IGM: Gratulation, euer Format Game Two hat den Vorgänger Game One gerade bei der Anzahl der Folgen überholt. Was waren die wichtigsten Stationen?
Tim Heinke: Zuerst ging es bei Game Two darum, eine eigene Identität zu finden. Wir haben mit einem Konzept angefangen, das relativ weit von dem entfernt ist, was wir jetzt machen. Am Anfang war das eine richtige Live-Produktion mit Talk-Parts im Studio. Irgendwann haben wir gemerkt, dass das Ganze etwas undynamisch ist – und davon sind wir dann weggegangen. Es war ein großer Schritt, sich zu fragen: „Okay, was ist Game Two eigentlich? Was wollen wir? Wo hört Game One auf und wo fängt Game Two an?“ Das musste sich erst mal finden.
IGM: Was sind die Hauptunterschiede zwischen beiden Formaten?
Heinke: Der große Unterschied ist das Team im Hintergrund. Da sind Veteranen von Game One mit dabei, aber auch viele neue Leute, die entweder zum Start von Game Two mit dazukamen oder im Laufe des Zeit dazugestoßen sind. Im Team bestand schon immer der Wunsch, Game Two auch eine journalistischere Facette zu verleihen. Man merkt das zum Beispiel bei der „Gollum-Folge“ 307, die ziemlich hohe Wellen geschlagen hat, oder auch bei Themen wie Hogwarts Legacy, Atomic Heart oder Kingdom Come: Deliverance. Das sind Themen, an die wir sachlich, journalistisch und mit einer gewissen Ernsthaftigkeit herangehen. Das gab es in dieser Ausprägung früher bei Game One nicht.
IGM: Welche Unterschiede gibt es noch?
Heinke: Wir haben inzwischen mehr filmisches Know-how im Team und mehr technische Möglichkeiten. Das Motto von Game One war immer „Hauen und Pappe“. Das gehört auch bei Game Two dazu, dieser Do-it-yourself-Charme mit selbstgebauten Sets und Kostümen und so weiter. Aber über die ganzen Jahre hinweg ist das schon ziemlich professionell geworden, auch was die Inszenierung angeht. Und damit spielt Game Two immer mehr. Wir sagen: Okay, wir können „Hauen und Pappe“, aber wir können eben auch ein bisschen mehr.
Arno Heinisch: Hinzu kommt, dass unsere Auftraggeber funk und ZDFneo öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten sind – und MTV ein Privatsender ist. Unser journalistischer Ansatz passt natürlich wesentlich besser zu einem öffentlich-rechtlichen Sender als zu einem Musiksender.
IGM: Wie hat euer Publikum eigentlich auf die „Gollum-Folge“ reagiert?
Heinke: Wir hatten im Vorfeld ein bisschen Angst, was die Reaktionen unserer Kern-Community angeht, weil die Folge schon sehr speziell ist. Das ist eine inhaltlich ganz ernste Folge, die sich auch formal von den anderen Folgen unterscheidet. Wir wussten nicht, wie das ankommt – einfach deshalb, weil es eigentlich nicht das ist, wofür Game Two bekannt ist und was sonst bei uns samstags auf dem Channel läuft. Aber das Feedback war total positiv! Die Community hat sich direkt mehr davon gewünscht und hat diese neue Facette von Game Two total unterstützt. Auch das Feedback aus der Branche war extrem positiv. Leute, die in Entwicklungsstudios arbeiten – vielleicht sogar früher bei Daedalic gearbeitet haben –, waren dankbar dafür, dass wir das Thema „Betriebskultur“ angesprochen haben.
Die Community hat sich direkt mehr davon gewünscht
IGM: Wie aufwendig war die Folge im Vergleich zu dem, was ihr sonst so macht?
