Achtung, Limited! Evolution und Stellenwert von gebrandeter Peripherie

Was selten und limitiert ist, weckt Begehrlichkeiten. Auch Spielehersteller haben dies längst erkannt und bringen seit mehr als zwei Jahrzehnten limitiertes Zubehör auf den Markt. IGM beleuchtet die Evolution dieses Trends, analysiert Gründe für diese Art von Peripherie und stellt einige besonders erfolgreiche und kuriose Exemplare vor.
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Das Phänomen limitierter Peripherie reicht streng genommen zurück bis in die Ära des Nintendo Entertainment System (kurz NES). Nintendo hatte damals die Idee, seinem beliebten Kundenmagazin Nintendo Power immer wieder mal Klebefolien zum Verschönern von NES-Pads beizulegen. Einer der ersten Sticker dieser Art zeigte die Umrisse einer weißen Comic-Figur, der die Haare zu Berge stehen und war so konzipiert, dass die Tasten „Select“ und „Start“ die Augen der Person darstellten. Die Aufkleber erfüllten durch die Kopplung an eine bestimmte Magazinausgabe bereits das Kriterium „limitiert“ und fanden aufgrund ihrer Beliebtheit schnell zahlreiche Nachahmer in der Zubehörindustrie.

Nintendo: Vorreiter in Sachen Limited Editions
Bis der Trend von limitiertem Zubehör so richtig ins Rollen kam, dauerte es allerdings noch bis in die zweite Hälfte der 1990er-Jahre. Nintendo legte 1996 einen fulminanten Start mit seiner 3D-Konsole Nintendo 64 hin und freute sich allein im ersten Release-Jahr über mehr als 3,6 Millionen verkaufte Einheiten. Danach jedoch tat sich die Konsole aufgrund der teuren Modulpreise, Verzögerungen bei wichtigen First-Party-Entwicklungen und schwindendem Third-Party-Support zunehmend schwerer, gegen die wachsende Übermacht von Sonys CD-basierter PlayStation anzukämpfen. In eben dieser schwierigen Phase nahmen die Japaner zahlreiche Anpassungen ihrer Strategie vor. Um die Attraktivität der Hardware zu steigern und im medialen Duell mit Sony nicht ins Hintertreffen zu geraten, erschienen zunehmend Sondereditionen von Controllern und der N64-Konsole. Sei es nun die transparent gehaltene „Funtastic“-Serie, die knallige „Nintendo Pikachu Edition“, das „N64 Pokémon Stadium Battle Set“ oder das damals ausschließlich in den USA via Toy R Us angebotene Set aus goldenem Nintendo 64 mit zwei farblich passenden Controllern – Nintendo verstand es früh und wie kein anderer im Games-Business, durch limitierte Produkte für Aufmerksamkeit zu sorgen.

Wer es noch exklusiver mochte, wurde zudem immer wieder bei zeitlich limitierten Community-Aktionen des bereits erwähnten Kundenmagazins Nintendo Power fündig. Um den Jahrtausendwechsel zu zelebrieren, verloste die direkt von Nintendo konzipierte Zeitschrift zum Beispiel insgesamt 1000 Exemplare des sogenannten Millennium Controllers. Im Kern ein reguläres N64-Pad, das sich jedoch optisch besonders durch seine silberne Front, ein spezielles Logo und nahezu komplett in Schwarz gehaltene Aktionstasten von der Masse abhob. Derzeit rangieren Preise für diesen Controller übrigens – je nach Zustand und Anbieter – zwischen 850 und knapp 9300 Euro. Ob man bei Nintendo schon damals ahnte, welchen Langzeitwert solche Güter einmal entwickeln würden? Vermutlich nicht.

