On the Road again: Physisches Marketing als Erfolgsrezept?

Mit Truck-Touren zu mehr Brand Aware­ness und einer besseren Kommu­nikation mit der Community: Physische Marketing-Aktionen haben auch im Jahr 2023 noch ihren Platz im Gaming-Geschäft. Aber können sie auch Großveranstaltungen ersetzen?
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Bild: MSM digital / Riot Games
Bild: MSM digital / Riot Games

Der Erfolg liegt auf der Straße. Zumindest kann man hier die Zielgruppe mit besonderen Aktionen erreichen. Nach zwei Jahren Pandemie mitsamt entsprechenden Einschränkungen laufen derartige PR-Stunts wieder an: Bereits 2022 rollte Nintendo mit seiner Sommertour durch Deutschland. Mit an Bord des rot lackierten Airstreamers und VW Bullis befanden sich neben Anspielstationen zu aktuellen Spielen wie „Mario Kart 8 Deluxe“ auch Goodies und Gewinnspiele. Über drei Monate tourte der Tross durch die Republik.

Physisches Marketing mag zwar in Zeiten von Google Ads, Influencern und Social Media obsolet wirken, erreicht aber die Zielgruppe direkt und stärkt vor allem die sogenannte Brand Awareness – also den Bekanntheitsgrad einer Marke. Wie man Marke und Lifestyle zusammenbringt, zeigten Riot Games und die Hamburger Marketing-Agentur MSM.digital Communications mit der „Valorant: Bubble Tea Truck Tour“ zum Start der Valorant Champions Tour Masters in Berlin und der Veröffentlichung des neuen „Valorant“-Agenten Gekko. Besucher erhielten dort Goodies und Bubble-Tea-Varianten, die farblich von Gekkos Kreaturen Dizzy, Wingman, Mosh und Thrash inspiriert wurden. Auch das Design des giftgrün lackierten Food-Trucks zeigt den Spielcharakter und dessen Lifestyle überlebensgroß.

Über die Hintergründe und Planungen, aber auch den Erfolg dieser Aktion berichten im Interview mit IGM Nikolas Angerstein, Deputy Managing Director bei MSM, Account Manager Nelly Kutzbora sowie Britta Varnhold, die bei Riot Games als Senior Brand Manager DACH tätig ist.
 
 

Eine organische Verbindung zwischen Spiel und echter Welt schaffen

IGM: Was war die grundsätzliche Idee hinter der Bubble Tea Truck Tour … und wieso ausgerechnet „Bubble Tea“?

Riot: Wir hatten zwei Ziele: Brand Awareness und Brand Engagement. Wir wollten, gemeinsam mit der „Valorant“-Community, den Release des neuen Agenten Gekko feiern und sowohl innerhalb als auch außerhalb der Community auf die E-Sport-Liga von „Valorant“, die VCT EMEA mit Sitz in Berlin, aufmerksam machen. Und natürlich gab es auch noch einen Aspekt der Community-Bindung, in dem wir einen einzigartigen „Ich war dabei!“-Moment schaffen.

MSM.digital: Bubble Tea trendet derzeit wieder stark und spricht eine Zielgruppe an, die sich mit der „Valorant“-Community überschneidet. Mit „Valorant“ möchte Riot Games dort sein, wo ihre Spieler*innen sind und viele von ihnen lieben Bubble Tea. Einflüsse aus der Popkultur sind für „Valorant“ sehr wichtig und werden bei der Entwicklung genauso berücksichtigt wie Diversität bei den Agenten sowohl was Aussehen, aber auch die Herkunft angeht. Der neue Agent Gekko lebt in Los Angeles, hat mexikanische Eltern und gehört zur Generation Z. Er liebt Bubble Tea, also war es für uns eine perfekte Möglichkeit, eine organische Verbindung zwischen Spiel und echter Welt zu schaffen.

Riot: Natürlich wollten wir den neuen Agenten feiern, aber gleichzeitig auch den Standort Berlin als europäisches Zentrum des Valorant-E-Sports unterstreichen. Unter anderem, um auf die Valorant Champions Tour (VCT) aufmerksam zu machen, die bis Ende Mai 2023 in Berlin stattfindet. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit der einzelnen Teams intern konnten wir die Verknüpfung des Spiels selbst mit dem E-Sport realisieren. Flankiert wird die Aktion zudem von einer Out-of-Home-Kampagne in Berlin.

