IGM: Maria, Jiri, was sind die Ziele der Sustainable Games Alliance?
Jiri Kupiainen: Unser oberstes Ziel ist, Games zur nachhaltigsten Entertainment-Form der Welt zu machen. Wir sind der Meinung, dass die Games-Branche einzigartig ist – denn alles, was wir tun, ist digital. Wir sind also in der Lage, den CO2-Ausstoß wirklich zu reduzieren. Außerdem haben wir in der Games-Branche eine Mischung aus sehr kreativen, aber auch sehr technisch versierten Leuten, die oft über die Welt nachdenken, in der wir leben. Wir haben alle Merkmale einer Branche, die bei Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle spielen kann – das ist unser oberstes Ziel. Ganz konkret wollen wir die Games-Industrie dekarbonisieren, also ein messbares Ziel erreichen. Um das zu schaffen, brauchen wir zunächst weltweit vergleichbare, qualitativ hochwertige Daten über den CO2-Fußabdruck der Games-Industrie. Auf dieser Basis können wir dann die Änderungen diskutieren, die die größte Wirkung entfalten.
Maria Wagner: Dazu gehört auch, dass wir den Spielefirmen bei den kommenden Nachhaltigkeitsvorschriften helfen – denn sie müssen diese ja einhalten. Indem wir einen globalen Standard schaffen, helfen wir ihnen beim Reporting. Wir erhalten dadurch aber auch vergleichbare Daten, die wir für die Dekarbonisierung brauchen.
IGM: Wie kamt ihr auf die Idee, die SGA zu gründen?
Kupiainen: Wir haben 2023 eine Youtube-Dokumentationsreihe namens „10 Weeks To Save The Games Industry“ gefilmt. Wir sind mit dem Zug und dem Bus durch Europa gereist und haben insgesamt 38 Interviews mit Leuten geführt, die die Branche kennen und ziemlich einflussreich sind. Dabei haben wir mit ihnen über das Thema „Games und Nachhaltigkeit“ gesprochen. Nach unserer Rückkehr nach Berlin hatten wir ein Debriefing. Fazit: Der Wille, das Interesse und das Bewusstsein sind da – aber in den meisten Firmen gibt es noch keinen pragmatischen Diskurs darüber, was die Games-Branche unternehmen soll. Die meisten unserer Gespräche auf der Tour drehten sich immer noch um Recycling oder um Ökostrom fürs Büro. Aber niemand hat wirklich über den gesamten Fußabdruck gesprochen: also die Wertschöpfungskette, die Server, die Datenübertragung, die Hardware, den Stromverbrauch der KonsumentInnen und so weiter. Also haben wir uns nach entsprechenden Daten umgeschaut und festgestellt, dass es davon nicht besonders viele gibt. Es war folglich klar, dass jemand etwas in dieser Richtung unternehmen muss.
Wagner: Es gibt einige Reports, aus denen eindeutig hervorgeht, dass die meisten Emissionen „Scope 3“ sind. Das Problem ist: Das Ganze ist sehr schlecht definiert. Zunächst einmal wissen die meisten Leute nicht, was „Scope 1“, „Scope 2“ und „Scope 3“ überhaupt bedeutet [siehe Kasten S. 21]. Es ist wirklich schlecht definiert, wer für welche Art von Emissionen verantwortlich ist, wie man die Emissionen für verschiedene Unternehmen angemessen berechnet, welche Datenquellen man dabei nutzen kann und so weiter. Also viele langweilige und bürokratische, aber auch sehr wichtige Dinge, die es herauszufinden gilt, damit die Branche das umsetzen kann.
Bei Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle spielen
IGM: Ihr habt dafür auch einen Klimaforscher an Bord ...
