One-Man-Show: Wie Ein-Mann-Projekte die Spieleindustrie prägten 

Kein großes Entwicklerstudio, kein Millionenbudget – nur eine Idee und viel Arbeit: Einige der größten Spiele-Hits aller Zeiten stammen aus der Feder eines Einzelnen.
Am Fantasy-Rollenspiel „The Witcher 3: Wild Hunt“ arbeiteten 1.500 Menschen mit. Bei „Baldur’s Gate 3“ waren es immerhin 450 und bei „Elden Ring“ „nur“ 300. Aber es geht auch anders! Manchmal braucht es für ein herausragendes Spiel nur eine Person, eine gute Idee und viel Durchhaltevermögen, um diese umzusetzen. Spiele wie „Manor Lords“ oder auch „Vampire Survivors“ sind die jüngsten Beispiele für Projekte von Solo-Entwicklern. Doch es gibt noch viele andere.
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© BNP Design Studio / stock.adobe.com
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Five Nights at Freddy’s
„Five Night’s at Freddy’s“ (2014) entstand aus dem Scheitern und der Verzweiflung des Entwicklers Scott Cawthon. Der junge Texaner ist seit seiner Kindheit praktizierender Christ. Seinen Glauben wollte er auch in Form von Film- und Gaming-Projekten zum Ausdruck bringen und damit seine Familie ernähren. Doch dieses Unterfangen scheiterte. Als sein in Eigenregie entwickeltes Ressourcen-Managementspiel „Chipper & Sons Lumber Co.“ nach seiner Veröffentlichung im November 2013 von den Kritikern verrissen wurde, stürzte das Cawthon in eine Sinnkrise. Vor allem das als unfreiwillig gruselig bezeichnete Charakterdesign nagte an ihm. Doch aus der Not machte Cawthon schließlich eine Tugend – und entwickelte in nur sechs Monaten das Horror-Adventure „Five Night’s at Freddy’s“.

Die Spieler schlüpfen darin in die Rolle des Nachtwächters Mike, der seinen Aushilfsjob bei Freddy Fazbear‘s Pizza antritt. Doch wie sich schnell herausstellt, ist er dort nicht allein. Die Animatronik-Roboter entwickeln nachts ein Eigenleben und wollen Mike an den Kragen. Flucht ist hier jedoch nicht möglich, der Protagonist ist an das Büro des Sicherheitspersonals gefesselt. Als Hilfsmittel dienen Überwachungskameras sowie die Möglichkeit, das Licht einzuschalten oder Türen zu öffnen und zu schließen. Dabei wird jedoch wertvolle Energie verbraucht. Ziel ist es nun, besagte fünf Nächte zu überstehen, ohne dass die unheimlichen Roboter Mike töten.

Der perfide Gruselfaktor machte „Five Night’s at Freddy’s“ zu einem viralen Hit. Creators auf YouTube und anderen Plattformen zeigten ihre wildesten Jumpscare-Reaktionen. Kritiker lobten das einfache, aber effektive Gamedesign. „Five Night’s at Freddy’s“ entwickelte sich vom kleinen Indie-Spiel eines einzelnen Entwicklers zum weltweiten Entertainment-Franchise. Merchandising, Comics, Bücher – die furchterregenden Animatronic-Roboter eroberten den Mainstream. Diese Entwicklung gipfelte schließlich in dem von Universal und Bloomberg produzierten gleichnamigen Kinofilm, der bei Produktionskosten von nur 20 Millionen Dollar satte 160 Millionen einspielte. Damit wurde „Five Night’s at Freddy’s“ zum erfolgreichsten Horrorfilm des Jahres 2023.

 

Vom kleinen Indie-Spiel zum weltweiten Entertainment-Franchise

Stardew Valley
Wie so viele Ein-Mann-Projekte begann auch die Entwicklung des Aufbau-Rollenspiels „Stardew Valley“ (2016) sehr bescheiden. Eric „ConcernedApe“ Barone brauchte mehr als vier Jahre, um das Spiel auf den Markt zu bringen. Nebenbei arbeitete er als Platzanweiser im Paramount Theatre in Seattle. In dieser Zeit war „Stardew Valley“ ein überaus ambitioniertes Hobby: Bis zu zehn Stunden am Tag investierte Barone nach eigenen Angaben in die Fertigstellung des Projekts. Von der Pixelgrafik über den Soundtrack bis hin zum Gameplay – der junge Amerikaner machte alles im Alleingang und brachte sich im Laufe der Entwicklung einen Teil des nötigen Know-hows selbst bei. Schon vor der Fertigstellung erregte das Spiel online große Aufmerksamkeit. Das wiederum ermöglichte Barone die Zusammenarbeit mit dem Publisher Chucklefish, der ihn zunächst beim Vertrieb unterstützte. Mit Erfolg!

