ESports und Gesundheit, Teil 4: Mentale Fitness

Bei eSports und ambitioniertem Gaming ist mentale Gesundheit mindestens genauso wichtig wie physische Fitness. Die meisten eSports-Organisationen haben das mittlerweile erkannt – und achten darauf, dass ihre AthletInnen für ausreichend Ausgleich sorgen. In IGM 06/2021 haben wir einen ersten Überblick zum Thema "eSports und mentale Gesundheit" geliefert. Nun soll es darum gehen, wie Spon­soren und Gesundheitspartner an das Thema andocken. Um deren Beratungs­angebote in den Kontext zu stellen, haben wir uns außerdem mit mehreren eSports-ExpertInnen unterhalten.
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© grandeduc/stock.adobe.com
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"Mens sana in corpore sano": Schon der römische Dichter Juvenal wusste, dass nur in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohnen kann. Juvenal mag mit Gladiatorenkämpfen vertraut gewesen sein – dass in der Zukunft jedoch Cyber-Gladiatoren in virtuellen Arenen gegeneinander antreten würden, ahnte er wahrscheinlich nicht. Dennoch ist sein Merkspruch auch für eSportlerInnen hochgradig relevant: Nur wenn Körper und Geist gesund sind, lassen sich auch sportliche Höchstleistungen erzielen. Digital­AthletInnen stehen unter einem enormen Leistungsdruck, müssen viel trainieren und (in außerpandemischen Zeiten) auch viel reisen. Bauen sie keine ausreichenden Ruhe- und Entspannungsphasen in ihren Tagesablauf ein, dann kann das Zusammenbrüche und Burnouts nach sich ziehen – in der noch jungen eSports-Geschichte gibt es genügend Beispiele für Top-Talente, die deswegen sogar ihre Karrieren beenden mussten.

Vorbildfunktion
Professionelle eSports-Organisationen tun inzwischen eine Menge, um ihre Angestellten für den stressigen Beruf zu wappnen. MentaltrainerInnen – viele mit Vorbildung im klassischen Leistungssport – betreuen die e­Sport­lerInnen auf ihrem Karriereweg, geben Gesundheitstipps und helfen, mit dem Leistungsdruck klarzukommen. Jene eSportlerInnen, die für gesunden Ausgleich sorgen, können aber auch Vorbilder für die Fans sein: Wer ein Fifa- oder LoL-As für seine Leistungen bewundert, wird womöglich auch dann Interesse zeigen, wenn sein eSports-Idol auf Youtube, Facebook oder Instagram einen gesunden Lebenswandel propagiert. Das eröffnet Chancen für Sponsoren und Gesundheitspartner: Mit ihren Ratgebern und Online-Kursen können sie vergleichsweise einfach an das Thema "eSports und Gesundheit" andocken. Immer mehr Unternehmen tun das auch schon – in den vergangenen Folgen unserer Gesundheitsserie haben wir bereits einige von ihnen vorgestellt. Nun soll es darum gehen, welche Informationen zum Thema "eSports und mentale Gesundheit" konkret vermittelt werden – und auf welchen Kanälen. Da sich die Firmen vorwiegend an Hobby-Gamer und ambitionierte Teilzeit-eSportler richten, sollen auch Faktoren berücksichtigt werden, die in den jeweiligen Communities eine Rolle spielen – also beispielsweise Toxicity und Hate Speech, die bei Betroffenen für mentale Verwerfungen sorgen können. Um das Thema einzuordnen, haben wir nicht nur mit Sponsoren gesprochen – sondern auch in die Coaching-Praxis und in eine Community geschaut.