Wagner: Ja, Dr. Ben Abraham ist unser leitender Wissenschaftler und Mitglied unseres Kernteams. Er arbeitet schon seit über zehn Jahren in dem Bereich und hat ein vielzitiertes Buch geschrieben, es heißt „Digital Games after Climate Change“. Ben ist sehr motiviert und liebt die Details. Man muss sich für diese Dinge interessieren, um wirklich ans Eingemachte zu gehen. Ben hat auch schon alle möglichen großen Spielefirmen bei ihrem Reporting beraten – er kennt also die Probleme, die entstehen, wenn man keine vergleichbaren Daten hat. Es ist wirklich toll, dass wir ihn im Team haben! Wir arbeiten aber auch mit verschiedenen Universitäten und Instituten zusammen. Unser größter Forschungspartner ist zum Beispiel ein europäisches „Horizon“-Projekt. An dem sind mehrere Unis beteiligt, die Games und Nachhaltigkeit erforschen.
IGM: Welche Vorteile haben Firmen, die sich eurer Initiative anschließen? Mal abgesehen von der Tatsache, dass sie damit zum Klimaschutz beitragen.
Kupiainen: Da gibt es zwei Aspekte. Zum einen gibt es natürlich die Sichtweise der Industrie: Es geht ihr darum, an der Diskussion teilzuhaben, wenn wir einen Standard schaffen – wenn wir also herausfinden, wo man Grenzen zieht und wie man Dinge berechnet. Zum anderen hat das aber auch praktische Vorteile. Die größeren Mitgliedsfirmen müssen ab kommendem Jahr der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) Folge leisten. Sie müssen also die Zahlen von 2024 reporten – und wir helfen ihnen dabei. Außerdem sorgen wir für einen aktiven Wissensaustausch zwischen verschiedenen Firmen, denn die CSRD bedeutet eine Menge Arbeit. Wir sorgen dafür, dass die Leute aus verschiedenen Firmen miteinander sprechen und ihre Best Practices und Tipps austauschen.
IGM: Wie sieht eure Unterstützung beim Thema „Scope 3“ genau aus?
Kupiainen: Wir sammeln Daten. Mit am wichtigsten ist, dass alle neuen EU-Verordnungen bei der Wertschöpfungskette oder Lieferkette ansetzen. Vergleicht man also Spielefirma X mit Spielefirma Y, dann ähneln sich sehr wahrscheinlich ihre Wertschöpfungsketten. In der Branche arbeitet man häufig mit denselben Firmen zusammen – mit denselben Cloud-Anbietern, denselben Plattformbetreibern, denselben Publishern. Auch die Games selbst laufen auf den gleichen Endgeräten. Wir können also proaktiv Daten über die Wertschöpfungskette sammeln. Diese Firmen müssen nicht alle selbst zu Facebook, zu den Werbenetzwerken und zu Google gehen, um immer wieder nach denselben Dingen zu fragen.
Wagner: Unser Ziel ist: Die Firmen sollen ihren Einfluss auf die Umwelt so leicht wie möglich verstehen und reporten können. Denn nur so erhalten wir letztlich auch die global vergleichbaren Daten, die wir brauchen, um die Emissionen zu reduzieren. Wir sind auch sehr nah an der täglichen Arbeit der Unternehmen dran, weil wir die Branche verstehen. Man muss sich genau anschauen, wie man die Emissionen reduzieren kann. Man braucht die Daten, um das zu analysieren und um Prioritäten zu setzen – abhängig davon, was den größten Effekt hat.
Kupiainen: Wir veranstalten Schulungen und Workshops, um das Thema Nachhaltigkeit schmackhaft zu machen. Wir versuchen, die Arbeit in sinnvolle Teile zu zerlegen – und recherchieren dann proaktiv die noch unklaren Themen. Außerdem arbeiten wir mit den nationalen Branchenverbänden innerhalb und außerhalb Europas zusammen. Denn die großen Fragen bei EU-Verordnungen ist natürlich immer: Wie werden sie tatsächlich angewandt? Wie werden sie in nationales Recht überführt? Wir arbeiten also proaktiv mit den lokalen Verbänden zusammen, um die kleinen Unterschiede in den nationalen Gesetzgebungen herauszuarbeiten. Und wir helfen den Leuten, sich bei der Compliance sowohl global als auch lokal zurechtzufinden.
