Steam Deck: Ein überaus potenter Kraftprotz

Mit der Valve Index mischten die Steam-Erfinder 2019 den VR-Markt auf. Jetzt ist
der von Nintendo beherrschte Handheld-Markt dran. Mittel zum Zweck: Das verblüffend leistungsstarke, aber schon jetzt ausverkaufte Steam Deck.
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Copyright: Valve
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Ende Mai berichtete die Webseite Ars Technica, Valve – Betreiber des täglich millionenfach besuchten Spiele-Downloadportals Steam – würde eine Switch-ähnliche Mobilkonsole auf den Markt bringen. Als Belege für diese Theorie wurden unter anderem Passagen im Quellcode des Steam-Clients zitiert, die ein Gerät namens "SteamPal" referenzierten. Dazu gesellten sich Aussagen von Firmengründer Gabe Newell, der im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Neuseeland gefragt worden war, ob Valve für die Zukunft Konsolenpläne hätte. Seine Antwort: "Am Ende des Jahres werden Sie eine bessere Idee davon haben." Wie sich herausstellte, sollte Newell Recht behalten. Anders als von Branchenkennern vermutet, kündigte Valve das erste hauseigene PC-Gaming-Handheld nun allerdings schon Mitte Juli 2021 an.

Die eigentliche Hardware entpuppt sich dabei als echter Kraftprotz mit topaktueller Ausstattung. Beim Prozessor etwa setzt Valve auf eine AMD-CPU mit Zen-2-Architektur und vier Kernen, die je acht Threads verarbeiten können und variable Taktfrequenzen zwischen 2,4 und 3,5 GHz unterstützen. Laut Valve ergibt sich daraus eine CPU-Rechenleistung von bis zu 448 Gigaflops. Zum Vergleich: Die ARM Cortex-A57-CPU der in die Jahre gekommenen Nintendo Switch kann lediglich vier Threads verarbeiten und hat eine Taktfrequenz von 1,02 GHz. Noch potenter ist allerdings die Grafikeinheit des Steam Decks. Hier nutzt AMD die brandneue RDNA-2-Architektur mit 8 Compute Units (CUs) und 512 Shader-Kernen. Sie taktet mit bis zu 1600 MHz und erreicht dadurch eine Performance von maximal 1,6 Teraflops. Auch in diesem Punkt lohnt sich wieder ein Vergleich mit anderen Gaming-Plattformen: Die reguläre Xbox One etwa schafft 1,31 Teraflops, die PlayStation 4 in der Standardvariante 1,8 Teraflops und die Switch gerade einmal 0,4 Teraflops. Zumindest auf dem Papier wäre Valves Steam Deck somit viermal so leistungsstark wie eine Switch. In puncto Arbeitsspeicher lassen sich die US-Amerikaner ebenfalls nicht lumpen: Während Nintendo 4 GByte LPDDR4-1600 RAM verbaut, sind es bei Valve 16 GByte vom schnellen Typ LPDDR5-5500, der Datentransferraten von bis zu 88 GB pro Sekunde erlaubt.

Auch die neuesten AAA-Spiele sollen problemlos laufen

Drei Modelle, drei Preise
Beim internen Speicher wiederum variiert die Kapazität je nach Modell. Los geht's mit 64 GB eMMC-Speicher für das 419 Euro teure Einsteigermodell. Wer 549 Euro zahlt, erhält das fortgeschrittene Modell mit einer 256 GB großen und auch schnelleren NVME-SSD. Und für die Profivariante spendiert Valve 512 GB SSD-Speicher sowie ein entspiegeltes Display, verlangt dafür dann allerdings auch 679 Euro. Fast doppelt so viel wie Nintendo für eine Switch abruft! Alle drei Steam-Deck-Varianten lassen sich außerdem mit einer Hochgeschwindigkeits-Micro-SD-Speicherkarte aufrüsten, die an der rechten unteren Seite des Geräts ihren Platz findet.

Noch hat Valve keine offiziellen Benchmark-Ergebnisse veröffentlicht. In Anbetracht der nativen Bildschirmauflösung von 1280x800 Pixeln soll jedoch mehr als genügend Rechenpower zur Verfügung stehen, damit – Zitat Valve – "auch die neuesten AAA-Spiele problemlos laufen". Geht's nach Valve, müssen bereits auf Steam erhältliche Spiele zudem nicht eigens für das Steam Deck angepasst werden. Möglich macht dieses Kunststück SteamOS 3, eine speziell für Mobilgeräte optimierte Version des Linux-basierten Betriebssystems sowie die hauseigene, darin implementierte Windows-Kompatibilitätssoftware Proton. Plus: Da es sich beim Steam Deck im Kern um einen tragbaren Linux-PC handelt, hat Valve nichts dagegen, wenn Käufer Windows, andere Betriebssysteme oder gar den Epic Games Store auf dem Handheld installieren.

Beeindruckende Eingabemöglichkeiten
Zugegeben, die inneren Werte des Steam Deck können sich sehen lassen. Mindestens genauso spannend ist jedoch sein Äußeres. Denn genau wie bei der Switch haben Nutzer auch hier Zugriff auf einen Touchscreen, zwei Analogsticks, ein Digital-Steuerkreuz, vier karoförmig angeordnete Aktionstasten (A, B, X, Y), vier Schultertasten (L1, L2, R1, R2), vier Menütasten (Ansicht, Optionen, Steam und Schnellzugriff), einen internen Gyrosensor, eine Ein/Aus-Taste sowie einen Volumenregler für die Soundausgabe via integriertem Stereo-Lautsprecher beziehungsweise 3,5mm-Klinkensteckerausgang.
 

