Basisarbeit: Die E-Sport-Branche im Umbruch, Teil 2

Lukrative Sponsorings, satte Preisgelder, hohe Reichweiten: Der professionelle E-Sport erlebte bis vor kurzem einen waschechten Boom. Doch mittlerweile scheint ein „E-Sport-Winter“ angebrochen zu sein: Sponsoren ziehen sich zurück, Clans geraten in Zahlungsnöte, ganze Ligen – erst kürzlich etwa die Overwatch League – werden eingestampft. In unserem zweiteiligen E-Sport-Special beleuchten wir die Veränderungen der Branche: Teil 1 (IGM 15/2023) bot eine internationale Perspektive, im vorliegenden zweiten Teil geht es um das deutsche E-Sport-Ökosystem aus Spitzen- und Breitensport.
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Am 14. November verschickte der game eine beschwingt daherkommende Pressemitteilung. Darin heißt es, das „globale Phänomen E-Sport“ gehöre „zum Medienalltag vieler Menschen in Deutschland“. 23 Prozent aller Deutschen hätten schon einmal ein E-Sport-Turnier oder -Match angeschaut – dies habe eine repräsentative Umfrage von game und YouGov ergeben. „Das entspricht rund 16 Millionen Menschen hierzulande“, frohlockt der Verband. „Damit ist die Anzahl der E-Sport-Zuschauenden in Deutschland seit 2020 um mehr als 4 Millionen gestiegen.“ Besonders stark sei das Interesse bei 16- bis 24-Jährigen ausgeprägt: In dieser Altersgruppe hätten 48 Prozent „schon einmal bei E-Sport-Übertragungen eingeschaltet“. Generell sei die Bekanntheit von E-Sport weiter gestiegen, so die PM: „Insgesamt wissen rund 8 von 10 Deutschen (77 Prozent), was E-Sport ist oder haben schon davon gehört – 2020 waren es noch 71 Prozent.“
Eineinhalb Wochen später – genauer gesagt am 23. November – erschien folgender Tweet beim Social-Media-Dienst X: „The Zerg rush ends: dpa stellt ihre E-Sport-Rubrik zum Jahresende ein. Das E-Sport-Team der dpa-infocom, das ich noch bis Ende des Jahres leite, wird aufgelöst.“ Gepostet hatte die Meldung Benedikt Wenck, seines Zeichens „Koordinator E-Sport“ bei besagter Nachrichtenagentur. Im darauffolgenden Thread schrieb Wenck, man sei eigentlich „angetreten, die Szene ernst zu nehmen – wie im klassischen Sport über Turniere zu berichten, mit den Spieler:innen, Teams und Organisator:innen zu sprechen. Und eben nicht, wie oft immer noch üblich, mit wenig Hintergrundwissen aus der Vogelperspektive draufzuschauen“. In den letzten fünf Jahren habe man „verdammt viel Energie in dieses Produkt gesteckt“, so Wenck. Und ergänzt lapidar: „Müssen aber leider feststellen, dass E-Sport im Journalismus (zunächst) eine Nische bleibt.“

Quo vadis, E-Sport?
Hohe Bekanntheit hier, Nischendasein dort – wie passt das nun zusammen? Glaubt man dem game, dann begeht die dpa ganz offensichtlich einen Fehler, wenn sie ihre E-Sport-Redaktion auflöst. Und glaubt man der dpa, dann hilft es offenbar reichlich wenig, dass „8 von 10 Deutschen“ wissen, was E-Sport ist. Wo also steht der E-Sport in Deutschland – und was sind seine Perspektiven? Darüber haben wir uns mit einigen Akteuren unterhalten.

Tobias Scholz ist einer der besten Kenner der Branche: Als Professor für Academic Esports lehrt er an der University of Agder in Norwegen; außerdem ist er Chief Scientific Officer des HR-Dienstleisters metagame und hat das Esports Research Network mitbegründet. „Generell steht Deutschland im internationalen Vergleich nicht schlecht da“, konstatiert Scholz, „denn Deutschland hat sehr viele Unternehmen, die Produkte für den E-Sport anbieten.“ Als Beispiele nennt Scholz die Organisationen Freaks 4U und Eintracht Spandau sowie die League of Legends EMEA Championship (LEC). „Weiterhin haben wir einen sehr starken Breiten-E-Sport mit vielen Teams an Universitäten, Schulen und Unternehmen“, beobachtet Scholz. Deutschland habe im E-Sport viele Hidden Champions, so der Wissenschaftler – nur würden diese leider nicht so konsequent gefördert wie in Frankreich oder Südkorea. Ähnliches gilt aus Sicht des Experten für den Breitensport: So habe man mit dem deutschen Vereinswesen eine starke Basis, die aber nicht wirklich genutzt werden könne, so lange das Thema „Gemeinnützigkeit“ nicht geklärt sei. „Ich vergleiche die aktuelle Situation mit einem Auto, das mit angezogener Handbremse fährt.“

