IGM im Gespräch mit Marc Melton, Marvelous Europe

Story of Seasons, Rune Factory: Beides sind wohlbekannte Reihen aus dem Farming-Genre. Publisher dieser Dauerbrenner ist Marvelous Europe, eine Tochtergesellschaft der japanischen Marvelous Inc., die diese Spiele entwickelt. Seit seiner Gründung im Jahre 2012 hat sich der europäische Ableger auch mit eigenen Titeln einen Namen gemacht – und hält ständig nach neuen Games Ausschau, die ins Portfolio passen könnten. Ein Interview mit Marc Melton, Executive Vice President & Managing Director Marvelous Europe – über aktuelle Titel, den stationären Handel und den Distributionspartner Flashpoint.
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Marc Melton, Marvelous Europe

IGM: Marc, was kannst du uns über euer aktuelles Portfolio erzählen?

Marc Melton: 2025 und 2026 liegt unser Fokus auf unseren hauseigenen Titeln. Wir haben das Glück, einige klassische Reihen wie Story of Seasons, Rune Factory und Daemon X Machina im Portfolio zu haben. Story of Seasons war beispielsweise schon damals dabei, als es mit der Popularität der Farming-Games losging – noch bevor viele großartige Titel von anderen Entwicklern herauskamen. Nächstes Jahr feiern wir das 30-jährige Jubiläum von Story of Seasons; Rune Factory wird 20 Jahre alt. Wir haben das Glück, diese Titel in einem wichtigen Jahr – parallel zum Launch der Switch 2 – veröffentlichen zu können. In den letzten Jahren hatten wir mit einigen Herausforderungen zu kämpfen – die Branche ist definitiv sehr volatil geworden. Aber wir sind natürlich sehr positiv gestimmt, was die neue Hardware und die Begeisterung betrifft,  die unsere Spiele in der Community auslösen werden. Besonders, weil Rune Factory: Guardians of Azuma als Day-One-Titel für die Nintendo Switch 2 erscheint! Hinter den Kulissen steckt natürlich eine Menge Arbeit, aber wir freuen uns sehr auf dieses Jahr.

IGM: Welche Titel gehören noch zu eurem aktuellen Line-up?

Melton: Ein gutes Beispiel ist Cuisineer, das kürzlich – nach einem erfolgreichen Steam-Release – auch für Konsolen erschienen ist. Dafür haben wir mit unseren Freunden von BattleBrew Productions, einem Entwicklerstudio aus Singapur, zusammengearbeitet – und auch gemeinsam mit unserem US-Team. Außerdem haben wir Moonlight Peaks, eine Life Sim mit außergewöhnlichem Charme. Das Spiel kombiniert eine Farming-Welt mit Vampiren, Werwölfen, Meerjungfrauen und so weiter – eine schöne, frische Variante des klassischen Farming-Genres. Das Spiel hat eine wunderbare Farbpalette und ein tolles Spielgefühl. Dann haben wir natürlich noch andere Titel wie zum Beispiel Sakuna: Of Rice and Ruin, das in der Vergangenheit bereits sehr erfolgreich war. Ergänzt wird das nun durch Sakuna Chronicles: Kokorowa and the Gears of Creation, ein Spin-off, das wir schon offiziell angekündigt haben. Das Spiel baut auf den Erfolg des Originals von Edelweiss auf, eines japanischen Entwicklerteams. Es ist also ganz schön was geboten!

IGM: Sakuna: Of Rice and Ruin klingt spannend! Was kannst du uns noch über das Spiel erzählen?

Melton: Das ist ein Side-Scrolling-Action-Game, ein bisschen wie Muramasa: The Demon Blade. Es hat einen ganz besonderen Reiz – es dreht sich um Götter und Mythen und hat ein interessantes Kampfsystem. Die Entwickler sind geradezu besessen vom Reisanbau, was dem Gameplay eine unglaubliche Tiefe verleiht. Das Spiel hat einen vermeintlich simplen game loop – aber es kommen dann noch romantische Beziehungen, Feste und vieles mehr hinzu. Ich glaube, viele unserer Games bieten weit mehr als nur das ursprüngliche Farming-Erlebnis. Deshalb suchen wir auch gezielt nach Games, die langfristig unterhalten und an denen man dranbleibt. Das ist wohl auch der Grund, warum Franchises wie Story of Seasons und Rune Factory über die Jahre so erfolgreich waren.

 

Weit mehr als nur das ursprüngliche Farming-Erlebnis

 

IGM: Sprechen wir über den stationären Einzelhandel. Wie wichtig ist der für euch?