Heinke: Das kann man wirklich nicht vergleichen, weil das eine ganz andere Produktionsweise ist. Wir sind ja sonst wochenaktuell und haben einen circa dreiwöchigen Rhythmus, in dem wir Themen bearbeiten. Das umfasst Recherche, die Produktion der Einspielfilme, Requisiten, Kostüme und so weiter und so fort. Folge 307 war aber eine klassische Reportage, für die der verantwortliche Redakteur Sebastian Tyzak monatelang recherchiert und Gespräche mit Beteiligten geführt hat. Das war aber nur möglich, weil wir es geschafft haben, ihn aus der übrigen Game-Two-Produktion weitgehend rauszunehmen. Der Rest des Teams hat währenddessen die Sendung getragen und Sebastian die Möglichkeit gegeben, dieses Thema zu bearbeiten.
IGM: Plant ihr, solche investigativen Folgen häufiger einzustreuen? Es gibt ja genügend Missstände in der Games-Branche, über die es sich zu berichten lohnt ...
Heinke: An Themen mangelt es auf keinen Fall. Der Formatkern von Game Two ist zwar wie gesagt ein anderer, aber wir überlegen gerade zusammen mit ZDFneo, wie wir das in Zukunft häufiger umsetzen können. Wir haben auf jeden Fall Lust, solche Themen zu machen, wenn sich die Chance dazu bietet. Wir haben das jetzt mit der Community abgeklärt, auch die findet es gut und wünscht sich mehr davon. Wie sich das vom Aufwand her umsetzen lässt, werden wir nächstes Jahr sehen.
Heinisch: Rocket Beans ist an dieser Stelle ja Auftragsproduzent – deshalb muss ein möglicher Mehraufwand dann auch verhandelt werden. Das Team von Game Two kann nicht einfach so – neben dem üblichen Output – noch vier, fünf investigative Spin-Offs im Jahr produzieren. Das Team müsste dann entsprechend aufgestockt werden und die richtigen Leute müssten darauf angesetzt werden.
Heinke: Wir sollten auch nicht in Zugzwang geraten, jede Woche ein neues Investigativ-Thema finden zu müssen. Lieber warte ich darauf, dass wir ein Thema finden, das sich wirklich lohnt. Wir wollen uns nicht irgendwelche Themen aus den Fingern saugen müssen.
IGM: Wie sieht eigentlich eure Zielgruppe aus?
Heinke: Der Kern unserer Community ist wirklich schon sehr lange dabei. Das sind Leute, die zu GIGA-Zeiten noch sehr jung waren, dann Game One geschaut haben und zwischenzeitlich vielleicht selbst Kinder bekommen und denen Rocket-Beans-Strampler angezogen haben. Und jetzt haben sie wiederum die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Kindern Game Two zu schauen – dasselbe Format von denselben Leuten, die sie damals schon geschaut haben, als sie noch klein waren. Das ist natürlich mega cool! Das macht uns auch richtig stolz. Es ist schon einfach krass, dass wir mittlerweile mehr Folgen als Game One haben, dass dieses Projekt immer noch da ist – natürlich in leicht abgeänderter Form.
Heinisch: Das läuft jetzt seit 2006! Wir haben bald 20 Jahre Game One und Game Two und das ist schon eine Ansage, auf jeden Fall!
Heinke: Genau – und das bringt natürlich mit sich, dass die Leute auch älter werden. Was jetzt beispielsweise dazu geführt hat, dass wir von funk zu ZDFneo gewechselt sind, weil unsere Kern-Community nicht 14 ist, sondern vielleicht schon um die 30.
Heinisch: Wir haben immer wieder Feedback bekommen: „Werdet ein bisschen weiblicher, werdet ein bisschen jünger, ihr werdet langsam zu alt für die funk-Zielgruppe, die 14- bis 29-Jährige im Fokus hat.“ Und da musste man natürlich das Format ein Stück weit verbiegen. Irgendwann ist dann die Idee entstanden, es stattdessen für ZDFneo zu machen.