IGM: Spielefirmen, die Cloud-Server nutzen, haben unterschiedliche Nutzungsdaten – je nach Größe ihres Spiels. Müssen sie sich diese Daten für das Reporting dann doch selbst beschaffen?
Kupiainen: Unser Ziel ist es, so viele operative Daten wie möglich zu verwenden. Das bedeutet: Wir schauen uns an, wie das jeweilige Game tatsächlich genutzt wird, wie die Server genutzt werden und so weiter. Bei der Emissionsberichterstattung ist es aber auch üblich, sich auf sogenannte Emissionsfaktoren zu beschränken. Das Reporting basiert dann auf der Finanzberichterstattung: Jeder Euro, der für Server ausgegeben wird, entspricht so und so vielen Tonnen CO2. Mit unserem Standard wollen wir eine Entscheidungshilfe geben, wann man die Emissionsfaktoren nutzen kann – und wann man sich lieber die tatsächlichen Betriebsdaten und die zugrunde liegende Emissionsanalyse anschauen sollte. Gerade für kleine Firmen kann es ein ziemlicher Aufwand sein, all diese Daten selbst zu sammeln, außerdem sind ihre Emissionen nicht besonders groß. Der Plan ist also, das wir das Ganze aufschlüsseln, nach dem Motto: „Wenn eure Einnahmen oder Ausgaben unterhalb bestimmter Werte liegen, dann könnt ihr einfach den Emissionsfaktor verwenden.“ Das ist dann in Ordnung, weil es die richtige Größenordnung hat – auch wenn es nicht hundertprozentig korrekt ist.
IGM: Wann genau wird die CSRD eigentlich in deutsches Recht übertragen?
Kupiainen: Sie wird in den nächsten vier Jahren umgesetzt. Die großen börsennotierten Unternehmen mit Sitz in Europa müssen ihre Zahlen ab 2024 oder 2025 melden, das hängt von ein paar Details ab. Danach werden auch die kleineren Firmen mit einbezogen – und auch die nichteuropäischen Firmen, die in Europa bestimmte Schwellenwerte überschreiten. Kleine Indie-Studio hingegen werden noch ein paar Jahre Zeit haben, bevor sie sich darüber Gedanken machen müssen. Die großen Firmen sollten allerdings schon vor einem Jahr darüber nachgedacht haben.
IGM: Welche großen Firmen sind das zum Beispiel?
Kupiainen: Firmen wie Ubisoft und Embracer müssen auf jeden Fall sofort berichten – aber beispielsweise auch Firmen wie Remedy. Ich glaube, dass Remedy nicht unbedingt als großes Unternehmen betrachtet wird – die Firma ist zwar sehr bekannt und respektiert, aber nicht riesig. Allerdings ist Remedy ein börsennotiertes Unternehmen, das aus meiner Sicht alle relevanten CSRD-Reporting-Kriterien erfüllt. Remedy muss also ab dem Geschäftsjahr 2025 Bericht erstatten – das bedeutet, dass sie den Bericht im Jahr 2026 einreichen müssen.
IGM: Angenommen, eine Firma nimmt das Reporting sehr ernst, dann wird sie wahrscheinlich eine hohen Emissionsstatistik haben. Andere Firmen, die sich weniger gründlich daran halten, werden vielleicht niedrigere Emissionsdaten haben – und dadurch unter dem öffentlichen Radar fliegen. Ist das ein Problem?
