Wie EPOS den Markt für Gaming-Headsets erobern will

Der Begriff "Epos" kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie "Erzählung". EPOS ist auch der Name eines neuen Unternehmens, mit dem die dänische Demant-Konzerngruppe ihre Gaming-Aktivitäten verstärkt. Ab Oktober 2020 will EPOS eigene Gaming-Headsets auf den Markt bringen. Wir haben vorab mit den Verantwortlichen gesprochen.
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Hochhäuser, Neonlichter, fliegende Autos: Die Szene könnte geradewegs aus dem Cyberpunk-Klassiker Blade Runner stammen. Ein Mann im Mantel stapft durch die regennassen Straßen, verfolgt von den argwöhnischen Blicken schräger Gestalten. Der Mann sieht sich vorsichtig um, schlüpft in einen Hauseingang, läuft durch düstere Flure und meldet sich bei einer Empfangsdame an, die ihn aus Cyborg-Augen durchdringend anschaut. Sodann betritt der Mann einen Raum mit einer gleißend weißen Rückwand steht. "Du siehst noch schlimmer aus als beim letzten Mal", begrüßt ihn eine Stimme wie Donnergrollen. "Es ist schwer, Zeit für mich zu finden – neben der Arbeit und den Kindern, weißt du", antwortet der Mann sichtlich erschöpft, während er sich auf eine Arztliege fallen lässt und die Augen schließt. In diesem Moment erfassen zwei Monsterhände seinen Kopf, schütteln ihn durch, stecken die Finger in seine Gehörgänge und pusten rasende Bilder durch sein Hirn. Das Monster lacht dröhnend, während der Körper des Mannes unter dem Ansturm der Sinneseindrücke bebt. Dann folgt Entspannung, der Mann lächelt, öffnet die Augen – und trägt plötzlich ein Gaming-Headset von EPOS.

Der Werbespot bleibt im Gedächtnis haften. Zum einen, weil er ausgesprochen aufwendig produziert ist, weil die Inszenierung definitiv Hollywood-Niveau hat. Zum anderen, weil er überraschende Momente bietet, die man sonst aus Werbespots für Gaming-Headsets eher nicht gewohnt ist. Hinter dem Spot steckt der dänische Regisseur Anders Walter, der 2014 mit "Helium" einen Oscar für den Besten Kurzfilm erhielt. Die Botschaft seines Werbespots kommt jedenfalls rüber: Vollständige Immersion ist Balsam für die Seele. Doch wer steckt eigentlich hinter EPOS?

Gaming-Audio ist in den letzten Jahren stark gewachsen

Nicht von dieser Welt
Die internationale Kampagne mit dem Slogan "Out of this World" läuft seit Anfang Juli. Und damit gewinnt auch EPOS weiter an Bekanntheit. Das Unternehmen wurde Anfang 2020 von der dänischen William Demant Holding gegründet. Der börsennotierte Traditionskonzern – es gibt ihn seit 1904 – ist einer der weltweiten Leader für Hörhilfen und Audiotechnologie. Im Gaming-Segment war der Konzern bereits seit 2003 aktiv: In einem Joint-Venture namens "Sennheiser Communications" arbeiteten Demant A/S und die deutsche Sennheiser electronic GmbH & Co. KG zusammen. Als neu gegründetes Unternehmen tritt EPOS das Erbe von Sennheiser Communications an, sagt Maja Sand-Grimnitz, Head of Global Marketing / Gaming. Mit der Fachkenntnis und dem Erfolg beider Dachgesellschaften werde man sich "kontinuierlich um Premium-Audiolösungen bemühen".

EPOS führt ein eigenes Marken-Portfolio ein, verkauft aber auch weiterhin das aktuelle Portfolio von Sennheiser Communications – und zwar mit dem Co-Branding EPOS Sennheiser. Seine ersten eigenen Gaming-Headsets wird EPOS im Oktober auf den Markt bringen. Zu den konkreten Produkten könne sie leider noch keine Details nennen, sagt Sand-Grimnitz. Allerdings steht bereits fest, wer die Headsets distribuieren wird: Für Deutschland und Österreich hat EPOS eine Partnerschaft mit FirstWise Media geschlossen, für die Schweiz eine mit EcoMedia. Die Headsets werden bei Elektronikketten wie MediaMarkt und Saturn erhältlich sein, aber auch bei Online-Händlern wie Amazon, Alternate und Otto. Und natürlich auch auf direkt auf eposaudio.com. Zur geplanten Präsentation am PoS sagt Steven Schmidt, Senior Director, Global Sales / Gaming: "Im Saturn am Kölner Hansaring erschaffen wir eine einzigartige EPOS-Gaming-Experience." Wie die genau aussehen wird, erfahren wir wohl in den kommenden Monaten.

