel bezahlt hat. Da haben wir sehr gute Vorträge und Coachings bekommen. Generell berät die epf auch sehr viel abseits des eigentlichen Spiels. Es gibt Beratung zu den Themen Ernährung, Schlaf, mentale Belastung und so weiter.

 

Schwierige Balance

IGM: Stichwort mentale Belastung: Karla, was kann der E-Sport da vom Sport lernen?

Karla: Da gibt es einiges, was man verbinden kann. Wir lernen Techniken, um Aufregung zu minimieren und die Herzfrequenz unten zu halten. Um uns abzulenken, wenn es gerade mal vielleicht nicht so gut läuft – und um im Hier und Jetzt zu bleiben, anstatt daran zu denken, was vielleicht passieren könnte. Das sind Themen, die im E-Sport genauso eine Rolle spielen wie bei uns im herkömmlichen Sport.

IGM: Sayna, inwieweit nutzt du solche Techniken?

Sayna: Vor jedem Spiel gibt es bei uns die Coach-Ansprache. Da bekommt man einfach gesagt: Ok, darauf fokussieren wir uns jetzt, das sind unsere Ziele. Das ist auf jeden Fall ganz gut, um sich auf ein Match einzustimmen. Generell wird das aber sehr unterschiedlich gehandhabt, je nach Team. Die Teams haben unterschiedliche Praktiken und man ist auch sehr davon abhängig, wie man unterstützt wird.

IGM: Wie steht es um die Gleichberechtigung im E-Sport?

Sayna: Das ist generell ein sehr schwieriges Thema. Im E-Sport ist es am allerschwierigsten, weil es da immer extrem wenige Frauen gegeben hat. In League of Legends gab es genau eine, die in der amerikanischen Liga gespielt hat. In der europäischen Liga gab es keine einzige. Im regulären Sport ist es aber auch nicht perfekt. Es kommt natürlich auf die Sportart an, aber gerade bei den Mannschaftssportarten gibt es einfach ein sehr großes Gefälle zwischen den Männer- und den Frauensportarten, was die Reichweite und die Preisgelder angeht. Ich glaube, da sind sowohl der E-Sport als auch der reguläre Sport noch drin gefangen.

IGM: Warum gibt es nur so wenige weibliche E-Sport-Profis?

Sayna: Das Hauptproblem ist, dass es bisher keine weiblichen Vorbilder gab. Und es ist einfach ein sehr weiter Weg zum E-Sport-Profi. Am Anfang spielst du einfach nur casual, also aus Spaß, ein bisschen abends mit den Freunden. Dann musst du dich in den Amateur-Bereich vorkämpfen – und da musst du dich wieder beweisen, um in den Pro-Bereich zu kommen. Es gibt einfach sehr viele Stationen, bei denen es sehr hart ist – und wo man eine Menge Glück und Durchhaltevermögen braucht. Ich glaube, viele Frauen sagen sich: „Es gibt in der Stufe über mir keine einzige Frau. Warum sollte ich das schaffen, wenn alle anderen Frauen vor mir gescheitert sind?“ Wenn es erst einmal ein paar Frauen in den Top-Ligen gäbe, wäre es auch für die nachfolgenden Frauen deutlich leichter.

IGM: Insofern ist es ja sehr zu begrüßen, dass nun – im Rahmen von Equal Esports – ein Frauenteam an den Start geht ...

Sayna: Stimmt. Ein weiteres Problem ist allerdings die Toxicity im Internet. Dort herrscht eine sehr männlich geprägte Kultur. Es gibt auch einfach Sexismus gegen Frauen, besonders auf den Social-Media-Plattformen. Wenn es zum Beispiel darum geht, dass man eine Frau ist und sich für ein E-Sport-Team bewerben möchte, dann kommen dumme Sprüche wie „Geh zurück in die Küche“. Dabei wird die Anonymität des Internets sehr stark ausgenutzt.

IGM: Wo zeigt sich dieser Sexismus noch?