Eine absolute Expertin für eSports-Gesundheit ist Änne Wetzel: Als angewandte Sportpsychologin arbeitet sie sowohl im klassischen Sport (Energie Cottbus, Olympiastützpunkt Cottbus etc.) als auch im eSports (esports player foundation, Senior eSports). Schon für IGM 06/2021 hat uns Wetzel einiges über die mentalen Herausforderungen für Digita-AthletInnen erzählt. Ihre zentrale Aussage: "ESportlerInnen müssen über einen langen Zeitraum überdurchschnittlich hohe kognitive Leistungen erbringen." Sind die eSportlerInnen nicht mental gefestigt, kann dieser Druck – zusammen mit dem Erwartungsdruck von Arbeitgebern und Fans – dazu führen, dass "beeinträchtigende Emotionen" überhand nehmen. In Anlehnung an die WHO definiert Wetzel mentale Gesundheit nicht nur als Abwesenheit psychischer Krankheiten, sondern als "Zustand ganzheitlichen Wohlbefindens". Aus Wetzels Sicht entsteht mentaler Druck nur dann, "wenn eine bestimmte Situation als individuell kritisch und bedrohlich angesehen wird. Und wenn die Angst entsteht, dass die eigenen Ressourcen nicht ausreichen, um diese Situation erfolgreich zu bewältigen. Daher ist es eher von der Einstellung des Individuums abhängig und nicht vom Spiel an sich". Oder anders formuliert: MentaltrainerInnen können viel bewirken, wenn sie eine realistische Einschätzung der jeweiligen Situation vermitteln – und aufzeigen, welche Methoden und Techniken beim Druckabbau helfen können. "Durch die Arbeit mit eSportlerInnen über die esports player foundation habe ich gemerkt, dass sich die Theorien und Anwendungsfelder der Sportpsychologie tatsächlich ziemlich konform anwenden lassen – wie bei ‚normalen' LeistungssportlerInnen", sagte Wetzel. "Letztendlich ist auch hier das Ziel, die eigene Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt optimal abrufen zu können." In einem sportpsychologischen Training könne zum Beispiel das Visualisieren schrittweise erlernt werden: "Das kommt der Handlungsschnelligkeit zugute und umfasst auch bestimmte Entspannungstechniken zur gezielten Emotionsregulation – vor, während oder nach einem Spiel."

Angst, dass die eigenen Ressourcen nicht ausreichen

Technikkenntnis
Sportpsychologische Coachings umfassen laut Wetzel eine Vielzahl an Techniken: "Im eSports sind das häufig nicht nur Themen rund um das Spiel – also Selbstgesprächsregulation, positives Denken, das Bewusstmachen eigener Stärken und so weiter. Sondern auch Themen außerhalb des Spiels – zum Beispiel strukturierte Tagesabläufe, die Pflege des sozialen Umfelds oder das Schaffen von Routinen." In den letzten Jahren habe die angewandte Sportpsychologie immer mehr an Bedeutung gewonnen – nicht nur im klassischen Sport, sondern auch im eSports. "Perspektivisch ist es aus meiner Sicht notwendig, das Thema ‚mentale Gesundheit' mehr in den Fokus zu rücken und als selbstverständlich anzusehen", fordert die Expertin. Denn wenn der Kopf nicht mitspiele, könne man auch keine Leistungen erbringen. Besonders wichtig ist aus Wetzels Sicht aber Folgendes: "Die mentale Gesundheit sollte nicht erst dann berücksichtigt werden, wenn konkrete Probleme auftauchen – sondern bereits vorbeugend, um dann den möglichen Problemfeldern und Herausforderungen positiv, selbstbewusst und mental stark entgegenzublicken." So ließen sich Drucksituationen sogar als motivierende Herausforderungen betrachten.

