Self-Publishing auf Steam: Wie läuft das eigentlich?

Steam gilt dank 132 Millionen aktiver Nutzer pro Monat, durchschnittlich einer Billion Seitenab­rufen pro Tag und rund 24,4 Millionen Spielern, die im Schnitt gleichzeitig online sind, als erfolgreichstes PC-Spiele-Download-Portal weltweit. Doch welche Voraus­setzun­gen muss ein Entwickler eigentlich erfüllen, um hier Präsenz zu zeigen? Was kann man verdienen? Und wie geht man beim Self-Publishing auf Steam am besten vor? IGM fasst zusammen.
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Allein im Jahr 2022 erwirtschaftete Valve mit Steam Umsätze von knapp zehn Milliarden US-Dollar. Eine beeindruckende Summe, wenn man bedenkt, dass der ursprüngliche Zweck der am 12. September 2003 offiziell gestarteten Plattform darin bestand, Software-Updates für Online-Spiele automatisch an teilnehmende Nutzer zu verteilen. Doch schon damals erkannte Valve schnell, dass in Steam weitaus größeres Potenzial schlummert und startete ein großangelegtes Experiment. Der heiß ersehnte Shooter „Half-Life 2“ wurde pünktlich zum Release am 16. November 2004 nicht nur im Handel, sondern auch digital via Steam verkauft. Der Erfolg ließ – trotz zahlreicher Startschwierigkeiten und DRM-Diskussionen – nicht lange auf sich warten und führte dazu, dass Valve Third-Party-Entwicklern bereits seit 2005 die Möglichkeit anbietet, ihre Spiele via Steam zu vertreiben.

Steam Direct macht jeden Indie zum Publisher
Im Laufe der Jahre hat Valve diesen Prozess dann immer weiter optimiert und im Juni 2017 schließlich Steam Direct eingeführt. Gemeint ist ein vergleichsweise unbürokratischer, transparenter und kostengünstiger Weg, der es auch kleineren, unerfahren Indie-Studios ermöglicht, ihre Werke via Steam zu veröffentlichen. Wer Steam Direct nutzen will, benötigt jedoch zunächst einmal einen sogenannten Steamworks-Account. Hierzu legt man zunächst für sich selbst als Privatperson oder das eigene Entwicklerstudio – sofern bereits gegründet – einen Steam-Account an. Steam lässt offen, für welche Variante man sich entscheidet, gibt jedoch zu bedenken, dass „legale Entitäten“ viele Vorteile mit sich bringen und empfiehlt, sich im Zweifelsfall von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen. Anschließend folgt etwas digitaler Papierkram, bei dem man unter anderem eine (Firmen)-Adresse, Bankdaten und steuerliche Informationen hinterlegen muss. Da Steam seinen Sitz in den Vereinigten Staaten hat, ist auch das Ausfüllen einiger US-Steuerformulare nötig. Steam gibt hierzu bereits zahlreiche Tipps in seinem FAQ-Portal (https://partner.steamgames.com/doc/finance/taxfaq), im Zweifelsfall holt man aber lieber noch den eigenen Steuerberater mit an Bord und spricht sich mit befreundeten Entwicklern ab, die den Prozess bereits hinter sich gebracht haben.

 

Im Zweifelsfall von einem Rechtsanwalt beraten lassen

 

Sind diese Schritte abgehakt, gilt es, den sogenannten „Steam Direct Product Submission Fee“ zu entrichten, sprich eine Produkt-Einreichungsgebühr. Diese beträgt für jedes eingereichte Spiel 100 Dollar und wird sogar zurückgezahlt, wenn das Spiel via Steam einen Gesamtumsatz von mehr als 1000 Dollar generiert. Steam selbst hält natürlich trotzdem die Hand auf und verlangt aktuell eine Beteiligung von 30 Prozent des aktuellen Verkaufspreises. Die restlichen 70 Prozent behält der Entwickler für sich. Zum Vergleich: Beim Epic Games Store streicht der Entwickler 88 Prozent der Umsätze ein, während Epic lediglich zwölf Prozent für sich beansprucht. Der Kunde kriegt davon selbstverständlich wenig mit. In Anbetracht der um 18 Prozent höheren Einnahmen im Epic Store sollte man dennoch versuchen, sein Spiel früher oder später auch dort anzubieten. Auf keinen Fall bei der Zeitplanung vergessen: Der Release des Spiels auf Steam kann frühestens 30 Tage nach Entrichtung der Produkt-Einreichungsgebühr erfolgen.

Sobald die Anmeldung geklappt hat, erhält man Zugriff auf das Steamworks-Interface, eine Art Online-Werkzeugkasten, um den digitalen Vertrieb des Spiels auf Steam vorzubereiten. Hier können Nutzer dann unter anderem die jeweils aktuelle Version ihres Spiels hochladen, bereits hochgeladene Versionen verwalten und vieles mehr. Wichtig: Steam unterzieht jedes neu eingereichte Spiel einer kurzen Prüfung, um sicherzustellen, dass es im Einklang mit den Steam-Richtlinien steht. Nicht gestattet sind unter anderem volksverhetzende, diskriminierende, verleumderische und beleidigende Inhalte, „sexuell explizite Bilder realer Personen“, Inhalte, die Urheberrechte verletzen, Inhalte, die einen Missbrauch von Kindern darstellen, betrügerische Anwendungen aller Art sowie nicht-interaktive 360-Grad-VR-Videos. Hinzu kommt: Baut eine Anwendung auf Blockchain-Technologie auf und gestattet einen Umtausch von Kryptowährungen oder NFTs, wird Steam sie nicht durchwinken.