Sayna: Am meisten passiert im Twitch-Chat. Das Publikum kann die Spiele kommentieren – und da wird auch sehr viel Blödsinn gepostet. Direkte Beleidigungen werden mittlerweile konsequent gelöscht. Aber es ist immer auch davon abhängig, wer gerade den Kanal moderiert. Gerade die größeren Event-Organisatoren haben dafür Standards entwickelt und achten stärker auf das Thema. Ein Problem ist: Es wird häufig geleugnet, dass es im E-Sport überhaupt Sexismus gibt. Manche Spieler sagen Dinge wie: „Ich als Mann wurde noch nie von einer Frau beleidigt, deshalb gibt es das nicht.“ Der erste Schritt ist, das Problem als solches anzuerkennen. Im nächsten Schritt geht es dann darum, Sexismus zu verhindern.

 

Es wird häufig geleugnet, dass es im E-Sport überhaupt Sexismus gibt

IGM: Karla, wie verbreitet sind Sexismus und Toxicity im herkömmlichen Sport?

Karla: Das sind definitiv große Probleme. Wir werden bei Athleten Deutschland eine Anlaufstelle für sexualisierte Gewalt und Missbrauch bekommen. Leider sind viele AthletInnen davon betroffen. Viele haben sich bei uns gemeldet und von ihren schlechten Erfahrungen berichtet, zum Beispiel von Übergriffen von Trainern, die sie in jungen Jahren erlebt haben. Das ist einfach katastrophal – und da muss ganz viel Aufarbeitung und Hilfestellung geleistet werden, damit so etwas in Zukunft nicht mehr passiert. Damit man schon in jungen Jahren versteht, wo die eigene Grenze bei körperlichen Berührungen ist, nach dem Motto: „Bis dahin und nicht weiter.“ Davon sind wir aber leider noch weit entfernt. Wir haben es jetzt erst geschafft, vielen AthletInnen die Augen zu öffnen – dass da gibt es noch einiges zu tun. Auch das Thema „Hass im Internet“ betrifft viele AthletInnen. Dass sich dort jeder nach Lust und Laune äußern kann, ist katastrophal.

IGM: Was kann man tun, um Hass, Toxicity und Sexismus im Sport und E-Sport zu reduzieren?

Karla: Gut ist, dass es inzwischen gesetzliche Regelungen gibt, mit denen man das nachverfolgen und anzeigen kann. Das ist schon ein wichtiger Schritt, aber ich glaube, wir sind insgesamt noch völlig im Rückstand. Als Social Media immer mehr an Bedeutung gewann, wurde diese Auswüchse einfach nicht mitbedacht. Man ist bewusst das Risiko eingegangen, dass es so kommen würde. Eigentlich müssten die Verantwortlichen nun auch dafür sorgen, dass der Hass auf Social Media wieder verringert wird oder sogar verschwindet.

IGM: Games boomen in der Pandemie, weil viel zuhause gespielt wird. Sayna, welche Auswirkungen hat die Pandemie auf eure E-Sport-Aktivitäten?

Sayna: Es gibt auf jeden Fall auch Nachteile. Im Endeffekt ist der E-Sport von Sponsoren abhängig – und davon, dass Unternehmen bereit sind, Geld für Werbung auszugeben. Viele Organisationen haben in der Pandemie weniger Sponsorengelder erhalten – und das merkt man am Ende auch als SpielerIn. Der E-Sport hat da schon einen großen Dämpfer bekommen. Auch Events sind große Einnahmequellen und für die Popularität sehr wichtig – wenn man also in einer Arena vor tausenden Fans spielt. Wenn das nicht mehr da ist, dann ist das auf jeden Fall auch ein Nachteil. Für den Amateurbereich war die Pandemie wahrscheinlich von Vorteil, weil einfach viel mehr Leute zuhause waren und sich mit dem Thema beschäftigt haben. Aber für den Top-Bereich war sie ein harter Schlag.

IGM: Karla, welche Auswirkungen hat Corona auf den Breiten- und Spitzensport?