 

Doch der Aufwand lohnte sich

 

Fest steht aber, dass Nintendos Erfolg in diesem Sektor die Konkurrenz beflügelte, nachzuziehen – allen voran Sega. Geht es nach der Datenbank des auf Konsolen- und Controller-Varianten spezialisierten Portals consolevariations.com, dann hat Sega während der Dreamcast-Ära allein 37 offizielle Controller-Varianten auf den Markt gebracht. Die meisten davon in Japan und zahlreiche nur in Kombination mit einer Special-Edition-Konsole oder einem kommerziell erfolgreichen Spiel, wie etwa der Puzzle-Action-Überraschung „ChuChu Rocket!“ oder der bizarren, per Mikrofon gesteuerten Simulation „Seaman“.

Nintendo wiederum legte eine Generation später noch mal nach und konterte mit diversen Pad-Varianten, die oft nur dann zu haben waren, wenn man dem Kundenbindungsprogramm Club Nintendo beitrat und dort durch Spielekäufe gesammelte Punkte in die entsprechende Prämie investierte. Doch der Aufwand lohnte sich. So konnten Spieler in Japan unter anderem an den streng limitierten Mario-, Luigi-, Wario- oder Club-Nintendo-Controller gelangen, während in Europa der Mario-Controller in einer eigenes für dieses Territorium angefertigten Box ausgeliefert wurde. Speziell Letzterer zählt heute noch zu den seltensten N64-Zubehörobjekten und hat über die Jahre teils beträchtliche Wertsteigerungen erfahren. Ein weiterer Grund, warum Kunden gerne in limitierte Peripherie investieren.

Nicht unterschlagen möchten wir darüber hinaus den Chainsaw Controller für den GameCube samt „Resident Evil 4“-Logo – ein nur 5000 Mal gefertigtes, jedoch offiziell lizenziertes Eingabegerät von Dritthersteller Nuby. Der Clou hier: Das Pad ist tatsächlich in den unteren Teil einer blutverschmierten Plastikkettensäge eingelassen und bildet sozusagen dessen Motor. Hinzu kommt, dass sich jedes Pad dieser Reihe im Hinblick auf die Position von Blutspritzern und Färbung ganz leicht von anderen Varianten unterscheidet – ein Umstand, der das Sägen-Imitat für Sammler umso interessanter machte.

Positiver Nebeneffekt solcher Produkte: Treffen visuelle Einzigartigkeit und clever begrenzte Stückzahlen aufeinander, stehen die Chancen gut, dass Fans der mit dem Produkt gekoppelten Marke (in diesem Fall „Resident Evil“) sich auch Jahre und Jahrzehnte später noch für das Zubehör interessieren. Wer sehenswerte Limited-Edition-Peripherie auf den Markt bringt, trägt also immer auch zur langfristigen Stärkung und Medienpräsenz einer Marke bei.

 

Langfristige Stärkung und Medienpräsenz einer Marke

 

Manchmal punktet gebrandetes Zubehör aber auch einfach mit nützlichen Zusatzfunktionen. Paradebeispiel hierfür ist der „GameCube Keyboard Controller“, der damals exklusiv in Japan zusammen mit dem Online-Rollenspiel „Phantasy Star Online“ erschien und zwischen der linken und rechten Hälfte eines Standard-GameCube-Controllers mit einer Tastatur auftrumpfte. Weniger schön: Das Pad selbst ist komplett in Weiß gehalten und zeigt das „Phantasy Star“-Logo lediglich auf der Verpackung.

Frontblenden sahen toll aus, verkauften sich aber nicht
Womit wiederum die Brücke zu Microsoft geschlagen wäre. Spätestens mit dem Release der Xbox 360 im Jahr 2005 legte man auch in Redmond großen Wert auf das Thema Zubehör-Branding und zelebrierte dies in der Anfangszeit insbesondere in Form einer Vielzahl von austauschbaren Frontblenden für die eigentliche Konsole. Egal, ob „Assassin’s Creed“, „BioShock“, „Gears of War“ oder „Unreal Tournament 3“ – zu diversen Hits der späten 00er-Jahre konnten sich Spieler im Handel mit passenden Frontblenden eindecken. Sonderlich gut lief das Geschäft mit diesem Spezialzubehör jedoch nicht. Oder um es mit den Worten von Microsofts damaligem Marketing-Chef Albert Penello zu formulieren: „Es stellte sich heraus, dass niemand sie kaufte“, so Penello in einem Interview mit OXM.