 

Deutschland hat im E-Sport viele Hidden Champions

Einflussreicher Standort
Johannes Gorzel sieht Deutschland nach wie vor als „sehr einflussreichen Standort der internationalen E-Sport-Industrie“ – als „Heimat einiger der weltweit beliebtesten Team- und Turniermarken“. Gorzel ist Co-CEO der Berliner I3 Holding, die neben der Online-Marketing-Agentur INSTINCT3 auch die E-Sport-Organisation Eintracht Spandau betreibt (vgl. IGM 05/2022). Der E-Sport-Manager sieht allerdings Anzeichen dafür, dass sich am starken Status der deutschen Branche mittelfristig etwas ändern könnte. Besonders der Nahe Osten und Skandinavien holen laut Gorzel auf, weil sie stärker auf gesellschaftliche Akzeptanz setzen, wirtschaftliche Subventionen erhöhen und die bürokratischen Hürden reduzieren. Im innereuropäischen Vergleich sieht Gorzel deutliche Unterschiede zwischen dem deutschsprachigen Markt und Märkten wie Frankreich oder Spanien. „Beispielsweise unterscheidet sich die deutschsprachige Zielgruppe dadurch, dass sie zu einem größeren Anteil die englischsprachigen internationalen Übertragungen und Veranstaltungen konsumiert“, so der Manager. In Frankreich und Spanien gebe es hingegen eine Vorliebe für Produkte in der Muttersprache. „Ein Resultat ist, dass der Kontaktpreis für Werbemaßnahmen, die an deutschsprachige Zielgruppen gerichtet ist, für Werbetreibende höher ist“, erläutert Gorzel. Diese könnten internationale Reichweitenprodukte sponsern, müssten dabei dabei aber mit Streuverlusten rechnen. Die Alternative sei eine Fokussierung auf deutschsprachige Produkte, die dann zwar einen geringeren Produktionsaufwand hätten – dann allerdings auch niedrigere Zuschauerzahlen brächten.

Dass Deutschlands E-Sport strukturell gefestigt ist, bestätigt im Übrigen auch Kim Lachmann. „In Bezug auf die relative Durchdringung der Zielgruppe liegt Deutschland im oberen europäischen Mittelfeld“, sagt der Director der Sports Business Group bei der Management- und Strategieberatung Deloitte. Der hiesige Markt sei weiter entwickelt als der in kleineren Ländern wie den Niederlanden oder Österreich – aber weniger ausgeprägt als etwa in Spanien, so Lachmann. Dennoch sei Deutschland bezüglich der absoluten Größe in Europa führend: „Deutschland verfügt über bedeutende E-Sport-Strukturen und ist ein wichtiger Standort für Turniere und Veranstaltungen.“ Um aber insgesamt nachhaltiger zu werden, müsse sich der E-Sport – auch international – noch stärker professionalisieren, betont der Marktanalyst. „Derzeit handelt es sich eher um eine The-Winner-Takes-it-All-Branche, da das Produkt immer noch in der Nische verankert ist, aber zuletzt viel Aufmerksamkeit erhalten hat.“ Lachmann hält eine breitere Publikumsbasis für notwendig, um der Branche zum Durchbruch zu verhelfen. „Dafür muss E-Sport jedoch für den Mainstream zugänglich sein – und die Fans müssen bereit sein zu zahlen.“