Karla: Der ist komplett zusammengebrochen. Klar, zu Beginn der Pandemie sind viele Leute joggen gegangen. Aber man muss auch an die Kinder und Jugendlichen denken, die über den Sport – neben der Schule – ihre Sozialkontakte hatten. Ich denke auch an Prävention – die gesundheitlichen Folgen der Pandemie werden uns wahrscheinlich erst in ein paar Jahren voll bewusst werden. Der Breitensport ist sehr wichtig, aber die ehrenamtlichen Tätigkeiten und der soziale Aspekt sind in der Pandemie komplett verlorengegangen. Im Leistungssport hatten wir das riesige Privileg, weiter trainieren zu können – wir durften sogar für Trainingslager ins Ausland fliegen. Als die Fitness-Studios schon geschlossen waren, durften wir auch weiterhin den Kraftraum nutzen, das war schon genial.  Allerdings gab es weniger Turniere – wir haben dadurch weniger Preisgeld erhalten, hatten aber auch geringere Reisekosten. Im ersten Corona-Jahr haben wir aber ein Beachvolleyball-Turnier in Düsseldorf – Die Beachliga – auf Twitch übertragen. Das fand ich persönlich ganz spannend, weil es einen ganz anderen Bereich geöffnet hat – und das wahrscheinlich auch ein Stück weit die Zukunft sein wird. Wir haben gemerkt, dass wir SportlerInnen dort anders aufgetreten sind, wir waren viel lockerer, auch im Interview. Wenn du bei Olympischen Spielen oder Deutschen Meisterschaften in die vorgehaltenen Mikros sprechen musst, dann ist das einfach steifer als bei Twitch, wo die Community uns auch private Fragen stellen konnte. Die Fans haben dadurch einen ganz anderen Einblick in unsere Persönlichkeiten bekommen. Das war deutlich cooler und tiefgründiger, als es ein Fernsehreporter je hätte machen können.

IGM: Sayna, du betreibst ja einen eigenen Twitch-Channel, kommunizierst also direkt mit der Community ...

Sayna: Das ist schon einfach etwas Neues – und hat auch einen riesigen Markt geschaffen. Viele Twitch-StreamerInnen sind auch gar keine E-Sport-Profis, sondern InfluencerInnen und EntertainerInnen. Sie spielen zwar dasselbe Spiel, sind aber vor allem lustig und unterhaltsam und stellen den Leistungsaspekt nicht in den Vordergrund. Wenn man kompetitiv unterwegs ist, kann man natürlich auch streamen – aber das ist dann ein ganz anderes Publikum.

Karla: Sayna, hast du denn mitbekommen, dass auf Twitch mehr herkömmlicher Sport übertragen wird – zum Beispiel unser Beachvolleyball-Turnier?

Sayna: Am Rande habe ich das schon mitbekommen. Hin und wieder ploppt in den Kanälen eine Sportübertragung auf. Das ist mir schon aufgefallen.

Karla: Wahrscheinlich vor allem, wenn es auf der Frontpage stattfand. Als der Sportkanal neu war, hat ihn Twitch weiter oben platziert. Bei uns war dann natürlich die Hölle los, weil viele Leute von der Frontpage zu uns kamen. Hast du dann auch hin und wieder in den Kanal reingeschaut? Oder einfach registriert, dass es ihn gibt?

Sayna: Ich habe da mal ein bisschen reingeschaut. Unter anderem beim Beachhandball, weil ich selbst Handball spiele. Ich fand es ganz spannend, dass das jetzt auch auf Twitch übertragen wird. Es ist auch ganz cool, die Art der Kommentierung zu vergleichen. Und es ist auch noch mal eine andere Perspektive.

IGM: Karla, welches Potenzial bietet das „E-Sport-Medium“ Twitch für den herkömmlichen Sport – Stichwort: Authentizität?