Heinke: Wir sind wirklich genau am Scheidepunkt zwischen der ganz jungen Zielgruppe, die von funk abgedeckt wird – und der etwas älteren Zielgruppe, die ZDFneo schaut. Bei funk haben wir die ältesten ZuschauerInnen bedient und bei ZDFneo bedienen wir jetzt die jüngsten. Dass wir jetzt diese Zielgruppe haben, ist top, weil wir selbst in diesem Alter um die 30 sind. Ich finde es cringe, wenn sich ältere Leute ein Programm für ganz junge Leute ausdenken müssen – das funktioniert einfach nicht. Wir wissen, was uns selbst interessiert. Und wir können jetzt ein Programm für Leute in unserem Alter machen. Das ist super.
Nicht in Zugzwang geraten, jede Woche ein neues Investigativ-Thema finden zu müssen
IGM: Was waren – über die Jahre hinweg – die wichtigsten inhaltlichen Veränderungen bei Game Two?
Heinke: Wir haben immer wieder Spezialfolgen produziert, die technisch und inhaltlich andere Wege gegangen sind. Wir haben zum Beispiel live on tape eine Show in einer Skihalle gemacht – eine klassische Samstagabend-Show im Stil von „Wetten, dass ..?“. Oder wir hatten auch eine Folge, die du mit einer VR-Brille anschauen kannst – du stehst mitten im Studio, drehst dich in alle Richtungen und kannst überall was entdecken. In Folge 100 haben wir einen Kurzfilm gedreht – ganz ohne Videospiele, sondern einfach von der ersten bis zur letzten Minute Film. In Folge 300 haben wir das Musical „Die Geschichte der Videospiele“ gemacht – als One-Shot! Und jetzt eben auch die Investigativ-Reportage zu Gollum. Wir haben in Game Two also einfach viel mehr ausprobiert und verschiedene Formen gefunden, wie man Videospiele inszenieren kann. Das ist – glaube ich – eine große inhaltliche Neuerung, die auch mega Spaß macht. Weil es einfach total cool ist, sich immer wieder auszuprobieren und neue Wege zu finden, irgendwas mit Videospielen zu machen.
IGM: Ende 2021 habt ihr euch mit Rocket Beans TV vom 24-Stunden-Programm verabschiedet. Um die Kapazitäten besser bündeln zu können?
Heinisch: Genau. Zum einen haben 80 bis 85 Prozent der ZuschauerInnen unsere Inhalte über Video on Demand geschaut. Zum anderen haben wir auch nach Ende des 24-7-Programms noch 1000 Shows und 1400 Stunden Content alleine im letzten Jahr produziert, ohne dass wir einen Auftraggeber dafür hatten. Die Inhalte, die zum Teil live gesendet wurden, sind eben einfach VOD-Inhalte. Also prüfen wir jetzt, was Sinn macht – und was nicht. Alle Inhalte, die live Sinn ergeben, senden wir Donnerstagabend und Freitagabend. Große Events senden wir am Samstagabend. In unserem 2021 gegründeten Artist Management haben wir inzwischen neun Leute unter Vertrag, die Let‘s Plays auf Twitch streamen. Im Endeffekt machen wir live sogar mehr als früher. Inhalte wie das wöchentliche Kino Plus oder die Sendung Bohndesliga haben live keinen richtigen Mehrwert, weil sie keine interaktiven Bestandteile haben. Das heißt, wir zeichnen die einfach auf und laden sie dann hoch. So viel hat sich also gar nicht geändert – außer dass wir das Korsett abgelegt haben, jeden Tag live sein zu müssen. Das sollte auch Ressourcen freisetzen, die Qualität der Inhalte sollte mehr in den Fokus rücken und nicht so sehr die Quantität im Vordergrund stehen. Wobei 1000 Shows und 1400 Stunden Content immer noch eine Riesenmenge an Output sind, die wir aus eigener Kraft stemmen und refinanzieren.