IGM: Wie viel organisatorischer Aufwand steckt hinter der Bubble Tea Truck Tour?

MSM.digital: Von Konzept, Design des Trucks, Scouting der Partner, Organisation von Standortgenehmigungen bis hin zu Deko und Goodies stecken viele Wochen Arbeit in dieser Aktion. Vor Ort musste dann natürlich darauf geachtet werden, dass alle deutschen Vorschriften wie zum Beispiel der Mindestabstand einer Warteschlange zu angrenzenden Gebäuden eingehalten werden. Dazu gehört auch, der Berliner Polizei zu erklären, was es mit dieser Menschenmenge auf sich hat und dass natürlich alle nötigen Genehmigungen eingeholt wurden.

IGM: Wie war der Rücklauf – also das Feedback – der Menschen, die ihr auf der Straße erreicht habt?

Riot: Das Feedback zur Aktion war überwältigend und hat uns selbst überrascht. Es kamen deutlich mehr Menschen zum Truck als erwartet und die Fans standen zum Teil lange an, um einen Bubble Tea zu ergattern. Es wurden unter unserem Hashtag #vctberlin viele Einsendungen von Fans, aber auch von Influencern gepostet. Trotz der oftmals langen Wartezeit blieb die Stimmung bei der Community gut: die Besucher*innen konnten sich mit Gleichgesinnten unterhalten und erschienen sogar zum Teil in Cosplay oder sind extra aus anderen Städten angereist – jeder wollte einfach dabei sein. Wir haben sogar nachträglich Getränke aufgestockt, konnten dennoch an mehreren Tagen leider nicht allen Wartenden einen Bubble Tea ausschenken. Irgendwann war einfach eine logistische Grenze erreicht, und dabei ist eine offene Kommunikation vor Ort entscheidend, um gegebenenfalls Erwartungen zu managen.

IGM: Was ist der Mehrwert von Road Shows (oder Truck-Touren) in der Kommunikation mit dem Kunden beziehungsweise der Zielgruppe?

MSM.digital: Diese lokalen Events erlauben uns einen intensiveren Kontakt mit der Community. Wir schaffen damit Fan-Momente, bei denen Gleichgesinnte vor Ort zusammenkommen und ermöglichen so direktes Feedback und einen lokalen Bezug zu einem globalen Videospiel. Man spürt deutlich, dass die Community ein sehr großes Interesse an lokalen, physischen Events hat. Die Spieler*innen genießen es, sich zu treffen und auszutauschen und aus unserer Sicht hat die Pandemie diesen Wunsch noch verstärkt.
 

 Valorant soll erlebbar sein

IGM: Inwiefern verändert man bei den erreichten Menschen vielleicht sogar die Wahrnehmung des Produkts? Kann man auf diese Weise das Image eines Spiels verändern?

Riot: Gerade jetzt möchten viele Valorant-Fans auch in der echten Welt miteinander Zeit verbringen, gemeinsame Erinnerungen schaffen und unvergessliche Momente erleben. Daher sind Aktionen wie der Bubble Tea Truck oder auch die lokalen VCT-Turniere enorm wichtig, um Spieler*innen auch abseits des Spiels abzuholen. Valorant soll erlebbar sein und Aktionen wie diese geben Spieler*innen die Möglichkeit, ihre Gaming-Passion gemeinsam zu feiern.

IGM: Können derartige PR-Aktionen Großveranstaltungen ersetzen oder dienen sie in erster Linie dazu, kurzfristiges Interesse oder gar eine zusätzliche Bindung zum Produkt zu erzeugen?

MSM.digital: Wir verstehen lokale Aktivierungen nicht als Konkurrenz zu bestehenden Großveranstaltungen, sondern als Ergänzung. Sie ermöglichen lokale Fan-Momente und zusätzliche Interaktion mit der Community, auch abseits von bereits etablierten Events. Der Bubble Tea Truck soll beispielsweise auch ganz bewusst keine Veranstaltungsreihe werden, die regelmäßig wiederholt wird. Die Einmaligkeit und der lokale Bezug sind entscheidende Aspekte und wir möchten jeder Aktion ihr individuelles Gewicht geben, um besondere Erlebnisse zu schaffen. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit der einzelnen Teams intern, konnten wir das Ganze realisieren. (ob/bpf)

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