Im Kern handelt es sich um einen tragbaren Linux-PC

 
Wohl wissend, dass viele PC-Spiele eine Maus voraussetzen, verbaut Valve darüber hinaus unter jedem Analogstick ein Trackpad. Letzteres kam bereits in Kreisform bei Valves Steam Controller zum Einsatz, ist hier nun allerdings quadratisch. Abgerundet wird die Flut an Eingabemöglichkeiten von vier weiteren Aktionstasten auf der Rückseite. Sie lassen sich frei belegen und dürften vor allem Spielern entgegenkommen, die nicht ständig zwischen dem rechtem Analogstick beziehungsweise Touchpad und den schräg darüber angeordneten Aktionstasten wechseln möchten. Anders als bei der Switch sind sämtliche Bedienelemente allerdings fest in die Konsole integriert und können nicht – wie die innovativen Joy-Cons – für Koop- oder Multiplayer-Spiele bei Bedarf entfernt werden. Da das Steam Deck aber sowohl WLAN, Bluetooth 5.0 als auch USB-C unterstützt, ist das Koppeln externer Controller etc. kein Problem.

Stichwort: USB-C. Eben dieser Anschluss ist beim Steam Deck DisplayPort-1.4-kompatibel. Ein entsprechendes Kabel vorausgesetzt, kann das Steam Deck somit problemlos mit einem externen Bildschirm verbunden werden. Die Bildausgabe in 4K erfolgt dann mit bis zu 120 Hz Bildwiederholrate, in 8K-Auflösung sind immer noch 60 Hz möglich. Ebenfalls schon offiziell angekündigt, aber preislich noch nicht konkretisiert, wurde eine optional erhältliche Dockingstation samt Stromzufuhr, Netzwerk-Anschluss, DisplayPort-1.4- und HDMI 2.0-Ausgang sowie drei USB-Anschlüssen (2x 2.0, 1x 3.1).

Achillesferse Akku?
Und wie sieht's mit dem Akku aus? Laut Valve handelt es sich hierbei um ein Modell mit 40 Wattstunden, das je nach Belastung zwischen zwei und acht Stunden durchhält. "Du kannst Portal 2 für vier Stunden auf diesem Gerät spielen. Wenn du die FPS (Bilder pro Sekunde, Anm. d. Red.) auf 30 limitierst, hält der Akku fünf bis sechs Stunden", verrät Valve-Mitarbeiter Pierre-Loup Griffais in einem Interview mit der US-Webseite IGN. Genau wie bei jedem anderen mobilen Gerät hängt die Akkulaufzeit also sehr stark von der Intensität der Nutzung sowie den dabei zum Einsatz kommenden Einstellungen ab. Wir würden uns übrigens nicht wundern, wenn viele Entwickler ihre Steam-Spiele bis zum Start des Geräts nochmals optimieren und einen Modus integrieren, der eine möglichst lange Akkulaufzeit auf dem Steam Deck garantiert.

Gegenüber IGN betont Griffais ferner, dass das vorinstallierte Steam­OS 3 das Gleiche kann wie die reguläre Steam-Version. Steam Workshop und Spielmodifikationen (Mods) – zwei Features, die vielen PC-Spielern besonders am Herzen liegen – sollen demnach problemlos laufen. Gefragt nach der Halbwertszeit der Hardware, äußert sich Valve ebenfalls sehr offen. "Wir wollen sicherstellen, dass SteamOS 3 kostenlos zur Verfügung steht. Jeder Hersteller kann also eine kostenlose Lizenz erhalten und ein ähnliches Produkt entwickeln", so Lawrence Yang von Valve.

Durchdachtes Reservierungssystem
Sogenannte Scalper dürften den meisten Gaming-Fans spätestens seit dem Start von PlayStation 5 und Xbox Series X/S ein Begriff sein. Um zu verhindern, dass die Betreiber findiger Shopping-Bots auch mit dem Steam Deck kräftig Kasse machen, implementierte Valve zum Vorverkaufsstart ein neuartiges Reservierungssystem. Heißt konkret: Wer das Handheld innerhalb der ersten 48 Stunden vorreservieren wollte, musste über einen Steam-Account verfügen, über den bereits vor Juni 2021 mindestens ein Kauf getätigt wurde. Außerdem musste eine Reservierungsgebühr von vier Euro entrichtet werden. Erfolgreich getätigte Reservierungen wurden dann in eine Warteschlange eingereiht, die Valve in der Reihenfolge abarbeitet, in der die Reservierungen stattfanden. Obendrein war es jedem Kunden gestattet, lediglich ein Gerät zu reservieren. Resultat der Aktion: Die zahlreichen Sicherheitsmechanismen scheinen in der Tat viele Scalper abgeschreckt zu haben. Wenige Tage nach Reservierungsbeginn entdeckten wir auf der deutschen Ebay-Seite lediglich noch sieben dubiose, völlig überteuerte Angebote. Sie alle dürften aber in Kürze verschwinden, denn laut Ebay-Regularien müssen ersteigerte Produkte innerhalb von 30 Tagen verschickt werden. Das vielversprechende Steam Deck wird jedoch frühestens im Dezember 2021 ausgeliefert. Ideal ist die Vorverkaufssituation trotzdem nicht: Alle Varianten des Steam Decks waren binnen kürzester Zeit ausverkauft und weitere Bestellungen sollen erst ab dem ersten Quartal 2022 wieder möglich sein. (soe/bpf)

IGM 10/21
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