Großes Potenzial
Schmidt sieht großes Potenzial für den Markt der Gaming-Headsets."Gaming-Audio ist in den letzten Jahren stark gewachsen", so der Sales-Experte. "Es ist großartig, dass die Leute bereit sind, mehr Geld in diesen wesentlichen Bestandteil ihres Tech-Setups zu investieren – damit sie die bestmögliche Erfahrung haben. Mit EPOS wollen wir unsere Premium-Audio-Technologie weltweit vertreiben. Wir denken, dass unsere Voraussetzungen dafür sehr gut sind." EPOS wendet sich dabei an eine betont anspruchsvolle Käuferschaft. Man wolle bei den Erwartungen an ein Gaming-Headset "die Messlatte höher legen", sagt Andreas Jessen, Senior Director, Global Sales & Marketing / Gaming – und grenzt das EPOS-Portfolio ganz bewusst von bestehenden Angeboten ab. Lange seien Gaming-Headsets vor allem billig gewesen – und mit protzigen LEDs bestückt. "Wir wollen zurück zum echten Klang, wir wollen ein Gefühl von Premium-Qualität in dieses Marktsegment bringen – und Headsets erschaffen, die audiophile Gamer wirklich lieben." Das bedeute nicht, dass LEDs an Headsets sinnlos seien, so Jessen. "Aber wir glauben nicht, dass wir diesbezüglich etwas Nützliches beisteuern können. Was wir am besten können, ist, hochklassige Klangerfahrungen auf den Markt zu bringen – und daran glauben wir auch. Wir haben gerade erst damit begonnen, unser Können zu zeigen." Man richte sich speziell an KundInnen, die ihre Gaming-Erfahrung ausreizen wollen, ergänzt Maja Sand-Grimnitz. "Außerdem bedienen wir natürlich audiophile Gamer – also Klang-Techies, denen die Qualität der Audio-Technologie ausgesprochen wichtig ist." Sand-Grimnitz ist davon überzeugt, dass dieser Typ von Gamer nicht demografisch definiert werden kann: "Es handelt sich um eine grundsätzliche Geisteshaltung einer weltweit wachsenden Spielerzahl."

Gamer erwarten heutzutage mehr von einem Headset

Dieser Markt wird im Gesamt-Portfolio von EPOS künftig eine größere Rolle spielen. "EPOS wandelt sich – und dabei konzentrieren wir uns stärker auf Gaming", sagt Andreas Jessen. "Gaming-Produkte erschaffen wir ja bereits seit 2003. Aber weil sich die Gaming-Community weiterentwickelt, halten auch wir eine Weiterentwicklung für notwendig." Gamer würden heutzutage deutlich mehr von einem Headset erwarten als noch vor 15 Jahren. "Das setzt uns unter Druck, diese Nachfrage zu bedienen. Wobei wir diese Art von Druck mögen!" Man werde die gesamte Produktpalette aus dem alten Sennheiser-Communications-Portfolio hinüber zur neuen Marke EPOS bringen, sagt Jessen. "Das bedeutet auch, dass der Wandel langsam ablaufen wird – als Evolution." Man wolle sich stärker darauf fokussieren, wie Gamer den Klang erleben – dabei gehe es nicht nur um das Lautsprechersystem, sondern auch um die Mikrofon-Performance des Headsets. Das Ziel seien Produkte für Gamer, die auf mehreren Plattformen spielen – und die ein Headset haben wollen, das mit verschiedenen Sound-Quellen gleich gut funktioniert. Natürlich profitiere EPOS dabei auch von der langjährigen Erfahrung der Mutterfirma Demant bei Psychoakustik und Gehörforschung. "Das ist nicht nur wichtig, wenn es um die Verbesserung von Mikrophonen geht – oder wie man einen Lautsprecher tunen kann", sagt Jessen. "Es geht auch darum, wie unser Gehirn Audiosignale im Hinblick auf Raumverständnis verarbeitet. Das fließt direkt in die Art und Weise ein, wie wir unsere Surround-Sound-Produkte entwerfen." Natürlich gebe es auch sonst viele Synergien mit der Demant-Forschung – zum Beispiel bei Bluetooth-Technologie, latenzarmen Verbindungen, Batterietechnologie und dem mechanische Look and Feel.