MentaltrainerInnnen sind also im eSports eine feste Größe. Doch wie lässt sich ihr Wissen auch den unzähligen Fans und Hobby-Gamern vermitteln? Nicht jeder hat schließlich die Möglichkeit eines personalisierten Mentaltrainings. Hier kommen die eSports-Sponsoren ins Spiel: Besonders Krankenkassen haben ja das Ziel, via eSports potenzielle KundInnen zu erreichen – und ihnen dann gesunde Praktiken zu vermitteln. Die Techniker Krankenkasse beispielsweise engagiert sich schon seit den späten Neunzigern in der Gaming-Community (vgl. IGM 04 und 05/2021). Seit Juni 2019 ist die TK offizieller Gesundheitspartner der größten deutschen e­Sports-Liga, ESL. Im August 2019 kam dann auch eine Gesundheitspartnerschaft mit der Uniliga hinzu, die eSports-Wettbewerbe für Studierende organisiert. "Ein sehr großes Thema ist mit Sicherheit im Moment die mentale Gesundheit", sagt Catharina Tamm, die im Team Werbung & HR-Marketing (WHM) die Kommunikation rund um das Thema "Gaming" betreut. "Auch in diesem Bereich wollen wir die GamerInnen aktiv unterstützen und stehen ihnen beratend zur Seite."

Online-Ratgeber
Doch wie sieht die Beratung konkret aus? Um diese Frage zu beantworten, haben wir uns das Online-Angebot der TK angeschaut. Ihre wichtigsten Kommunikationskanäle beim Thema "eSports" sind Instagram, Youtube, Facebook und Twitter. Gebündelt finden sich die Ratgebertexte und -videos auch auf der Website der TK. Dort listet die Krankenkasse zum Beispiel "sechs Fakten über Gaming und Gesundheit" auf. Gaming habe viele Vorteile: Wer spiele, schärfe sein Sehvermögen, steigere seine Konzentrationsfähigkeit und trage zur Vergrößerung bestimmter Hirnareale bei. Allerdings könne intensives Spielen auch negative Folgen haben – zum Beispiel mangelnden Schlaf, einen hohen Body-Mass-Index oder Verspannungen und Schmerzen. "So toll Zocken auch ist, kann es unter Umständen krank machen", lesen wir. "Aber keine Panik. Behalte einfach dein Spielverhalten und vor allem die Gefühle, die du mit der Zeit ingame verbindest, gut im Auge."

Die TK fordert GamerInnen nun auf, sich regelmäßig und ehrlich folgende Fragen zu beantworten – etwa danach, ob man andauernd an Computerspiele denkt, ob man unruhig oder gereizt ist, ob das Spielen als Kompensation für negative Emotionen dient und ob sich das Spielverhalten auf Job, Ausbildung und Beziehungen auswirkt. "Solltest du fünf oder mehr der Symptome über einen Zeitraum von einem Jahr bei dir bemerken, dann könntest du von Gaming Disorder betroffen sein", konstatiert die TK. "Sprich am besten mit Vertrauten oder deinem Arzt darüber." Zugleich gibt die Krankenkasse einige Tipps, wo man sich kostenlos beraten lassen kann – nämlich auf der Online-Plattform juuu­port.de. Dort gibt es übrigens auch Beratung zu Themen wie Cyber­mobbing, Stress in sozialen Medien, Datenklau, Cybergrooming, Sexting oder Online-Sucht. Natürlich sind das längst nicht alle Tipps der TK zum Thema "eSports und Gesundheit": Auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen findet sich eine Fülle von Tipps und Videos, zum Beispiel mit der eSports-Expertin Melek "M3lly" Balgün.