Lisa Handirk: Es hat uns ja 2015 niemand darum gebeten, einen 24-7-Stream auf Twitch zu machen. Wir haben uns damals ein bisschen entgegen den Plattform-Gewohnheiten verhalten, indem wir teilweise Aufzeichnungen gesendet haben. Auf anderen Internet-Fernsehplattformen wie Zattoo und Weipu.tv funktioniert das natürlich deutlich besser – und dort sind wir auch weiterhin als Sender rund um die Uhr verfügbar. Wie aber Arno schon sagte: Wenn etwas live Sinn ergibt, dann ist es live – und das wissen die ZuschauerInnen seit unserer Umstrukturierung auf YouTube und Twitch auch.
IGM: Ihr habt also auch StreamerInnen unter Vertrag. Nach welchen Kriterien habt ihr die ausgewählt?
Handirk: Das sind zu einem größeren Teil Talente aus unseren eigenen Reihen. Darüber hinaus haben wir in diesem Jahr erstmals StreamerInnen gesigned, die zuvor in unserem Umfeld aktiv waren und die unser Portfolio gut ergänzen.
IGM: Im Internet wimmelt es ja von Content Creatorn, gerade bei Games. Seht ihr die als Konkurrenz – oder fühlt sich das eher wie ein Nebeneinander an?
Handirk: Jeder Mensch hat nur ein gewisses Freizeitkontingent, das er mit Content füllen kann – aus dieser Sicht ist es natürlich eine Art Konkurrenz. Seit Gründung unseres Senders im Jahr 2015 hat sich die Streaming-Branche stark weiterentwickelt. Mittlerweile streamt jeder, der möchte, aus dem eigenen Wohnzimmer. Deshalb ist das – mit Blick auf das Zeitkontingent – natürlich ein Wettbewerb. Aber in der Machart unterscheiden wir uns schon von vielen StreamerInnen – im Programm von Rocket Beans TV steht ein größeres Kollektiv vor der Kamera und wir haben eine eher fernsehartige Produktion. Ich glaube, wir ergänzen und erweitern das Angebot von Content Creatorn für alle ZuschauerInnen, die etwas mehr Production Value schätzen, gut. Letztendlich spielt Rocket Beans TV aber im Personality-Business mit: Die Leute schalten ein, weil sie bestimmte Leute vor der Kamera sehen wollen – und weniger für die inhaltliche Berichterstattung. Diese Art der Berichterstattung finden ZuschauerInnen dann eher bei Game Two. Aber ein Quiz-Format von Rocket Beans TV lebt mindestens zur Hälfte davon, dass unsere Leute vor der Kamera stehen. Die ZuschauerInnen sagen sich eher nicht: „Oh, jetzt habe ich mal richtig Lust, vor dem Bildschirm mitzurätseln, völlig egal, wer dabei zu sehen ist.“
Wenn etwas live Sinn ergibt, dann ist es live
IGM: Stichwort Plattformen: Es gibt ja dieses ominöse TikTok. Wie gut passt das zu euch?
Handirk: Wir haben da mit Rocket Beans TV seit August 2022 einen Kanal, allerdings sind wir noch in einer Ausprobierphase, welche Inhalte gut funktionieren – und welche weniger gut. Der TikTok-Algorithmus ist ja jetzt nicht wahnsinnig durchschaubar, wir sind teilweise selbst überrascht, welcher Content da plötzlich hohe Reichweiten erzielt. Eigentlich ist TikTok ja eine Plattform, die sich eher an eine jüngere Zielgruppe richtet. Erstaunlicherweise lese ich aber bei Postings, die sechsstellige Reichweiten erzielen, häufig Kommentare wie: „Ach, das sind doch die, die ich früher bei GIGA gesehen habe, was machen die denn jetzt eigentlich?“
IGM: Wie erklärt ihr euch das?
Handirk: Offenbar sind auf TikTok Leute aktiv, die Game One oder Rocket Beans TV nicht bewusst wahrgenommen haben – denen dort jetzt aber zum Beispiel Ausschnitte aus dem Talk-Format „Almost Daily“ vorgeschlagen werden, in denen sich Nils und Etienne darüber unterhalten, wie sie ihre Kinder erziehen. So stoßen Leute auf diese Gesichter, die sie schon seit 20 Jahren kennen. Ich fand das angesichts der vermeintlich jungen Nutzergruppe ein bisschen kurios. Aber prinzipiell wünschen uns natürlich schon, unsere bestehende Zielgruppe durch TikTok zu vergrößern und auch zu verjüngen.