 

Steam unterzieht jedes neu eingereichte Spiel einer kurzen Prüfung

 

Wichtigstes Aushängeschild: die Shop-Seite
Ein integraler Bestandteil der späteren Steam-Präsenz ist das Aufsetzen einer Shop-Seite. Das System fragt dabei Schritt für Schritt alle die Informationen ab, die man von einer typischen Steam-Shop-Seite kennt. Hierzu zählen der Name des Spiels, ein Link zur offiziellen Webseite, ein Link zur Metacritic-Seite, Links zu Social-Media-Auftritten auf YouTube, Facebook, Twitter und Twitch (jeweils sofern bereits vorhanden), ein Keyword für die Steam-Suchfunktion, Angaben zu unterstützten Plattformen samt minimalen und empfohlenen Systemvoraussetzungen sowie Informationen darüber, wann das Spiel voraussichtlich erscheint. Im Rahmen dieses Schritts fragt Steam außerdem ab, welche Sprachen in welcher Form unterstützt werden und konfrontiert Nutzer mit der sogenannte Mature Content Survey. Hierbei müssen Angaben dazu gemacht werden, ob das Spiel gewalttätige, sexuelle und andere problematische Inhalte enthält und wie das Steam-Review-Team auf diese zugreifen kann. Sofern korrekt gekennzeichnet und im Rahmen der Richtlinien, sind Erwachsene-Inhalte aber per se erlaubt.

Es folgen Abfragen zu unterstützten Spielarten (Singleplayer, PvP, Koop, Cross-Platform etc.) und unterstützten Steam-Features (Erfolge, Spielstand-Synchronisation via Steam Cloud, Ranglisten etc.). Des Weiteren möchte das System wissen, welchen Genres der Titel zugeordnet ist, welche Art von Controller-Support besteht und welche Tags (zum Beispiel 2D, Pixel-Art, Roguelite, Erkundung, Herstellung, Action etc.) das Spiel am besten umschreiben. Hier empfiehlt es sich, nicht nur fünf Begriffe anzugeben, sondern die Bandbreite von bis zu 20 Tags voll auszuschöpfen. Vorteil: Filtern Nutzer ein Suchergebnis nach den entsprechenden Tags oder geben einen Tag direkt als Suchbegriff ein, taucht das Spiel früher oder später in der entsprechenden Listen auf und wird auch bei Empfehlungen für Spiele dieser Art berücksichtigt. Abgerundet wird das Ganze mit Angaben zu eventuell genutzten DRM-Systemen (wie etwa Denuvo), rechtlichen Angaben und Kontaktinformationen.

Wurden alle Basisinformationen eingetragen, folgen weitere Registerkarten. Unter „Description“ fügt man beispielsweise kurze und lange Beschreibungstexte hinzu, um potenzielle Käufer auf die wichtigsten Features des Spiels aufmerksam zu machen. Idealerweise lockert man diese mit ein paar animierten GIFs auf, die zentrale Spielmechaniken in Bewegung zeigen. Sofern das Spiel bereits rezensiert wurde oder vorab Preise auf Messen oder Festivals eingeheimst hat, können diese Auszeichnungen hier ebenfalls verknüpft werden.

 

Die Vorfreude der Community anheizen

Gameplay-Trailer sind Trumpf
Bevor die finale Shop-Seite steht, müssen zudem noch Angaben zur Alterseinstufung (sofern bereits vergeben) und zu möglichen Early-Access-Versionen gemacht und alle Shop-relevanten Assets hochgeladen werden. Von zentraler Bedeutung ist dabei das 460 x 215 Pixel große Aufmacherbild (Header Capsule genannt), das am besten eine Kombination aus dem Logo des Spiels und dem zentralen Artwork darstellt und auch in einer verkleinerten Variante (231 x 87 Pixel), einer Hauptvariante (616 x 353 Pixel), einer vertikal designten Variante (600 x 900 Pixel) und einer hochauflösenden Variante (3840 x 1240 Pixel) vorliegen muss. Mindestens genauso wichtig und ebenfalls zwingend erforderlich sind fünf oder mehr Screenshots sowie ein aussagekräftiger Trailer im Full-HD-Format. Steam selbst rät in seinen Hilfetexten dazu, in Sachen Trailer keine cineastischen Experimente zu wagen, sondern Interessierten schnellstmöglich Gameplay-Material zu zeigen. Praktisch: Während man sich durch diesen Prozess klickt, zeigt eine Checkliste an, was noch fehlt.

Sind alle Checklisten-Einträge grün hinterlegt und ein Release-Datum festgelegt, führt Steam noch einmal eine letzte Überprüfung der Spieldaten und Shop-Seite durch. Das daran geknüpfte Prozedere dauert im Schnitt zwischen einem und fünf Tagen. Bevor der Digital-Verkauf durchstartet, empfiehlt Steam außerdem, dass die Shop-Seite mindestens zwei Wochen vor Release bereits online steht. Dies soll die Vorfreude der Community anheizen und Interessierten ermöglichen, das Spiel auf ihre Wunschliste zu setzen und darüber in entsprechenden Foren zu diskutieren. Im Anschluss sind dann vor allem zwei Dinge gefragt: durchdachte Maßnahmen, die Gamer auf den Titel aufmerksam machen sowie eine ordentlich Portion Glück. Denn bei durchschnittlich 913 Spieleveröffentlichungen pro Monat (Stand 2022) ist nie zu 100 Prozent klar, wer aus dem Nichts den nächsten Steam-Hit landen wird. (soe/bpf)

IGM 09/23
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