Team mit Strahlkraft: Der Publisher Fireshine Games im Porträt

Im März diesen Jahres tauchte ein neuer Name in der Spielebranche auf: Fireshine Games! An und für sich nichts Ungewöhnliches – schließlich werden im schnelllebigen Games-Geschäft alle naselang neue Firmen gegründet. In diesem Fall jedoch steckt hinter dem neuen Namen ein alter Bekannter: Die Firma Sold Out hat ein Rebranding vollzogen, die Umbenennung soll die neuen Prioritäten des britischen Publishers widerspiegeln. Ein Porträt.
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250.000 in der ersten Woche, 500.000 in den ersten beiden Wochen – und nahezu eine Million bis zum heutigen Tag: Die Verkaufszahlen von Core Keeper können sich sehen lassen. Seit dem 8. März ist das Spiel im Early Access auf Steam erhältlich – und zählt jetzt schon zu den Indie-Erfolgsgeschichten des Jahres. Core Keeper vereint RPG-Elemente, Basenbau, Farming und Crafting in einer prozedural generierten Pixel-Höhlenwelt, die Fachpresse beschreibt es als Mischung aus Terraria, Stardew Valley und Diablo. Entwickelt wird Core Keeper vom schwedischen Studio Pugstorm, das Publishing übernehmen die Briten von Fireshine Games. Wie kaum ein anderer Titel verkörpert Core Keeper die neue Fireshine-Strategie. Stichwort: Diversifizierung!

In der Spielebranche ist Fireshine Games ein neuer Name. Die meisten werden das Unternehmen aber noch als „Sold Out Sales & Marketing“ kennen. 2014 gegründet, spezialisierte es sich zunächst auf Boxed Games für den Einzelhandel. Unter CEO Garry Williams schloss Sold Out Partnerschaften mit Entwicklern wie Team 17 (Worms, Yooka-Laylee, Overcooked!), Frontier Developments (Jurassic Park Evolution, Planet Coaster) und Rebellion Developments (Zombie Army 4). In Deutschland kooperiert der Publisher seit vielen Jahren mit dem Distributor NBG. Ende 2019 wurde Sold Out von der schwedischen Firma Toadman Interactive übernommen – Kostenpunkt: 16 Millionen britische Pfund. Schon kurz darauf, im Januar 2020, schlossen sich Toadman, Sold Out und die kalifornische Kreativagentur Petrol unter dem Label Enad Global 7 (EG7) zusammen. Mittlerweile umfasst die Holding 18 Firmen mit mehr als 850 MitarbeiterInnen in aller Welt. Im März 2022 vollzog Sold Out dann sein Rebranding in „Fireshine Games“. Heute hat der Publisher aus der Londoner Whitefriars Street insgesamt 27 Vollzeitarbeitskräfte – und ein globales Netz an Distributionspartnern. „Wir schätzen uns glücklich, mit einigen der kreativsten Kräfte in der Games-Industrie zusammenzuarbeiten – bei verschiedenen Studios und Entwicklern in der ganzen Welt“, sagt COO James Cato.

Auch weiterhin erfolgreiche Boxed-Kampagnen
 

Doch warum hat sich Sold Out eigentlich umbenannt? Einen solch etablierten Namen ändert man ja nicht ohne guten Grund. Sarah Hoeksma klärt uns über das Rebranding auf. „Das Unternehmen unterscheidet sich heute sehr stark von dem, was wir 2014 gegründet haben“, so die Marketing-Leiterin. „Nicht nur die Industrie hat sich verändert – sondern auch unsere Unternehmenskultur, unsere Prioritäten und das, was wir machen wollen. Wir fanden: Der Firmenname muss sich ändern, um das widerzuspiegeln.“ Der Name solle verschiedene Assoziationen wecken, erläutert Hoeksma: Die Energie des Elements Feuer, das Gefühl von Wärme, Geborgenheit und Zusammengehörigkeit – und die Idee, dass der Feuerschein tolle Indie-Games ins „Rampenlicht“ stellt. Das Rebranding helfe auch, die aktuelle Firmenstrategie zu kommunizieren, so Hoeksma: „Unser Plan war schon immer, zunächst unsere Stärke und unser Know-how im physischen Publishing zu etablieren – und dann in digitale Kanäle zu expandieren.“ Auf diese Weise könne man eine größere Bandbreite maßgeschneiderter Services bieten – und zwar sowohl im physischen als auch im digitalen Publishing. „In den vergangenen 18 Monaten haben wir damit begonnen, Spiele digital zu veröffentlichen, fahren aber auch weiterhin erfolgreiche Boxed-Kampagnen für unsere geschätzten Partner“, betont Hoeksma. Fireshine richtete ein Digital-Publishing-Team ein, um sein Portfolio zu erweitern. Core Keeper war der erste Titel, mit dem Fireshine Early Access ausprobierte. „Von allen unseren Spielen verkauft es sich am schnellsten“, freut sich Hoeksma.