Kupiainen: Das Schöne an der Verordnung ist ja, dass nun jeder gezwungen ist, sie umzusetzen. Und wenn wir unsere Arbeit richtig machen, wird unser Standard als zuverlässige, vertrauenswürdige und transparente Methode anerkannt werden. Und das wird dann hoffentlich Druck auf die Firmen ausüben, die weniger sorgfältig vorgehen.
Firmen wie Ubisoft und Embracer müssen auf jeden Fall sofort berichten
Wagner: Die Firmen sollten ihr künftiges Geschäftsmodell auch einfach realistisch einschätzen. Die Energiepreise werden steigen und der Klimawandel wird sich auf ihr Business auswirken. Wir sehen das schon jetzt, zum Beispiel bei den Überschwemmungen in Österreich, Tschechien und Polen. Das Emission Reporting zwingt die Firmen nicht nur, ihre Zahlen zu veröffentlichen – es lässt sie auch stärker über ihr Business nachdenken. Also: Wie soll es künftig aussehen? Wie beeinflusst es die Umwelt und umgekehrt? Jede Firma, die das prüft, wird besser auf künftigen Risiken vorbereitet sein. Wenn Firmen das ernst nehmen, werden sie viele Vorteile haben.
Kupiainen: Die CSRD verlangt eine „doppelte Wesentlichkeitsanalyse“ – um einmal deren Terminologie zu verwenden: Man muss eine Bestandsaufnahme von den Klimarisiken machen. Was also sind all die Risiken, die der Klimawandel für das Unternehmen bringt? Ein Entwicklerstudio in Südpolen könnte beispielsweise sehr viel stärker von Überschwemmungen bedroht sein als früher – das ist ein Risiko, das jetzt angegangen werden muss. Die Bestandsaufnahme ist aber auch aus geschäftlicher Sicht von Vorteil. Man muss heutzutage vorausschauend handeln, weil die Dinge viel weniger vorhersehbar sind. In bestimmten Weltregionen werden voraussichtlich viele Akteure Schwierigkeiten mit der Aufrechterhaltung ihrer Stromversorgung bekommen. Sie könnten also – als direkte Auswirkung des Klimawandels – tatsächlich große Einnahmeverluste erleiden.
IGM: Okay, was trägt das dann konkret zur Dekarbonisierung der Industrie bei?
Kupiainen: Beim Reporting geht es nicht nur um die doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Jede Firma muss in ihrem Bericht darlegen, wie der sogenannte Netto-Null-Pfad aussieht. Die Verantwortlichen müssen ihr Business auf Grundlage der Analysedaten wirklich kritisch betrachten. Wir erwarten, dass sie dabei viele Möglichkeiten der Effizienzsteigerung entdecken werden – denn bei Nachhaltigkeit geht es in vielerlei Hinsicht um mehr Effizienz. Das wiederum könnte dazu führen, dass die Firmen Geld sparen. Man wird klüger, was die Server-Nutzung angeht – und lernt, wie man das Unternehmen zwecks Risikovermeidung strukturiert. Sollte der Risikofall nämlich eintreten, käme das vermutlich sehr teuer. Es geht darum, diese Nachhaltigkeitsthemen als integralen Bestandteil der eigenen Geschäftsstrategie zu begreifen.
IGM: Es wirkt, als würden einige Spielehersteller hin und wieder Greenwashing betreiben. Wird das durch die neuen Vorschriften reduziert?
Kupiainen: Ich denke, das wird in den nächsten Jahren ein interessantes Thema werden. Die EU Green Claims Directive (GCD) bezieht sich speziell auf alle grünen oder umweltbezogenen Aussagen, die Firmen gegenüber den VerbraucherInnen treffen – in diesem Fall gegenüber den SpielerInnen. Die GCD ist ziemlich weit gefasst und vieles ab: Branding, Visuals oder auch schriftliche und mündliche Behauptungen, die nahelegen, dass ein Produkt oder Unternehmen umweltfreundlicher ist als die Konkurrenz. Die GCD verlangt von den Firmen, dass sie ihre Behauptungen wissenschaftlich untermauern. Sagt jemand also: „Wir sind grün und kümmern uns um die Umwelt“, dann muss er eine wissenschaftliche Analyse vorlegen, die das tatsächlich beweist. Die GCD wird in den kommenden Jahren in nationales Recht überführt. Ich bin sehr gespannt, wie sich das auf die Kommunikation gegenüber den SpielerInnen auswirkt.