Gesund zocken
Auch die Bergische Krankenkasse (vgl. IGM 04 und 05/2021) gibt Tipps zu eSports und mentaler Gesundheit. "Unser eSports-Engagement setzt sich aus den vier Bereichen Bewegung, Ernährung, Psyche und Medienkompetenz zusammen", erläutert Lukas Richter, Head of eSports im Marketing-Team. Dazu habe man unter anderem eine eSports-Broschüre mit dem Titel "Gesund zocken – gewusst wie?!" erarbeitet, die auf der Website abrufbar sei. Wir schauen uns das locker zu lesende pdf an: Auch hier wird "Gaming Disorder" ("Spielsucht") thematisiert. "Wenn das Essverhalten, der Schlafrhythmus oder weitere grundlegende Dinge wie Familie, Freunde oder die Hygiene darunter leiden, dann solltest du dein Spielverhalten kritisch betrachten", heißt es in dem Ratgeber. Und weiter: "Um die psychische Widerstandsfähigkeit zu fördern, sollte man sich mit der aktuellen Situation auseinandersetzen und sich auf persönliche und soziale Ressourcen berufen." Die Bergische gibt nun einige konkrete Tipps, wie sich übermäßiges Zocken eindämmen lässt: Zum Beispiel durch feste Spiel- bzw. Trainingszeiten, feste Tagesstrukturen und Offline-Zeiten, sportliche Aktivitäten und Zeit, die man (offline) mit Familie und Freunden verbringt. Für eSportlerInnen hat die Bergische auch konkrete Informationen parat, was Spieldauer und Pausen betrifft ("Am besten sind Kurzpausen von 1-5 Minuten alle halbe bis ganze Stunde."). Darüber hinaus enthält der Ratgeber auch Infos zu Regenerations- und Schlafphasen – bis hin zur Funktion des Hormons Melatonin.

Eine weitere Krankenkasse, die sich beim Thema "Gaming" engagiert, ist die DAK-Gesundheit. Allerdings dockt sie nicht an eSports an – sie tritt auch nicht als eSports-Sponsor auf –, sondern setzt den Schwerpunkt auf Präventions- und Aufklärungsarbeit für Hobby-Gamer. "Den Kern bilden dabei regelmäßige Studien zum Computerspiel-Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen, die wir gemeinsam mit Suchtexperten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) durchführen", erläutert Franziska Kath, Diplom-Psychologin und Präventionsexpertin der DAK-Gesundheit. "Mit diesen Studien wollen wir nicht nur für das Thema Gaming an sich sensibilisieren, sondern auch für die Gefahren, die von Computerspielsucht ausgehen." Dabei wolle man aber keinesfalls nur schwarzmalen, betont Kath: "Gaming ist ganz normaler Bestandteil des Alltags vieler Menschen. Hier kommt es aber auch auf die Art des Spiels an. Ein Quiz-Spiel ist natürlich pädagogisch wertvoller als ein Ego-Shooter." Um ihrem Präventionsauftrag nachzukommen, wolle die DAK-Gesundheit neben den Chancen auch die Gefahren des Gaming aufzeigen, speziell die Suchtgefahr. "Wir wollen aufklären und Betroffenen Hilfe anbieten", so Kath.

Neue Studie
Die Corona-Pandemie habe das Mediennutzungsverhalten vieler Menschen verändert – allen voran das der Kinder und Jugendlichen. "Viele Freizeitangebote fielen und fallen immer noch weg, Schulen waren lange Zeit geschlossen, die Möglichkeit, Freunde zu treffen, war sehr eingeschränkt", so die Psychologin. "Da ist naheliegend, dass die Kinder Ersatz im Digitalen suchen." Doch wie sich die Nutzungsgewohnheiten durch die Pandemie verändern, könne bisher niemand genau sagen, so Kath. "Deshalb untersuchen wir in einer Längsschnittstudie gemeinsam mit dem UKE momentan das Gaming- und Social-Media-Verhalten von Kindern und deren Eltern im Laufe der Corona-Pandemie." Die Zwischenergebnisse der Untersuchung haben schon jetzt Einfluss auf das Engagement der DAK-Gesundheit: Bereits im Sommer 2020 habe man eine Präventionsinitiative gegen Mediensucht gestartet, deren Ziel es sei, "problematische Nutzungsverhalten schnell zu erkennen und entsprechend gegensteuern zu können, falls nötig".

