Platz an der Pixel-Sonne: Der „Retroplace“

Sammeln, in Erinnerungen schwelgen, Artikel schmökern und die Klassiker-Kollektion komplettieren: "Retroplace" will zur digitalen Anlaufstelle für Games-Liebhaber aus allen Spiele-Generationen werden.
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Digitale Test- und News-Kataloge, Blogs, Podcasts, Youtube-Kanäle, Live-Streams auf Twitch, Fan-Sites und Wertungslisten wie auf Metacritic. Keine Frage: Wer im Netz nach Games sucht, der findet auch welche. Auch der Web-seitige Einkauf ist gesichert: Entweder geht man auf Plattformen wie amazon und ebay shoppen – oder man saugt sich das neue Spiel gleich komplett aus dem Netz. Nur: Was, wenn man solche Spiele erstehen will, die sich für das Neuheiten-getriebene Games-Geschäft eigentlich längst erledigt haben? Oder einfach seine Sammlung komplettieren möchte, ohne dafür zig verschiedene Web- und Verkaufs-Plattformen ansteuern zu müssen? Wo wird man fündig, wenn man außer dem neuen "The Last of Us" für die PS4 auch das weitaus ältere "Primal" (2003 für PS2) shoppen will? Oder die Sammlung um den PSone-Oldie "Jumping Flash" (1995) erweitern möchte?

Ja, vermutlich wird man da auf ebay fündig. Vielleicht sogar auf amazon. Auch Doktor Google hilft gerne weiter, wenn der Such-Schuh drückt. Und führt uns zu einem von zahllosen kleinen Indie-Stores, die wir nach dem Einkauf meist genauso schnell wieder vergessen wie wir sie entdeckt haben. Ergo: Eine bessere Lösung muss her. Wie wäre es also stattdessen mit einer Plattform, auf der die verschiedensten Angebote zusammenlaufen, etliche Händler und private Anbieter ihre Kompetenzen bündeln und User durch viele tausend Klassiker stöbern? Ein eCommerce- und Mitmach-Portal von Sammlern für Sammler?
 
Eine Plattform für alle
Tatsächlich gibt es das schon – nur, dass es aktuell bei vielen Gamern noch immer unter dem Radar läuft. Warum eigentlich? Denn "Retroplace" hat im Grunde alles, was das Gamer-Herz begehrt. Und das sogar in fünf Sprachen. Die Intention hinter dem Portal, das auf den ersten Blick wie eine ebay-ähnliche Tauschbörse anmutet, schildert der "Erfinder" Christian Corre voller Begeisterung: "Schon mit mit meinem ehemaligen Ladengeschäft Nippon Dreams habe ich mich immer stärker auf Klassiker verlegt, besonders Spiele aus der Prä-PS3-Zeit sind bei Liebhabern sehr gefragt", erklärt Corre. "Entsprechende Tausch- und Sammler-Treffs wie die jährliche Retrobörse in Rosenheim oder meine eigene Münchener Retrocon sind natürlich fantastische Möglichkeiten für Retro-Fans, um sich auszutauschen, ihre Sammlungen zu präsentieren oder seltene Perlen zu ergattern. Nur: Was, wenn sie wieder zuhause sind? Dann werden sie auf unserer Online-Plattform fündig. Retroplace ist genau die Sammel-, Kauf- und Tauschbörse für Gaming-Enthusiasten, die ich mir als Sammler auch selber immer gewünscht habe."

Die Sammlung verwalten
Ja, das Konzept hat seinen Reiz. Wer sich mit der komfortablen Suchfunktion durch den Katalog der Plattform ackert, entdeckt dort nicht weniger als 8.000 Klassiker oder auch neue Spiele, die er kaufen kann – aber vor allem 140.000 Games-Titel, die bereits in die umfangreiche Datenbank aufgenommen wurden. 100.000 Spiele wurden zwar von Corre und seinem IT-kundigen Partner Armin Hierstetter eingepflegt, aber immerhin 40.000 haben die User der Plattform selber ergänzt. Und das vollkommen freiwillig. Denn abgesehen vom Marktplatz bietet Retroplace vor allem eine kostenlose Software-Lösung für das, was Fans sonst mithilfe von Word oder Excel lösen müssten: eine Sammlungs-Verwaltung.

Wer sich hier registriert, darf für jedes einzelne Spiel einen eigenen Datenstamm anlegen – Packshot, Screenshots, Hersteller-Daten und Game-Beschreibung inklusive. So wird auf Kurz oder Lang (beinahe) jede existente Version des jeweiligen Spiels gelistet. So kommt es, dass sich ein "Super Metroid" nicht nur in verschiedenen europäischen Fassungen und in US- sowie Japan-Version in der Datenbank tummelt, sondern außerdem weniger bekannte Varianten wie eine "Player's Choice" und eine deutsche Big-Box mit dickem Spieleberater vorliegen. Für User bedeutet das Komfort – für Verkäufer und natürlich das Retroplace-Team vor allem eine immense Arbeitserleichterung. Auf diese Weise sind im Laufe von zwei Jahren 1.700 User-Kollektionen mit insgesamt 243.000 Spielen entstanden – das kann sich sehen lassen.

Händler – ganz gleich ob privat oder hochprofessionell – finden hier also ein dankbares Ökosystem, um Spiele, Hardware und bald sogar Zubehör, Merchandise oder Games-affine Lektüre anzubieten. Obendrein werden nur sieben Prozent Zahlung an den Plattform-Betreiber fällig. Zum Vergleich: amazon verlangt für Verkäufe über seinen "Marketplace" 15 Prozent. Gezahlt wird per Vorkasse oder – im Idealfall – per Paypal.
 

Ein dankbares Ökosystem

Zum Verweilen einladen
Zusätzlich gibt es regelmäßig Kolumnen und Berichte von verschiedenen Fan- oder Profi-Autoren und stellen Sammler ihre Nerd-Höhlen vor – auf diese Weise erhält die Community ein Gesicht. Am Ende muss sich das Konzept eigentlich nur einen Vorwurf gefallen lassen: Es wird visuell noch nicht besonders attraktiv präsentiert und hat eher den Charme eines Fachhändler-Katalogs als den einer Plattform, auf der Retro-Fans Tag für Tag viele Stunden verbringen wollen. Aber überraschend ist das nicht: Immerhin wirft Christian Corre fast 20 Jahre Händler-Erfahrung in den Ring, von denen Fans und Verkäufer jetzt profitieren – und am Look des Portals wird noch gearbeitet.

Schlussendlich ist die Idee klasse, die Vorarbeit für den Durchbruch geleistet und das Wachstumspotential groß. Je mehr die Spiele-Hersteller ins Netz, ins Digitale und in die Multiplayer-Sphäre drängen, desto größer der Wunsch der kaufkräftigen, älteren Generationen, sich wieder im Spiele-Dunst ihrer Jugend zu wälzen. Denn Spiele speichern unsere Erinnerungen – und von denen gibt es auf dem Retroplace jede Menge. (rb)

IGM 04/20
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