Neue Standards
Wie also macht man den E-Sport mainstream-tauglich? Das ist die Frage, die gerade so ziemlich jeden in der Branche beschäftigt. Aus Sicht von Johannes Gorzel wird mitentscheidend sein, welche Turniere und Teams den „E-Sport-Winter“ überleben, um anschließend den neuen Branchen-Standard zu definieren. Mit der I3 Holding will Gorzel selbst neue Maßstäbe setzen – indem er die Dinge anders anpackt. „Ich glaube fest daran, dass es immer wichtiger wird, dass Markenaufbau betrieben wird, der wiederum in loyale Fans und gesteigerte Reichweiten mündet – und damit neue Ertragswege erschließt“, so der Experte. Mit Eintracht Spandau gehe man genau diesen Weg, so Gorzel. Der Konkurrenz hingegen fehlten häufig noch die Voraussetzungen für nachhaltiges Brand-Marketing, die Gorzel folgendermaßen definiert: „Wille beziehungsweise Überzeugung auf EntscheiderInnenebene, Kompetenz in der Operative oder schlichtweg die nötige Kriegskasse.“ Gorzel glaubt, dass andere Teams hier aber in absehbarer Zeit Boden gut machen werden.

Eintracht Spandau positioniert sich primär im professionellen E-Sport. Gleichwohl ist es im November – genau wie SK Gaming aus Köln – dem eSport-Bund Deutschland (ESBD) beigetreten. Für Gorzel ist das jedoch kein Widerspruch. „Wir sehen den ESBD nicht als ein reines Breitensport-Netzwerk. Der ESBD nimmt es sich zum Ziel, den Breitensport, den Leistungssport und die Turnierveranstalter zu vertreten.“ Eintracht Spandau zähle sich aktuell zum Leistungssport, wolle aber langfristig auch ein Breitensportangebot aufbauen, so Gorzel. Der deutsche E-Sport könne sein Potenzial auch nur dann entfalten, wenn die Szene mit einer Stimme spreche: „Die Plattform dafür bietet der ESBD, sofern sich genug Akteure engagieren.“ Das Team von Eintracht Spandau können auf politischer Ebene vor allem zwei wichtige Beiträge leisten, erläutert Gorzel. Erstens könne man mit Marke und Content Menschen dafür begeistern, sich in Gemeinschaftsprojekten zu engagieren. Zweitens mache man E-Sport durch Reichweite und Kommunikation auch für „themenfremde Zielgruppen“ transparent: So werde klar, „welch produktive Rolle das Thema E-Sport etwa in Bereichen wie Jugendfreizeit, Gesundheit und Bildung einnehmen kann“. Kurz gesagt: Es geht um begeisternde Inhalte – und um wirkungsvolle Aufklärung.

 

Loyale Fans und gesteigerte Reichweiten

Kräfte bündeln
Der ESBD wiederum will nun seine Kräfte bündeln, um den hiesigen E-Sport voranzubringen. In diesem Jahr hat der Verband ein „Visionspapier“ erarbeitet, das eine Diskussion über Ziele und Rahmenbedingungen von E-Sport anstoßen soll (e-sport2030.de). Am 18. November fand eine offene Discord-Runde statt – hier stellte der ESBD die Ergebnisse einer Mitgliederbefragung vor, anschließend diskutierten Akteure aus verschiedenen E-Sport-Bereichen über Ziele und Prioritätensetzung. „Das Allerwichtigste war, dass wir ein Forum hatten, bei dem sich Mitglieder und Nicht-Mitglieder austauschen konnten“, betont ESBD-Vizepräsident Martin Müller. „Das haben wir immer versucht, auch im German Esports Summit auf den Weg zu bringen – und über die ESBD-Netzwerktreffen, die wir in vier Himmelsrichtungen im letzten Jahr erfolgreich durchgeführt haben. Aber online hatten wir es vorher noch nicht wirklich.“ Müller sieht das Visionspapier und die Discord-Runde denn auch als „guten ersten Schritt, um eine Diskussion in der Branche aufzunehmen und eine Plattform zu bieten“.