Man sieht: Die Krankenkassen verfolgen teils unterschiedliche Ansätze, um Gesundheit im Gaming zu fördern. Die Barmer beispielsweise setzt – ähnlich wie TK und Bergische – auf eine Gesundheitspartnerschaft: Sie unterstützt exklusiv die Prime League, Deutschlands größte eSports-Liga für League of Legends. "Mit unserem Engagement können wir für das essenzielle Thema Gesundheit in der eSport-Szene werben – und praktische Tipps zur gesunden Ernährung und ausreichend Bewegung geben", sagt Christian Bock, Bereichsleiter für Marke & Marketing. "Denn die körperliche und geistige Fitness ist Grundvoraussetzung für Höchstleistungen." Auf der Barmer-Website finden wir zwar keine Gesundheitstipps, die sich direkt an kompetitive GamerInnen richten. Allerdings gibt es dort eine Vielzahl von Inhalten, die (angehende) eSportlerInnen interessieren dürften. "Stress, schlechter Schlaf und die Herausforderungen unseres hektischen Alltags können die Lebensqualität erheblich einschränken", heißt es da. "Unsere Online-Kurse sollen dabei helfen, Stress abzubauen und die eigene Zufriedenheit sowie das persönliche Wohlbefinden zu steigern." Zur Auswahl stehen unter anderem Yoga-Kurse, Ausgeglichenheitstrainings und Tipps gegen Schlafstörungen, die für Barmer-KundInnen nach dem Login abrufbar sind.

Wohlgemerkt: Wir beschreiben hier nur einen Teil der Online-Angebote, die Krankenkassen für Gaming-Interessierte bereithalten. Bei physischen Events – zum Beispiel eSports-Turnieren – wäre noch deutlich mehr Prävention möglich, etwa durch Entspannungsübungen mit Profi-Coaches. Da aber die Pandemie solche Vor-Ort-Veranstaltungen nach wie vor vereitelt, ist Online-Prävention und -Aufklärung das Maß aller Dinge.
 

 Sprich am besten mit Vertrauten oder deinem Arzt darüber
 

Für Chancengleichheit
Auch Versicherungen sind immer häufiger im eSports aktiv. Allerdings liegt ihr Themenschwerpunkt verständlicherweise nicht bei gesundheitlicher Aufklärung, sondern bei den verschiedenen Versicherungsprodukten, die sie verkaufen. Die ARAG beispielsweise ist seit 2019 offizieller Partner von SK Gaming. "Das Sponsoring passt perfekt zu uns als innovativem Versicherer und bietet uns außerdem die Chance, uns langfristig als der Versicherer für das digitale Leben zu positionieren. Auch – und vor allem – in der jungen Zielgruppe", freut sich Head of Marketing Jakob Muziol. "Zudem bringen wir eine sehr relevante Botschaft mit in die Kooperation und die eSports-Community ein: Wir setzen uns für Fairness, Respekt und Chancengleichheit ein." Werte, die laut Muziol fester Bestandteil der ARAG-DNA sind, die bereits vor 85 Jahren gegründet wurde: "Damals wie heute wollen wir allen Menschen die gleichen Chancen vor dem Recht ermöglichen." Die Partnerschaft mit SK Gaming steht unter dem Motto "For a Good Game". Den meisten e­SportlerInnen wird das ein Begriff sein: "Good Game" – oder kurz "GG" – ist ein Ausdruck, mit dem man Gegnern Respekt für ein gutes Spiel zollt. "Also genau die Haltung, die wir transportieren wollen", sagt Muziol. "Lasst uns bei allem Ehrgeiz im Spiel fair miteinander umgehen."