Vielversprechendes Portfolio
Fireshine hat noch eine ganze Reihe weiterer Titel in petto. Da wäre zum Beispiel das Rätsel-Abenteuer Silt (Entwickler: Spiral Circus), das Anfang Juni auf mehreren Plattformen debütiert. („Silt“ bedeutet so viel wie „Schlamm“, „Schlick“.) Oder auch ein Spiel, das nicht zuletzt in Deutschland für Furore sorgen dürfte: In Brewmaster: Beer Brewing Simulator (Entwickler: Auroch Digital) können Bier-Aficionados ihr eigenes Gebräu im virtuellen Zuhause craften. Sowohl Silt als auch Brewmaster erscheinen vorerst „nur“ digital. Der weitaus größte Fireshine-Release des ersten Halbjahres ist jedoch die Boxed Version von Sniper Elite 5: Der Taktik-Shooter von Rebellion erscheint bereits am 26. Mai für PS4, PS5, Xbox One und Xbox Series X/S. (Vgl. unsere Preview in IGM 06/2022.) Stichwort Boxed Games: Wie Sarah Hoeksma versichert, will Fireshine sein Engagement diesbezüglich beibehalten. „Physische Produkte sind für uns heute so wichtig wie eh und je“, sagt sie. „Es gibt definitiv ein Publikum, das physische Games besitzen möchte.“ Genau diesem Publikum werde man auch weiterhin die tollen Games von Team17, Frontier und Rebellion als Boxed Games zur Verfügung stellen.

Die Zusammenarbeit mit NBG ist fantastisch
 

David Walker ist Sales Director von Fireshine – und voll des Lobes über den deutschen Partner NBG. „Die Zusammenarbeit mit NBG ist fantastisch“, schwärmt er. „Deutschland ist einer der Hauptmärkte in Europa und sehr wichtig für uns. Deshalb ist es unabdingbar, einen wirklich guten Partner zu haben.“ Man arbeite nun schon seit acht Jahren mit NBG zusammen, die Kooperation biete einen starken Zugang zum deutschen Einzelhandel, so Walker. „NBG berät uns bei lokalen Angelegenheiten. Sie haben ein gutes Gespür dafür, wie sich der Markt entwickelt – und welche Bedingungen sowohl für den Handel als auch für die Konsumenten in Deutschland gelten.“ Aktuell hat NBG eine ganze Reihe von Fireshine-Titeln im Katalog: Neben der Sniper-Elite-Reihe unter anderem die wohlbekannten Worms, den Koop-Hit Overcooked!, das Fahrrad-Rennspiel Descenders, die Haustiersimulation Little Friends Dogs + Cats sowie die Simulationsreihen Planet Coaster und Jurassic World.