Beim Discord-Forum – IGM nahm daran teil – zeigte sich jedoch: Die Akteure (Verbände, Vereine, Publisher, Veranstalter etc.) setzen teils sehr unterschiedliche Prioritäten, wenn es um die Stärkung der E-Sport-Strukturen geht. „Wir müssen aber begreifen, dass dieses Ökosystem ganzheitlich funktioniert“, sagt dazu Martin Müller. „Nur wenn es einen gesunden Breitensport gibt, kann man einen guten, nachhaltig aufgestellten Profisport geben – und andersrum genauso. Wir brauchen unsere Vorbilder und unsere Ziele, die ein junger Spieler haben kann, um dann zu trainieren und seinen Weg zu finden.“ Enorm wichtig sei deshalb, wenn alle Akteure in den Dialog mit Politik und Gesellschaft träten, so Müller. Dabei gehe es um Fragen wie: „Was können wir erwarten? Wo können wir vielleicht Förderung und Unterstützung bekommen? Welche Bedürfnisse haben wir – und andersrum: Was können wir als organisierter E-Sport für einzelne Teile der Gesellschaft leisten?“ Der E-Sport brauche mehr Akzeptanz in der Gesellschaft insgesamt, aber speziell auch in Marketing-Abteilungen von Unternehmen, betont der ESBD-Vize. „Das müssen nicht immer die ganz großen Konzerne sein – das können auch Klein- und Mittelständler sein. Warum sollen nicht auch mittelständische Firmen von E-Sport-Angeboten profitieren können? Aber dazu muss es ihnen jemand erklären.“ Müller sieht hier nicht nur die Profi-Teams und Veranstalter in der Pflicht – sondern auch den ESBD und seine Landesverbände.

Knackpunkt Gemeinnützigkeit
Eine zentrale Frage ist laut Müller die Gemeinnützigkeit. „Im Prinzip sind wir uns mit der Politik, dem game und auch Sportverbänden wie dem LSB NRW einig, dass eine Gemeinnützigkeit für den E-Sport hermuss, um die breitensportlichen Strukturen weiter entwickeln zu können.“ Allerdings stehe dieses Ziel nun bereits zum dritten Mal im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien – ohne dass die Bundespolitik bisher gehandelt hätte. Der Status der Gemeinnützigkeit sei die zentrale Bedingung für den Ausbau gemeinwohlorientierter E-Sport- und Gaming-Angebote, betont Müller. Zwar gebe es derzeit „unfassbar viele wichtige Themen“, etwa den Ukraine-Krieg, die Wirtschaftskrise und die hohen Zinsen. Gleichwohl dürfe man den Bereich mit Digitalisierung, Internet und Videospielen nicht vernachlässigen, ja müsse ihn sogar in den Fokus nehmen, fordert Müller: „E-Sport ist hier ein Baustein – gerade weil die intrinsische Motivation, die der E-Sport nutzt, sehr viel zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen beitragen, Skills vermitteln und den reflektierten Umgang mit Videospielen fördern kann.“

Wie genau der E-Sport gefördert werden sollte, darüber gibt es in Deutschland durchaus unterschiedliche Auffassungen. Anfang November fand beim Games Ground Festival in Berlin ein Kongress statt, der den provokanten Titel „Kann Deutschland E-Sport-Breitensport?“ trug. Organisiert wurde das Ganze vom Verein „Play eS“ aus Hamburg. Initiator Peter Lemcke stellte zusammen mit Jens Junge und Timo Schöber vom Institut für Ludologie der SRH Berlin University of Applied Sciences das  „European Grassroots Esports Projekt“ vor – eine Initiative, die seit 2021 läuft und finanziell von der EU gefördert wird (esports.isca.org). „Bei der EU-Initiative ‚European Grassroots‘ geht es primär um die Frage: Wie können wir über Breitensport irgendwann auf EU-Ebene hochkommen und eine Vernetzung herstellen?“ erläutert Jens Junge. „Also vergleichbar mit der Champions League im Fußball. Aber diese EU-Initiative ist weit vor dem saudischen Ansatz des Sport-Washings entstanden und steht in keiner direkten Beziehung. Sie ist nun aber plötzlich ein Hoffnungsschimmer.“

Saudische Einflüsse
Junge bezieht sich auf die zunehmenden Avancen Saudi-Arabiens gegenüber der internationalen E-Sport-Branche: Das Land am Golf will Mitte 2024 ein Turnier namens „Esports World Cup“ austragen lassen, das dann auch die höchsten Preisgelder bieten und die besten Spieler versammeln soll (vgl. IGM 15/2023). Im vergangenen Jahr kaufte die saudische Savvy Games Group das Kölner Unternehmen ESL Gaming – und erhielt damit auch Zugang zum deutschen E-Sport-Markt. Junge sieht hier schon negative Auswirkungen: „Es ist bereits spürbar, dass europäische Werte in der ESL nicht weiter vorangetrieben werden. Man spürt bereits, dass der E-Sport verbogen wird und für primär repräsentative Zwecke von Saudi-Arabien dienen soll.“ Ein von Junge und Schöber unterzeichnetes Positionspapier fordert denn auch eine „überzeugende und attraktive Struktur mit europäischen Werten“, die ein Gegengewicht zu den Versuchen saudischer Einflussnahme sein soll. „Wir sollten im Breitensport ein sauberes Fundament haben, um vielleicht irgendwann auch aus eigener Kraft eine europäische Liga zu entwickeln“, fordert Junge.