IGM: Sprechen wir ein bisschen übers Geld. Was sind eigentlich eure wichtigsten Einnahmequellen?
Heinisch: Das muss man getrennt betrachten. Bei Auftragsproduktionen erhalten wir ein Budget für eine Sendung und für eine bestimmte Anzahl an an Folgen. Davon bezahlen wir das Team und am Ende bleibt eine Marge übrig – so funktioniert einfach die TV-Auftragsproduktion. Unser Rocket-Beans-TV-Programm refinanzieren wir durch mehrere Einnahmequellen. Bei Merch ist es so: Die Leute bestellen die Klamotten und wir machen eine Marge – mal mehr, mal weniger. Unsere RBTV-Programminhalte refinanzieren wir zum einen durch den Rocket Beans Supporters Club, bei dem momentan rund 12.500 Leute dabei sind.
IGM: Wie funktioniert der genau?
Heinisch: Wir nennen es immer die „Paywall of Love“, weil sie bei null beginnt. Die Leute überweisen freiwillig einen monatlichen Betrag, der meist zwischen fünf Euro und 20 Euro liegt – da kommt bei 12.500 Supportern einiges zusammen. Das ist hochgerechnet um die eine Million Euro an Einnahmen, die wir durch den Rocket Beans Supporters Club im Jahr haben. Außerdem haben wir die Distributionseinnahmen, also die Einnahmen von YouTube. Twitch dürfen wir leider nicht monetarisieren, weil wir dort nicht exklusiv sind – vielleicht ändert sich das aber demnächst infolge der abgewandelten Twitch-Richtlinien. Waipu.tv und Zattoo bringen auch Geld. Die größten Einnahmen zur Refinanzierung des RBTV-Contents kommen über die Sales-Abteilung. Das ist ein fünfköpfiges Team, das verschiedene Produktintegrationen verkauft. Es gibt zum Beispiel Sponsoren von Sendungen oder auch Branded-Content-Formate. Wenn also beispielsweise eine Fritz-Kola-Flasche in einem Bohndesliga-Set steht, dann ist dem eine Verhandlung der Sales-Abteilung vorangegangen.
Wir nennen es immer die 'Paywall of Love'
IGM: Seit April habt ihr eine Kooperation mit Studio 71. Worum geht es da genau?
Heinisch: Studio 71 gehört zur ProSiebenSat1-Familie und vermarktet jetzt unsere VODs auf YouTube. Da springt ein bisschen mehr dabei heraus als über die Vermarktung bei YouTube selbst, was auch einer der Gründe für den Wechsel war. Ein weiterer Grund ist, dass es sich um eine strategische Partnerschaft handelt. Joyn ist zum Beispiel eine sehr spannende Distributionsplattform für uns – wir sind regelmäßig im Austausch, um gemeinsame Projekte auszuloten. Sowohl im Hinblick auf Rocket Beans TV, weil wir da Vermarktungspartner sind – als auch im Hinblick auf Auftragsproduktionen.
IGM: Wie können die beispielsweise aussehen?