Melton: Ein erheblicher Teil unserer Fans will physische Produkte, und bei einigen Titeln – besonders für Nintendo – sind wir sehr stark. Spiele wie Story of Seasons und Rune Factory passen hervorragend zur Nintendo-Hardware. Deshalb ist es für uns wichtig, physische Produkte anzubieten: Wir möchten sicherstellen, dass die Consumer das Produkt in der Form und an dem Ort kaufen können, der für sie am besten passt. Im westlichen Markt spielt der stationäre Einzelhandel für uns eine besonders starke Rolle. Wir respektieren sowohl physische als auch digitale KäuferInnen und versuchen, ihnen die bestmögliche Lösung zu bieten. Ein Beispiel: Die Preise, die wir für Story of Seasons und Rune Factory angekündigt haben, sind für die Standardversion – sowohl physisch als auch digital – gleich. Wir freuen uns auch, bestätigen zu können, dass die physische Version den Datenträger enthalten wird. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, nur einen Game Key beizulegen. Das ist etwas, das unserer aktuellen Fanbase wichtig ist – und das wollen wir weiterhin so machen.

IGM: Ihr habt eine Partnerschaft mit Flashpoint. Wie sieht die genau aus?

Melton: Sie gibt uns die nötige Skalierbarkeit und ermöglicht es uns, schnell von all unseren Marketingmaßnahmen zu profitieren, die sich an SpielerInnen mit einer Vorliebe für physische Produkte richten. Wenn wir etwas ankündigen, ist es für uns entscheidend, dass die entsprechenden Angebote schnell online sind – damit die Leute die Produkte sofort kaufen können. Wir arbeiten toll mit Flashpoint zusammen, und ich hoffe, dass wir unser Geschäft damit weiter ausbauen können – gerade im Hinblick auf die Titel, die bei Marvelous in der Pipeline sind.

 

Wir arbeiten seit knapp einem Jahr mit Flashpoint zusammen

 

IGM: Seit wann besteht diese Zusammenarbeit mit Flashpoint?

Melton: Wir arbeiten seit knapp einem Jahr mit Flashpoint zusammen. Gerade für die DACH-Region und weitere Regionen ist es wichtig, eine unterstützende Struktur zu haben. Sie hilft uns dabei, den KonsumentInnen das zu liefern, was sie möchten – und zwar zu einem Preis, der passt. Da ist es essenziell, mit lokalen ExpertInnen zusammenzuarbeiten.

IGM: Wie wichtig ist der deutsche Markt für Marvelous – im Vergleich zu anderen europäischen Märkten?

Melton: Wir sind ein börsennotiertes Unternehmen, deshalb kann ich hier leider nicht allzu sehr ins Detail gehen – einige unserer Daten sind vertraulich. Aber so viel ist sicher: Für Story of Seasons und die anderen erwähnten Titel ist Deutschland ein sehr wichtiger Markt – er liegt für uns definitiv unter den Top 3 in Europa. Deshalb investieren wir weiter in diese Region. Flashpoint hilft uns dabei, diese Position zu halten und hoffentlich auch weiter auszubauen. Im Allgemeinen werden die lokalen Beziehungen innerhalb der Branche – sowohl für physische Verkäufe im Laden als auch online – immer fragmentierter. Deshalb ist es für uns besonders wichtig, einen Partner zu haben, der flexibel und kompetent ist. Mit besseren Einblicken können wir sowohl das Spiel selbst als auch das Angebot im Handel verbessern – ganz gleich ob physisch oder digital.

IGM: Wie wichtig sind Limited Editions für euer Portfolio?

Melton: Für unsere Fans sind sie unglaublich wichtig! Limited Editions ermöglichen eine bessere Markenbindung, die über den reinen Kauf eines Downloads oder einer physischen Standard-Edition hinausgeht. Sie ermöglichen den Leuten, uns näher zu sein. Es ist wirklich wichtig für uns, auch weiterhin Dinge wie Plüschtiere, Schlüsselanhänger oder Collectibles anzubieten. Allerdings wird es immer schwieriger, diese Produkte überhaupt bereitzustellen. Ich meine damit die Beschaffung der Bestandteile, die in eine Limited Edition gehören. Trotz dieser Herausforderungen versuchen wir, auch weiterhin mehr als das Übliche zu liefern  – eben weil unsere Fans das von uns erwarten. Bei früheren Titeln für Story of Seasons und Rune Factory haben wir immer auch Limited Editions angeboten. Wir hoffen, das auch in Zukunft weiterhin tun zu können – trotz der weltweiten Volatilität. Denn daraus resultiert einfach ein reichhaltigeres Erlebnis – eines, das andere Spiele manchmal nicht bieten können. Und wie gesagt: Das macht einen Unterschied, weil der physische Markt ein wesentlicher Teil unseres Geschäfts ist. Das möchten wir auch in Zukunft so halten.