Sorgfältige Tests
Die Qualität der Produktion sei für hochklassiges Audio mit entscheidend, betont Jessen. "Ein Lautsprecher ist kein Stück Software, das man einmal schreibt und dann ewig kopiert. Er besteht aus Aufhängungen, Magneten, Schwingspulen, Membranen und vielem mehr." All diese Bestandteile hätten eine natürliche Toleranz: "Aus diesem Grund testen wir jedes einzelne Headset, das die Fertigungslinie verlässt. Und stellen sicher, dass es die Toleranz über das gesamte Klangspektrum – also von 20 bis 20.000 Hertz – genauestens erfüllt." EPOS wolle langlebige Produkte abliefern, sagt Jessen, "weil wir einen Premium-Preis für sie aufrufen". Die Produktionsabläufe würden ständig kontrolliert: "So können wir sicherstellen, dass das allererste Produkt, das die Fertigungslinie verlässt, genauso gut ist wie das Zehntausendste." Vor 15 Jahren habe es vielleicht noch gereicht, nur den analogen Teil der Audio-Produktionskette selbst zu übernehmen. "Inzwischen wissen wir aber, dass wir die gesamte Audio-Produktionskette kontrollieren müssen, um die gewünschte Qualität zu gewährleisten", sagt Jessen. "Es nützt nichts, wenn wir das beste Lautsprechersystem der Welt haben, wenn der Digital-Analog-Wandler [DAC], den man verwendet, schlecht abgeschirmt und nicht für Top-End-Qualität entworfen ist." Deshalb habe sich EPOS entschieden, auch ins Soundkartengeschäft einzusteigen: "Wir haben auch unseren eigenen Audiotreiber für Windows 10 produziert, um die Klangqualität kontrollieren zu können. Diese Kontrolle können wir nun an die Gamer weitergeben, für die Klangqualität besonders wichtig ist."

Der Klang wird freier in die Ohren und von dort ins Gehirn fließen

Das klingt nach einem sehr durchdachten Vorgehen, nach sorgfältiger Planung und Vorausschau. Aber gilt das auch für die Umweltverträglichkeit der EPOS-Produkte? Wie ist es um die CO2-Bilanz des Unternehmens bestellt?  "Als Hersteller und Lieferant von Premium-Consumer-CE auf globaler Ebene erkennen wir unsere Verantwortung und Verpflichtung an, die negativen Auswirkungen auf Umwelt, Klima und Gesellschaft zu minimieren", sagt dazu Andreas Jessen. "Wir arbeiten ständig daran, das umzusetzen – und die Auswirkungen auf die Umwelt zu verbessern."

Esports-Partnerschaften
EPOS merkt man das Selbstbewusstsein an, das auf jahrzehntelanger Demant-Expertise basiert. "Unser Ziel ist, dass durch die Kraft von Audio sowohl Einzelpersonen als auch Teams in aller Welt ihr volles Potenzial ausschöpfen können", sagt Andreas Jessen. Was liegt da näher, als dies im eSports unter Beweis zu stellen? "ESports-Partnerschaften sind eine wichtige Säule unserer Marketing-Strategie", sagt denn auch Maja Sand-Grimnitz. "Sie bieten uns wichtige Einblicke und Partnerschaften für die Produktentwicklung. Genauso wichtig sind die Aktivierungsmöglichkeiten für die Storys, die wir rund um unsere Produkte und die Marke erzählen wollen." Bei der Suche nach geeigneten Sponsorships gehe man sehr selektiv vor, betont Sand-Grimnitz: "Wir suchen nach Partnern, die perfekt zu unserer Marke passen – und die so leidenschaftlich wie wir die Bedeutung von Klang für das Gaming-Erlebnis vermitteln wollen." Bei seiner Suche nach passenden Partnern ist EPOS auch bereits fündig geworden. Im März 2020 verlängerte das Unternehmen seine Zusammenarbeit mit North Esports, das mehrere erfolgreiche Teams (CS:GO, Fifa, Apex Legends) ins Rennen schickt. Anfang April verkündete EPOS zudem, man werde die Partnerschaft mit SK Gaming fortführen: Die eSports-Organisation mit Hauptsitz Köln wird bereits im dritten Jahr von EPOS gesponsert. Im Juni gab EPOS schließlich eine eSports-Partnerschaft mit Riot Games bekannt: Das Unternehmen wird die Oceanic Pro League mit Headsets ausstatten.

Man sieht: EPOS legt beim Gaming richtig los. Wobei uns jetzt natürlich schon interessiert, was den Klang eines EPOS-Headsets von dem eines herkömmlichen Headsets unterscheiden wird. Andreas Jessen spricht hier von gesteigerter Immersion – und beschreibt dazu eine Spielszene: "Vielleicht erkunden wir einen Wald auf einem einsamen Planeten – und das Rascheln der Blätter gibt uns das Gefühl, wirklich dort zu sein." Jessen spricht von einem reibungslosen Hörererlebnis: "Der Klang wird freier in die Ohren und von dort ins Gehirn fließen. Wir sorgen dafür, dass das Gehirn dabei so wenig Arbeit wie möglich verrichten muss – was die Ermüdung beim Zuhören deutlich reduziert." Man wolle den KundInnen das Gefühl einer unverhofften Entdeckung bescheren, so Jessen: "Man wird etwas finden, von dem man gar nicht wusste, dass man es gesucht hat." Das klingt überaus vielversprechend. Wir sind gespannt! (Achim Fehrenbach)

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