Wagner: Ich glaube nicht, dass Spielefirmen gezielt Greenwashing betreiben. Oft ist es irgendein Projekt, das auf dem Schreibtisch eines Kommunikationsmanagers liegt. Er oder sie ist vielleicht einfach nicht richtig mit dem Thema vertraut. Natürlich wird ein solches Projekt dann immer übertrieben gut dargestellt. Aber ich würde nicht sagen, dass absichtlich Greenwashing betrieben wird.
Kupiainen: Das kann ich nur unterstreichen. Ich kann mich an keinen Gesprächspartner auf unserer Europatour erinnern, bei dem ich das Gefühl hatte, dass er absichtlich etwas Schlechtes tut. Es ist viel mehr so: Manche Leute denken, dass sie etwas Gutes tun, sind aber nicht genug mit der Komplexität des Klimawandels, der grünen Transformation und der entsprechenden Regulierung vertraut. Das mag naiv erscheinen, aber es ist immer gut gemeint. Aufgabe der SGA ist es, die Leute aufzuklären und ihnen zu sagen: „Hey, was ihr gemacht habt, ist wirklich toll. Aber es gibt hier ein paar Dinge, die ihr beachten solltet, und ein paar Ideen, wie wir das noch wirkungsvoller und regulierungskonformer machen können.“
Aufgabe der SGA ist es, die Leute aufzuklären
IGM: Solche Vorschläge werden womöglich nicht immer gerne gehört ...
Kupiainen: Es ist ein bisschen traurig ... eine Handvoll Firmen hat wirklich schon früh versucht, das Richtige zu tun. Sie haben jahrelang mit absolut guten Absichten Emissionszertifikate gekauft und ihre Emissionen kompensiert. Ihnen war aber vielleicht nicht bewusst, wie schlecht viele dieser Kompensationsprojekte gemanagt werden. Ich glaube, dass es eine Art Burnout erzeugt, wenn man überzeugt davon war, das Richtige zu tun – und jetzt in den Nachrichten lesen muss, dass das nutzlos war oder sogar negative Auswirkungen hatte. Das führt dann zu der Frage, warum man es überhaupt versuchen soll. Deshalb ist es unsere Aufgabe, diese Themen wirklich zu durchdringen – und sie in eine Sprache zu übersetzen, die bei den Gaming-CEOs ankommt. Diese Materie ist unglaublich komplex! Wenn jemand ein Unternehmen leiten muss, kann man nicht von ihm erwarten, dass er das alles auch noch zusätzlich durchschaut. Lasst uns also zusammenarbeiten, um das Thema zu durchdringen! So können wir dafür sorgen, dass jeder wirkungsvolle, positive Dinge tun kann, ohne wahnsinnig viel Zeit zu investieren.
Wagner: Dennoch ist es sehr wichtig, dass die Leute Verantwortung übernehmen. Wir können nicht weiterhin sagen: „Oh, wir sind eine neue Branche, wir wissen nichts über dieses Thema.“ Natürlich müssen wir beim Thema Nachhaltigkeit erwachsen werden und Verantwortung übernehmen.
IGM: Was sind als SGA eure nächsten Schritte?