Mittelbar hat Fairness im eSports natürlich auch mit mentaler Gesundheit zu tun. Mobbing und Hate Speech kann bei den Betroffenen zu psychischen Beeinträchtigungen führen – ob das nun professionelle eSportlerInnen vor einem Millionenpublikum oder kompetitive Gamer in einer Online-Community sind. Das Thema "Hate Speech" gewinne im eSports weiter an Brisanz, betont Muziol. Die ARAG wolle hier Alternativen aufzeigen: "Wie finden wir – bei allem Wettbewerb um vordere Plätze – einen guten Umgang miteinander? Ohne Hasskommentare oder Mobbing, mit denen besonders oft eSportlerinnen konfrontiert werden." Genau hier setze die Kampagne "For a Good Game" an, sensibilisieren für das Thema und mache es mit bestimmten Formaten für alle sichtbar. Ein Beispiel seien die "Entbannungsanträge' von und mit dem Content-Creator ‚BigSpin'. Außerdem hat die ARAG in der Pandemie ihre Streaming-Formate weiter ausgebaut – und gemeinsam mit SK Gaming auch neue Formate ins Leben gerufen. Beispiele sind das "Good Game Bingo" oder auch die "Good Game Card Challenge". "Bei diesen Formaten sind wir exklusiver Presenter, haben einen perfekten thematischen Fit, drängen uns aber dennoch nicht zu sehr in den Vordergrund", sagt Jakob Muziol. "Wir sehen, dass diese Formate sehr gut wahrgenommen und gleichzeitig auch sehr positiv von der Community aufgenommen werden. Das gute Feedback in den Chats der Streams zeigt uns, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind." Schon seit Jahren engagiert sich die ARAG übrigens für Chancengleichheit im Netz – unter anderem mit den Initiativen "Bildung.digital" und "Hass streichen" oder auch dem Konfliktmanagement an Schulen in NRW.

Gefühlte Benachteiligungen
Hate Speech kann Gaming- und eSports-Communities geradezu vergiften. Der Kampf gegen Toxicity wird deshalb immer wichtiger. Auf der Plattform Senior eSports (vgl. IGM 06/2021) sind SpielerInnen über 35 Jahren aus der DACH-Region unterwegs – da ist der Umgang miteinander natürlich etwas anders als bei jüngeren Generationen. "Es gibt auch bei uns leider ab und zu toxisches Verhalten von SpielerInnen, aber dies ist zum Glück wirklich nur sehr selten", sagt Christian Denk, Strategic Territory Lead Germany. "In der Regel geht es dann primär um gefühlte Benachteiligungen – und in dem Zusammenhang verliert der eine oder andere dann kurz die Nerven", berichtet Denk. "Aber dies regelt sich dann – dank der Community – relativ schnell. Entweder die Person entschuldigt sich – oder sie wird bei Senior eSports ausgeschlossen." Toxicity stelle also letztendlich kein großes Problem für die Community dar, so Denk: "Hier spielt sicher auch die erkennbare ‚Ruhe der Älteren' eine große Rolle."

Tatsächlich tut Senior eSports einiges für das mentale Wohl seiner SpielerInnen: Angesichts der Coronavirus-Pandemie startete das Unternehmen im März 2021 die Kampagne "Play against Loneliness", die sozialer Isolation und Einsamkeit entgegenwirken soll. Teil der Kampagen ist auch eine Casual Game Night mit einer wachsenden Zahl von Disziplinen. Auch dieses Format trägt dazu bei, ein gutes Gaming-Klima zu schaffen: "Wir haben festgestellt, dass wir unsere kompetitive Community durch unsere Casual Game Night näher zueinanderbringen, als das in unseren eSports-Turnieren und -Ligen möglich ist", berichtet Denk. "So lernen sich die Gegner aus den Turnieren besser kennen und verstehen. Das Ganze unterstützt dann wiederum das aktive Verhindern toxischer Tendenzen auf der Plattform."

Fazit: Mentale Gesundheit ist ein ausgesprochen wichtiges Thema – ob nun im professionellen eSports oder im kompetitiven Hobby-Gaming. Hier Aufklärung und Prävention zu betreiben, ist aller Ehren wert. ESportlerInnen, die auf ihre Gesundheit achten, können Vorbilder für die Community sein. Für Sponsoren und Gesundheitspartner ist "eSports und mentale Gesundheit" ein lohnendes Betätigungsfeld. (Achim Fehrenbach)

IGM 07/21
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