Doch warum starten die Macher hier eine separate Initiative, anstatt mit dem dem ESBD zusammenzuarbeiten? Zumal ja Schöber und Junge Mitbegründer des Schleswig-Holsteinischen E-Sport-Verbands sind, der wiederum zum Bundesverband gehört. Junge wendet ein, der ESBD sei „sehr stark von der ESL geprägt“ – dies erzeuge ein Spannungsverhältnis innerhalb des Verbandes. Allerdings betont Junge, eine Kooperation mit dem ESBD sei auch „weiterhin im Gespräch“: „Wir haben die Strukturen ja gemeinschaftlich aufgebaut, um politisch mehr Schlagkraft zu bekommen. Allerdings werden die ESL-Aktivitäten und deren Saudi-Arabien-Bezug in den Landesverbänden sehr kritisch gesehen. Deshalb haben wir jetzt dieses Positionspapier so formuliert, um zu zeigen: Wir wollen weiter in Richtung Breitensport Gas geben.“

 

Wir wollen weiter in Richtung Breitensport Gas geben

 

Vergleichbare Entwicklungen
IGM bat den ESBD-Vize Martin Müller um eine Stellungnahme zu der neuen Initiative – und auch dazu, inwieweit der saudische Vorstoß die deutsche E-Sport-Szene beeinflusst. „Ich persönlich bin kein ganz großer Fan von staatlichen Einflüssen auf den E-Sport, akzeptiere aber, dass die Welt so ist, wie sie ist“, sagt Müller. „Wir haben im Fußball, in der Formel 1 und anderen Sportarten ja ähnliche Entwicklungen. Das muss ich erst mal so akzeptieren.“ Als E-Sport-Bund habe man im Weltverband IeSF auch nur eine assoziierte Mitgliedschaft ohne Stimmrecht, so Müller. „Das heißt, wir können leider auch da nicht wirklich aktiv mitbestimmen. Und für den Breitensport in Deutschland ist das Thema aus meiner persönlichen Sicht tendenziell eher zweitrangig.“ Gleichwoh glaubt Müller, dass Vereine ihre Mitglieder „ein Stück weit über solche und andere eher politische Themen aufklären“ können: „Gerade bei Turnieren kann man auch internationalen Austausch finden und für Toleranz werben.“ Würde dort aber aktiv gegen die Grundsätze unserer Verfassung und die moralischen Werte des E-Sport gearbeitet, wäre für Müller die rote Linie überschritten: „Da würde ich dann sagen: Okay, das ist jetzt zu viel.“ Wenn man nun aber als Breitensportverein den Besuch von ESL-Turnieren boykottiere, sei das „für uns alle eher schädlich, als dass er wirklich am Ende irgendwas bringt“. Der ESBD-Vize hofft, mit den Verbandsstrukturen ein starkes Fundament bauen können, um gesellschaftsschädigende Einflüsse besser eindämmen zu können.

Wie aber hält es Müller mit dem European Grassroots Esports Projekt? „Letztendlich müssen wir alle gemeinsam den E-Sport voranbringen“, sagt er. „Ideal ist natürlich, wenn wir dabei mit einer Stimme sprechen.“ Zwar habe es in der Vergangenheit „die eine oder andere Meinungsverschiedenheit“ gegeben. „Da sollten wir aber drüberstehen und schauen, wie wir gemeinsam die Strukturentwicklung vorantreiben können. Genau das ist auch das Ziel des Visionspapiers ‚E-Sport in 2030‘, so wie ich es interpretiere.“

Fazit: Es bleibt abzuwarten, welche Schwerpunkte die Breitensport-Akteure künftig setzen. Davon hängt letztlich auch ab, ob eine Kooperation der beiden Initiativen möglich und sinnvoll ist. (Achim Fehrenbach)

IGM 16/23
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