Kupiainen: Das Wichtigste ist: Wir haben Mitgliedsfirmen, die CSRD-Reports für das Geschäftsjahr 2024 einreichen müssen. Wir tun unser Möglichstes, damit dieses Reporting stattfinden kann. Und zwar so, dass damit die Grundlage für ein langfristiges Funktionieren in der Games-Branche gelegt wird. Im Moment gehen wir davon aus, dass wir im nächsten Frühjahr die ersten Berichte unserer Mitglieder veröffentlichen können. Wir sollten dann die erste Vollversion unseres Standards haben: Sie wird für alle Spielefirmen frei verfügbar sein, nicht nur für Mitglieder. Das andere große Ereignis des kommenden Jahres wird sein, dass wir vergleichbare Daten bekommen – sobald eben die Unternehmen ihre Berichte erstellen und denselben Standard befolgen. Dann können wir anfangen zu berichten, wie der tatsächliche globale Fußabdruck der gesamten Branchen-Wertschöpfungskette aussieht, wie er sich aufschlüsselt und was die größten Baustellen sind. Sobald wir diese Daten haben, werden wir als Branche besser darüber sprechen können, welche Maßnahmen den größten Effekt haben. Und auch darüber, was wir als Branche tun können, um den Gaming-Fußabdruck zu verringern.
Empfehlungen und Best Practices
IGM: Was werdet ihr dann euren Mitgliedsfirmen konkret bieten können?
Kupiainen: Sobald wir die Daten haben, können wir ein Benchmark durchführen. Dann können wir den Mitgliedsfirmen sagen: „Hey, wir haben die Reports von ähnlichen Firmen. Jetzt lässt sich klar erkennen, in welchen Bereichen es am meisten zu tun gibt und in welchen Bereichen ihr schon jetzt sehr gut seid.“ Wir werden dann hoffentlich viele Mitglieder haben, was den Wissensaustausch erleichtert. Wir können ihnen dann mehr als nur einfache Tipps geben wie den, dass sie sich mal ihre Cloud-Infrastruktur anschauen sollten. Wir können zum Beispiel auch sagen: „Hey, es gibt hier ein paar Firmen, die das gerade schon gemacht haben. Wenn alle einverstanden sind, können wir euch connecten und ihr findet gemeinsam eine Lösung. Vielleicht könnt ihr dadurch die Emissionen reduzieren – und alle gewinnen dabei.“ Außerdem erhalten wir eine Reihe von Empfehlungen und Best Practices. Die können wir dann systematisieren und mit der gesamten Branche teilen. Vielleicht finden wir etwas, was wir Amazon, Google und Microsoft vorlegen können, nach dem Motto: „Wir haben herausgefunden, was ihr tun könnt, um den Fußabdruck eurer Kunden zu verringern.“ Das sind so die Dinge, auf die wir uns mit Blick auf das kommende Jahr freuen. Und dann schauen wir uns auf jeden Fall auch noch die EU-Richtlinien für VerbraucherInnen an, also die Green Claims Directive und andere. Wir prüfen, wie wir den Spielefirmen helfen können, über ihre grünen Bemühungen zu sprechen. Vielleicht können wir auch ein Zertifizierungsprogramm starten, weil das ja von der GCD vorgeschrieben wird. Das ist aber ein längerfristiges Ziel. Wir müssen erst noch abwarten, wie die GCD tatsächlich umgesetzt wird.
Wagner: Für die Branchenverbände wird es natürlich hilfreich sein, einen Standard zu haben. So können sie auch gegenüber der Politik kommunizieren, wo die Games-Branche in Sachen Nachhaltigkeit steht. Wir haben es ja schon erlebt: Förderprogramme haben oft Kriterien, nach denen nur „nachhaltige“ Firmen gefördert werden können. Viele Förderinstitutionen wissen aber gar nicht genau, was das im Hinblick auf die Games-Branche bedeutet. Genau das wollen wir ihnen vermitteln. Das alles wird große Auswirkungen haben – nicht nur auf einzelne Firmen, sondern auf die gesamte Industrie. Wir werden mehr gesichertes Wissen darüber haben, was eigentlich genau mit Nachhaltigkeit gemeint ist. (Achim Fehrenbach)