Die Redmonder schwenkten daraufhin zunehmend um auf gebrandete Controller. „Call of Duty: Modern Warfare 3“, „Fable 3“, „Gears of War 3“, „Halo 3“, „Halo Reach“, „Halo 4“, „Tomb Raider“: Zu all diesen Titeln wurden optisch maßgeschneiderte Limited-Edition-Controller produziert, laut consolevariations.com meist in Stückzahlen irgendwo zwischen 10.000 und 50.000 Einheiten. Das macht die Pads für Sammler zwar rückblickend weniger interessant, ist aber trotzdem noch selten genug, um Käufern das Gefühl zu geben, etwas Besonderes in den Händen zu halten. Höhere Preise und eingeschränkte Zeiträume, in denen das Produkt vom Hersteller offiziell angeboten wird, nimmt der Kunde dafür in der Regel gerne in Kauf.

Und Sony? Nach ersten Gehversuchen mit limitierter Peripherie während der PlayStation-2- und PlayStation-3-Ära ging das Thema auf der PlayStation 4 dann ebenfalls steil durch die Decke. Angefangen beim grau-orangenen „Call of Duty: Black Ops III“-Controller über das silber-schwarze „Batman: Arkham Knight“-Pad bis hin zum knallroten „Spider Man“-Controller – kein Weihnachtsgeschäft verging ohne limitierte Gamepads. Einziger Nachteil: In diesen und vielen anderen Fällen handelte es sich um Bundle-Produkte, die nur in Kombination mit einer „Limited Edition“-Konsole erhältlich waren. Wer die Hardware bereits besaß und eigentlich nur den Controller wollte, zahlte drauf. Da Sony die Bundles aber meist auch in Kombination mit der leistungsstärkeren PS4 Pro anbot, hielt sich der Unmut bei Upgrade-Interessierten in Grenzen.

 

Ein Controller, der Serien-Fans weltweit verzückt

 

Der Status quo
Stand heute hat das Geschäft mit limitierter Peripherie noch einmal ganz neue Dimensionen erreicht. Vorreiter ist auch hier mal wieder Nintendo, die unter anderem schon mehr als ein halbes Dutzend „Limited Edition“-Switch-Varianten samt spielspezifischem Konsolen- und Controller-Branding lanciert haben – zuletzt unter anderem im Zusammenhang mit „Splatoon 3“, „Pokémon Karmesin & Purpur“ und „Monster Hunter Rise“. Sony wiederum – immer noch geplagt von Konsolen-Knappheit – versuchte sich zuletzt an weiteren Farbvarianten seines PS5-Pads und hob mit einem DualSense-Controller im „God of War Ragnarök“-Design einen Controller aus der Taufe, der Serien-Fans weltweit verzückt – je nach Anbieter im Preis allerdings bereits kurz nach dem Launch massiv variiert.

Zurück zu Microsoft: Neben einer Vielzahl an limitierten Pads von hoher optischer Qualität (etwa das zu „Forza Horizon 5“) haben die Amerikaner das Xbox Design Lab (https://xboxdesignlab.xbox.com) kontinuierlich ausgebaut. Die Webseite ging erstmals zur E3 2016 an den Start und erlaubt es Nutzern, den Xbox Wireless Controller (und seit Oktober 2022 auch die „Elite“-Edition) optisch komplett zu personalisieren – vom Stil des Gamepads über die Farben einzelner Tastenblöcke bis hin zu einer lasergravierten Nachricht mit 16 Zeichen, die dann unten mittig auf dem Pad erscheint. Noch spielen klassische Brandings in diesem Zusammenhang keine Rolle. Es würde uns jedoch nicht wundern, wenn Nutzer in Zukunft auch ausgewählte Figuren und Logos bestimmter Microsoft-Spielemarken auf einem solchen Pad platzieren dürfen, um sich so ihre ganz eigene „Personal Limited Edition“ zu erschaffen. (soe/bpf)

IGM 16/22
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