 

Limited Editions ermöglichen eine bessere Markenbindung

 

IGM: Sprechen wir über Lokalisierung japanischer Games für ein westliches Publikum. Was sind da die größten Herausforderungen?

Melton: Wir arbeiten sehr eng mit unserem US-Team zusammen. XSEED hat sehr viel Erfahrung darin, Games aus Japan zu lokalisieren. Natürlich haben wir auch hier in Europa Games lokalisiert, zum Beispiel Cuisineer. Die größte Herausforderung ist wohl, die kulturelle Authentizität, die Vision der ProduzentInnen und die narrative Struktur des Spiels zu respektieren. Die Leute wollen keine verwestlichte Version eines japanischen Spiels – sie wollen das erleben, was sich die ProduzentInnen und EntwicklerInnen vorgestellt hatten. Genau das ist unser Ziel.

IGM: Marvelous unterstützt auch Inkubatoren. Welche sind das – und wie sieht die Unterstützung konkret aus?

Melton: Wir haben eine tolle Partnerschaft mit Game Barcelona, kurz: GameBCN. Wir arbeiten mit deren Team zusammen, das Start-ups berät und unterstützt. Dieses Modell haben wir auf iGi übertragen, das in Japan mit einigen Mitgliedern von GameBCN zusammenarbeitet. Wir halten also nach einzelnen Devs Ausschau, unterstützen sie aus der Industrie heraus, bauen ihre Games auf und geben ihnen die Möglichkeit, ein weltweites Publikum zu erreichen. Es geht darum, die Games auf Steam zu bringen, Übersetzungen und Lokalisierungen zu ermöglichen und die Titel zu skalieren. Letztlich ist es das Ziel dieser Initiativen, Best Practice zu fördern. Wir geben Feedback zu Pitches, bieten Marketing-Beratung und solide Produktionspläne. Das entwickelt sich alles immer mehr von reiner Beratung hin zu einer zusätzlichen, praktischen Unterstützung. Es ist zwar toll, einem Dev Ratschläge zu geben. Aber wenn man ein Spiel zu entwickeln versucht, muss man so viele verschiedene Rollen übernehmen, dass das manchmal überfordert. Deshalb ist es uns ein Anliegen, kleinere Devs zu unterstützen, die sich in einem sehr volatilen Umfeld zurechtfinden müssen – und wir tun das gerne.

IGM: Welche Games wurden beispielsweise von euch unterstützt?

Melton: Eines davon ist Death the Guitar, ein 2D-Plattformer mit Pixel Art, der 2025 erscheinen wird – unterstützt vom iGi-Team. Bereits veröffentlicht wurde Ninja or Die: Shadow of the Sun, ein Spiel von Nao Games. Wir unterstützen auch RexLabo mit Nova Antarctica, während sie ihren eigenen Publishing-Weg gehen. Bei GameBCN haben wir auch schon einige Titel unterstützt – wir sind da nicht der Publisher, dennoch haben sie ihren Weg in den Markt gefunden. Sie sind eigenständig erfolgreich, und wir wollen nicht die Lorbeeren für ihren Erfolg ernten, selbst wenn wir dazu beitragen konnten, dass sie es in den Markt geschafft haben. Wir machen das Ganze nicht, weil wir auf Ruhm aus sind. Einige KollegInnen bei Marvelous Europe engagieren sich auch persönlich für Inkubatoren – einfach deshalb, weil ihnen das wichtig ist.

IGM: Es geht also mehr darum, in die Branche selbst zu investieren...

Melton: Ja, absolut. Und zwar auf persönlicher Ebene, sei es durch Mentoring oder das Herstellen von Kontakten, um Dinge zu ermöglichen. Wir helfen und unterstützen sehr gerne! Ich denke, wir brauchen derzeit etwas Optimismus in dieser Branche. Wenn wir dazu beitragen können, indem wir Games auf den Markt bringen, dann ist das unser kleiner Beitrag zum großen Ganzen.

 

Unser kleiner Beitrag zum großen Ganzen

 

IGM: Abschließende Frage: Ihr werdet auch dieses Jahr auf der gamescom sein – wo liegen da eure Schwerpunkte?

Melton: Wir freuen uns, dort über Daemon X Machina, Rune Factory, Story of Seasons, Moonlight Peaks und vieles mehr zu sprechen. Story of Seasons: Grand Bazaar erscheint am 27. August, nur wenige Tage nach der gamescom. Die Messe ist für uns also sehr wichtig, und wir haben aus Deutschland schon viel Unterstützung  für unsere Marken erhalten. Wir hoffen, in den kommenden Monaten und Jahren noch mehr in der Region tun zu können. (Achim Fehrenbach)

IGM 05/25
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