„Stardew Valley“ verkaufte sich in den ersten zwei Monaten nach seiner Veröffentlichung im Jahr 2016 mehr als eine Million Mal. Barone beendete daraufhin die Zusammenarbeit mit Chucklefish und betreute das Projekt in den folgenden Jahren allein. So erweiterte er „Stardew Valley“ um neue Inhalte wie Multiplayer-Optionen und zusätzliche Rollenspiel- und Adventure-Inhalte. Denn die Welt von „Stardew Valley“ ist weit mehr als eine simple Farm-Simulation, hier geht es auch um die zum Teil sehr düsteren Geschichten der Bewohner und ihrer Beziehungen zueinander.
„ConcernedApe“ hat bis heute eine treue Fangemeinde, weil er auch immer wieder klare Kante zeigt. Auf die Frage eines Users, ob es für „Stardew Valley“ weitere, möglicherweise kostenpflichtige Inhalte geben wird, antwortete Barone auf X trocken: „Ich schwöre bei der Ehre meines Familiennamens, dass ich niemals Geld für ein DLC oder Update verlangen werde, solange ich lebe.“ „Stardew Valley“ startete auf dem PC, wurde im Laufe der Jahre aber auch für Konsolen und Mobilgeräte umgesetzt. Das Spiel wurde bis Anfang 2024 mehr als 30 Millionen Mal verkauft.

 

Ein überaus ambitioniertes Hobby

Papers, Please
„Papers, Please“ (2013) wurde von Lucas Pope entwickelt. Pope ist in der Videospielindustrie kein Unbekannter. Vor der Entwicklung von „Papers, Please“ arbeitete er bei Naughty Dog und war an großen Produktionen wie „Uncharted: Drakes Schicksal“ (2007) und „Uncharted 2: Unter Dieben“ (2009) beteiligt. Die Entwicklung von „Papers, Please“ war für Pope jedoch ein Kontrastprogramm – sowohl was den Arbeitsprozess als auch den Inhalt betrifft.

In „Papers, Please“ übernimmt man die Rolle eines Grenzbeamten. Die Aufgabe besteht darin, die Papiere von Immigranten zu prüfen und diese dann entweder in das fiktive Land Arstotzka einreisen zu lassen oder diese abzuweisen. Was sich wie eine einfache Fließbandarbeit anhört, wird durch die ausgeklügelte Spielmechanik und die sich entfaltende Hintergrundgeschichte zu einem moralischen Dilemma. Wer zum Beispiel Fehler macht, bekommt weniger Lohn. Und dieses Geld braucht die Familie der Spielfigur dringend. Gleichzeitig erfährt man immer mehr über die Hintergründe der Menschen an der Grenze.

Pope begann im November 2012 mit der Arbeit an „Papers, Please“ und es dauerte nur bis August 2013, bis das Projekt Steam Greenlight durchlief und schließlich veröffentlicht wurde. Inspiriert wurde das Spiel durch persönliche Erfahrungen sowie Filme wie „Argo“ oder auch die „Bourne“-Reihe. „Papers, Please“ mag zwar nicht im klassischen Sinne Spaß machen, hat aber durchweg positive Kritiken erhalten und wird als wichtiges und „unbequemes“ Werk gelobt. Bis März 2014 hat sich das Spiel laut Lucas Pope rund eine halbe Million Mal verkauft. Im Laufe der Jahre wurde „Papers, Please“ auch für die PlayStation Vita und mobile Endgeräte veröffentlicht. Zum zehnjährigen Jubiläum im Jahr 2023 verkündete der Solo-Entwickler, dass das Spiel fünf Millionen Mal verkauft worden sei. Trotz der großen Nachfrage lehnt Pope die Veröffentlichung von Zusatzinhalten oder DLC-Paketen ab.

Minecraft
Mit über 300 Millionen verkauften Exemplaren ist „Minecraft“ (2011) das erfolgreichste Spiel aller Zeiten. Kaum zu glauben, dass dahinter kein Team steckt, sondern eine Einzelperson: Markus „Notch“ Persson. Mit Ausnahme eines von seiner Mutter gesponserten Online-Programmierkurses hat sich der Schwede das Programmieren selbst beigebracht. Seit frühester Kindheit an Computern und Videospielen interessiert, suchte er schon früh den Weg in die Branche. Inspiriert durch das blockbasierte Onlinespiel „Infiniminer“ begann er im Mai 2009 mit der Entwicklung des späteren „Minecraft“ – zunächst unter dem Arbeitstitel „Cave Game“. Bis zur Veröffentlichung einer ersten Version vergingen nur sechs Tage. In den folgenden Monaten wuchs nicht nur das Projekt, sondern auch die Community. Regelmäßige Blogeinträge versorgten die Fans.

Am 23. Dezember 2009 erreichte das Spiel die Indev Development Stage. Ab diesem Zeitpunkt mussten Interessierte für den Premium-Account bezahlen. Bereits im Mai 2010 arbeitete „Notch“ exklusiv an „Minecraft“. Der Rest ist Geschichte. „Minecraft“ ist ein Sandbox-Game, das den Spielern auf Basis seiner Klötzchen-Spielwelt enorme Freiheiten schenkt. Gleichzeitig gibt es aber auch den Survival-Modus, der mit Elementen wie Hunger für Spannung sorgt. „Minecraft“ ist Spiel gewordene Kreativität; die Klötzchengrafik lässt dabei viel Raum für Fantasie.

„Minecraft“ wurde für nahezu jede erdenkliche Plattform umgesetzt und gilt auf Portalen wie Twitch und YouTube als Dauerbrenner für Creators. Längst ist das Spiel im Mainstream angekommen. Eine Netflix-Serie zu „Minecraft“ ist ebenso in Planung wie ein Kinofilm mit „Aquaman“ Jason Momoa in der Hauptrolle. Markus „Notch“ Persson ist inzwischen nicht mehr Teil des „Minecraft“-Universums. Das gemeinsam mit Jakob Porsér und Carl Manneh gegründete Studio Mojang wurde 2014 für zweieinhalb Milliarden US-Dollar an Microsoft verkauft. (ob/bpf)

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