Karla: Genau, die Authentizität ist total gegeben. Im Sommer 2020 fand wegen der Pandemie ein Zeitlang nur Beachvolleyball statt. Deshalb war die Medienaufmerksamkeit bei unserem Turnier sehr groß, ansonsten wäre wohl kaum jemand nach Düsseldorf gekommen. Für ein Sport-Event waren die Zugriffszahlen auf Twitch unglaublich gut. An dem Turnier haben sehr viele junge Athletinnen teilgenommen – dadurch sind sie in der Beachvolleyball-Welt sehr bekannt geworden und haben viele Fans gewonnen. Auch für die Sponsoren war es ganz toll, dass sie sehen konnten, wie viele ZuschauerInnen der Stream durchschnittlich hat. Das war ganz spannend zu sehen – und ich bin auch sehr dafür, in dem Bereich mehr zu machen. Im Fernsehen werden auch kaum Randsportarten übertragen. Ich finde es schade, dass nicht die ganze Vielfalt gezeigt wird, die wir in Deutschland haben.

IGM: Sayna, welchen Stellenwert haben Randsportarten im E-Sport?

Sayna: Im E-Sport gibt es einen stetigen Wandel – bestimmte Spiele steigen auf und können auch wieder abfallen. Eine Beispiel für eine kleinere E-Sportart sind die sogenannten Fighting Games. Die Events sind dort nicht so riesig wie bei League of Legends, dennoch gibt es eine treue und engagierte Fangemeinde. Der Hauptvorteil von E-Sport ist, dass man sich global vernetzen kann. Dadurch findet man auch in kleineren Sportarten immer genügend Fans.

IGM: Abschließende Frage: Was wünscht ihr euch für das neue Jahr?

Sayna: Mein großer Wunsch ist, dass es wieder mehr Offline-Events wie die gamescom gibt, wo man sich mit Leuten treffen und sie auch wirklich kennenlernen kann. Meistens kennt man sich ja nur online und trifft sich im Idealfall zwei- bis dreimal pro Jahr offline. Das hat in letzter Zeit nur sehr begrenzt stattgefunden.

Karla: Ich wünsche mir, dass der Sport in der Gesellschaft mehr Anerkennung findet. Dass wir es schaffen, AthletInnen besser zu schützen. Und dass es nicht in erster Linie darum geht, was Sportverbände wollen – sondern um die Bedürfnisse der AthletInnen. (Achim Fehrenbach)

Kurzprofil Karla Borger:
Karla Borger, Tochter von Cordula Pütter (Europameisterin 1995 im Beachvolleyball), geboren 1988 in Heppenheim, aufgewachsen in Darmstadt. Sie war bereits mit 15 Jahren Profispielerin in der 1. Liga im Hallenvolleyball. Mit 18 Jahren begann sie, parallel Beachvolleyball zu spielen, und ist seit 2009 Beachvolleyball-Nationalspielerin. Borger nahm an zwei Olympischen Spielen Teil, wurde 2013 Vize-Weltmeisterin, sicherte sich zwei Bronzemedaillen bei der Europameisterschaft und mehrere Medaillen auf der World Tour. 2021 gewann sie gemeinsam mit ihrer aktuellen Partnerin das World Tour Final. Borger ist seit 2009 Sportsoldatin, Dienstgrad Hauptfeldwebel. Seit Oktober 2021 ist sie Präsidentin des Vereins Athleten Deutschland, der die Interessen deutscher KaderathletInnen vertritt.

Kurzprofil Mareike „Sayna“ Burg:
Mareike „Sayna“ Burg, geboren 1998, ist eine von wenigen League-of-Legends-Spielerinnen, die auch bei gemischtgeschlechtlichen Turnieren mitspielt. Ihre erste Turniererfahrung sammelte sie in der deutschen Universitätsliga („Uniliga“), seitdem war sie aber auch bei verschiedenen Turnieren und Ligen aus ganz Europa dabei. Ab 2022 spielt sie in der 2nd Division der Northern League of Legends Championship mit. Aktuell ist Sayna als Frau im größtenteils männlich dominierten E-Sport noch die Ausnahme. Sie wird deshalb durch Women in Games und durch die esports player foundation (epf) unterstützt und gefördert.

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