Feste Bindungen
In seinen Geschäftspartnerschaften setzt Fireshine auf Fairness und Transparenz. Zu Firmen wie Rebellion, Frontier und Team17 habe man eine feste Bindung aufgebaut. „Wir haben großes Glück und empfinden es als Privileg, mit einigen der besten Entwicklern der Welt zusammenzuarbeiten“, sagt Sarah Hoeksma. „Wir verstehen, was beide Seiten brauchen – und wir arbeiten hart dafür, das jeder das dann auch bekommt.“ Diese Offenheit sieht Fireshine als sein Erfolgsrezept – und wendet dieses Rezept auch gegenüber den immer zahlreicheren Indie-Partnern an. „Indie-Games stehen definitiv im Rampenlicht“, konstatiert Hoeksma. Bei ihnen lasse sich das Risiko besser kalkulieren als bei AAA-Games, die stets gewaltige Investments erfordern. „Ein Indie-Game hingegen kann das Herzensprojekt eines Ein-Personen-Studios sein, das die Fantasie – und Millionen Gamer – anregt“, so die Marketing-Leiterin. Besonders spannend sei, dass immer mehr erfahrene AAA-Entwickler ihre eigenen Start-ups gründen – dadurch nämlich „strömen immer mehr qualitativ hochwertige Games von hochtalentierten Leuten in den Markt“. Der Indie-Hit Core Keeper wiederum wird von „waschechten“ Indie-Devs ohne AAA-Background entwickelt. Warum das Spiel so erfolgreich ist? „Viele Dinge haben dazu beigetragen, es dorthin zu bringen, wo es heute steht“, sagt Hoeksma. Natürlich das großartige Team, aber auch die Alpha und Beta, das Influencer- und das Ambassador-Programm, die Unterstützung seitens der Medien und von Steam – „und nicht zuletzt die unglaubliche Spieler- und Fan-Community“. Gleichwohl sei der Weg im Early Access noch weit, gibt Hoeksma zu bedenken. Das nächste Etappenziel ist das „Sunken Sea Biome“, das am 12. Juni erscheint.

Wir verstehen, was beide Seiten brauchen

Indie-Studios wie Pugstorm bietet Fireshine individuelle Publishing-Services. „Wir sind ein Team leidenschaftlich und hart arbeitender Gamer, das seinen Partnern aus der Indie-Spieleentwicklung zum Erfolg verhelfen will“, betont James Cato. Jedes Spiel und jedes Entwicklerteam sei anders, man müsse den Devs ihre kreative Freiheit lassen. „Im Gegenzug bauen wir um sie herum ein maßgeschneidertes Team auf, das sie mit Marketing, PR & Influencern, Community-Arbeit, Customer Services, QA und Submissions unterstützt“, sagt Cato. Dass immer mehr Indie-Publisher um künftige Hits konkurrieren (vgl. IGM 09/2021), ist aus Sicht des COO kein Problem. „Das beeinflusst unsere Arbeit nicht“, versichert Cato. „Wir konzentrieren uns voll auf unsere Spiele und Partner – und geben unser Bestes.“ Ja, es gebe immer mehr Publisher, Spiele und Entwickler. Fireshine könne jedoch auf eine lange Publishing-Geschichte zurückblicken – mit AAA-, Indie-, Boxed- und Digital-Releases. „Diese Erfahrung und dieses Wissen können wir für unsere Partner und für unsere Releases nutzen“, zeigt sich Cato selbstbewusst.

Lieferzeitpläne angepasst
Wie aber hat Fireshine die letzten zwei Jahre erlebt? Schließlich haben der Brexit (vgl. IGM 02/2022) und die Corona-Pandemie die Branche durchaus beeinflusst. „Auf unser Digitalgeschäft hatte der Brexit keine wirklichen Auswirkungen“, berichtet Cato. Beim physischen Publishing habe man jedoch Lieferzeitpläne anpassen müssen. Gleichwohl habe der Brexit die physischen Releases und die Nachschubbestellungen nicht nachhaltig tangiert, so der COO. Eine größere Herausforderung sei jedoch Corona – gerade im Hinblick auf die physischen Retailer. „Unser Team hat während der Lockdowns in UK unglaublich hart daran gearbeitet, dass das weltweite Business fortgesetzt werden kann“, berichtet David Walker. „Auch während der Pandemie haben wir weiter viele Boxed-Games erfolgreich auf den Markt gebracht.“ Gleichwohl habe Covid das Wachstum des Digitalkonsums beschleunigt, so Walker. Was Fireshine ja durch seine strategische Neuausrichtung sehr gut nutzen konnte.

Fazit: „Fireshine Games“ mag ein neuer Name in der trubeligen Games-Branche sein. Doch dank jahrelanger Erfahrung dürften die Briten auch weiterhin auf der Erfolgswelle surfen. (Achim Fehrenbach)

IGM 07/22
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