Heinisch: Rocket Beans ist ziemlich gut bei Events. Wir haben ein Fußball-Golf-Turnier mit Drohnen- und LiveU-Kameras veranstaltet, ein Eislauf-Turnier und ein Rennen mit ferngesteuerten Autos. Wir haben 24 Stunden am Stück live das Format „Haus an Haus“ gesendet – dabei haben zwei Teams in zwei Studios in unseren Häusern gegeneinander gekämpft, mit einem Schuss „Big Brother“. Wir machen regelmäßig ein Versteckspiel mit dem Titel „Wo sind denn Alle?“, bei dem sich die Leute in unseren drei Häusern verstecken und der Moderator sie suchen muss – und das Ganze zusätzlich auf Instagram live gestreamt wird. Ich könnte mit solchen Beispielen noch ewig weitermachen. Also: Wir haben sehr, sehr viele RBTV-originäre Events gemacht, weil wir da einfach Bock drauf hatten. Das ist aber jeweils ein riesiger Aufwand. Das heißt, unsere Sales-Abteilung muss dafür Sponsoren finden, was sie auch die ganze Zeit macht. Die strategische Partnerschaft mit ProSiebenSat1 eröffnet aber ein riesiges Potenzial, weil wir solche Geschichten auch für Joyn als Auftragsproduzent machen können. Und da sind wir jetzt gerade in Gesprächen.
IGM: Die Medienbranche insgesamt – und auch ihr konkret – wurdet durch verschiedene Krisen in den vergangenen Jahren stark herausgefordert. Wie sehen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für euch mittlerweile aus?
Heinisch: Auch da muss man zwischen Auftragsproduktionen und RBTV-originären Programmen unterscheiden. Bei den Auftragsproduktionen hat sich nicht viel geändert. Bei den Privaten sitzt der Gürtel jetzt vielleicht etwas enger. Aber wenn man gute Kontakte hat und gute Ideen pitcht, funktioniert das Auftragsproduktionsgeschäft nach wie vor. Deutlich mehr Einfluss hat die wirtschaftliche Situation natürlich auf unsere RBTV-originären Programme. Als Corona losging, wurden die Budgets gekürzt, weil die Leute Angst hatten und nicht wussten, was noch passieren würde. Manche Marketing-Abteilungen wurden dazu angehalten, alle Budgets pauschal um 50 Prozent zu kürzen. Und da gibt es halt einerseits siebenstellige Beträge für Bierwerbung bei der Fußball-Nationalmannschaft – und andererseits kleinere sechsstelligen Beträge, die bei Rocket Beans landen. Das fühlte sich für uns natürlich ein bisschen unfair an, wenn beide Budgets pauschal um 50 Prozent gekürzt werden – vor allem, weil Rocket Beans TV ein totales Leidenschaftsprojekt ist. Aber da wurden keine Ausnahmen gemacht.
IGM: Wie ging es dann weiter?
Heinisch: In der Pandemiezeit hat sich das zum Glück schnell wieder normalisiert – auch bei uns im Sendebetrieb. Wir haben zunächst viel aus den Wohnzimmern unserer ModeratorInnen gesendet und unserer Reichweite erheblich gesteigert. Budgetmäßig haben wir die beiden Corona-Jahre gut überstanden. Aber das Krisenjahr danach mit Ukraine-Krieg, Rezession und Inflation hat spürbare Auswirkungen auf uns gehabt. Wir merken gerade, dass sich das wieder ein bisschen bessert – wobei die aktuelle Weltlage jetzt nicht unbedingt zur Beruhigung beiträgt. Von so etwas sind wir also auf jeden Fall abhängig. Wenn die Werbewirtschaft einbricht, wenn die Fernsehsender mit klassischer Werbungen wesentlich weniger verdienen – dann hat das natürlich auch Einfluss auf uns.
IGM: Die Games-Branche scheint gerade zu kriseln. Was bedeutet das für eure journalistischen Schwerpunkte?
Heinke: Was genau passieren wird, kann aktuell noch niemand wissen. Ich glaube, es ist nach wie vor sehr wichtig, dass die Leute seriös informiert werden – auch wenn mittlerweile jeder aus seinem Wohnzimmer streamen kann. Es ist nach wie vor ultra wichtig, dass wir öffentlich-rechtliche Sender und eine unabhängige Berichterstattung haben. Dass es JournalistInnen gibt, die seriös und neutral über die Veränderungen in der Branche berichten. Genau deshalb machen wir unseren Job auch weiterhin. Wir versuchen, umfassend zu informieren – und die Liebe zu Videospielen unter die Leute zu bringen. (Achim Fehrenbach)