Felix Schade, Schöpfer von Morbid Metal: „Es ist eigentlich wie ein Traum“

IGM im Gespräch mit Felix Schade, dem Schöpfer von „Morbid Metal“ und Gründer, CEO sowie Game Director der Screen Juice Interactive GmbH.
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Felix Schade

Von der Universität zu einem Publishing-Deal mit Ubisoft – das ist der Traum eines jeden Spieleentwicklers. Felix Schade lebt diesen Traum dank „Morbid Metal“ und arbeitet inzwischen mit einem ganzen Team an der Fertigstellung des einstigen Studentenprojekts. „Morbid Metal“ begann im Jahr 2017 als Studienprojekt des Ein-Mann-Entwicklers Felix Schade. Inzwischen ist der 27-Jährige Gründer des eigenen Entwicklerstudios Screen Juice Interactive. Ein Publishing-Deal mit dem Bran­chen­riesen Ubisoft macht es möglich. „Morbid Metal“ ist ein Kampfspiel mit futuristischer Ästhetik und nimmt Anleihen bei Titeln wie „Devil May Cry“, aber auch bei Roguelite-Abenteuern wie „Hades“. Das Projekt startet bald in den Steam Early Access. Auf der gamescom 2025 präsentierte Schade das Actionspiel und erzählte IGM von der wilden Entwicklungsgeschichte.

IGM: Wo ging die Reise in der Spieleentwicklung für Sie los?

Felix Schade: Tatsächlich habe ich nach dem Abitur studiert – nämlich Digital Games mit dem Fokus Game Design am Cologne Game Lab. Als ich im fünften Semester war, begann ich mit der Entwicklung von dem, was heute als „Morbid Metal“ bekannt ist. Natürlich war das ursprüngliche Projekt ganz anders: Es hieß damals „Unfold“ und hatte ein Origami-Thema. Bis auf das Character-Switching hatte das nicht viel mit dem Spiel von heute gemein. Mein Gedanke dahinter war zunächst: Ich mache erstmal dieses kleinere Projekt, starte damit mein Portfolio, und von dort aus beginnt dann die berufliche Karriere.

IGM: Zur zeitlichen Einordnung: Wie lange läuft die Entwicklung von „Morbid Metal“ schon genau?

Schade: Ich habe meinen Bachelor im Sommer 2019 gemacht und meinen Master im Sommer 2020 begonnen. Allerdings habe ich auch gemerkt, dass die gleichzeitigen Arbeiten an dem Spiel und das Master-Studium zu anspruchsvoll waren. Eigentlich wollte ich nur an dem Projekt arbeiten. Ich habe dann angefangen, die ersten Inhalte auf Twitter (heute X, Anm. d. Red.) zu posten. Das lief ganz gut. Da dachte ich mir: Scheiß auf den Master, ich mache das Projekt! Spätestens, als ich eine DM von Sony erhalten habe, war mir klar: Das ist es.

 

Da dachte ich mir: Scheiß auf den Master

 

IGM: Wir sprechen hier von einem jungen Entwickler, der während des Corona-Lockdowns in seiner Studentenwohnung ein Spiel zusammenbastelt. Korrekt?

Schade (lacht): Also, in meinen ersten Business-Meetings und Pitches war mein Bett im Hintergrund. Wir arbeiten aber auch heute noch remote. Deshalb rennen auch überall meine Katzen herum und mein Bürostuhl sieht ganz zerkratzt aus – aber das gehört dann halt dazu.

IGM: Wie würden Sie dann die Folgezeit beschreiben? Wie schritt die Entwicklung voran?

Schade: Langsam, aber sicher! Es gab die ersten Kontaktaufnahmen von Publishern. An diesem Punkt wusste ich, dass ich eine Demo benötigte, um das Projekt auch entsprechend zu präsentieren. Es gab zwar bereits eine Tech-Demo, die aber sehr weit weg von einem richtigen Spiel war. Ich habe mir dann ein Ziel gesetzt: Bis zum Ende des Jahres wollte ich eine Combat-Demo entwickeln, die das Core-Gameplay wirklich einfängt und so gepolished wie möglich ist, um diese auch Publishern vorzulegen. In dieser Zeit habe ich aber auch gemerkt, dass ich Hilfe benötige. Ein ehemaliger Studienkollege, der inzwischen Art Director bei uns ist, hat erste Concept Arts gemacht. Und später fand ich auch jemanden, der Charaktermodelle umsetzte. Ich selbst habe damals in erster Linie Third-Party-Assets verwendet. Anders war es zeitlich für mich gar nicht machbar. Ich habe dann auch gelernt, dass Unterstützung nicht schadet – während ich etwa an Pitches arbeitete. Meine ursprüngliche Vision war anders. Ich dachte, ich könnte das alleine machen, mit ein paar Freelancern im Hintergrund. Aber dieser Gedanke hat sich mit der Zeit und auch nach vielen Gesprächen geändert. Ich habe angefangen, ein bisschen größer zu denken. Als wir die ersten Male über Geld sprachen, dachte ich noch: „Oh mein Gott, das ist so viel Geld.“ Aber im Vergleich zu dem, was wir jetzt machen, war das natürlich Kindergarten. Gerade, wenn man über die Summen und auch den Aufwand spricht. So gesehen hat sich die Vision hinter dem Spiel nicht geändert, aber die Herangehensweise.

 

Oh mein Gott, das ist so viel Geld

 

IGM: Haben Sie auch business-seitig Unterstützung erhalten? Kaum aus dem Studium und schon mit Publishern verhandeln – das klingt nach einer sehr überwältigenden Aufgabe.

Schade: Ja, tatsächlich war Professorin Odile Limpach vom Cologne Game Lab meine Mentorin. In ihren Economics-Classes haben wir schon einiges über Pitches und die Wirtschaft hinter der Videospielbranche gelernt. Aber es ist was anderes, das wirklich „in echt“ zu machen. Da geht es viel detaillierter zur Sache als in dem, was du im Studium in ein paar Semestern anreißen kannst.

IGM: Wie hat sich das Spiel über die Jahre verändert und was waren die Inspirationen?

Schade: Oh, ganz viele. Als ich mit dem Projekt startete, habe ich extrem viel „Dota“ gespielt. Damals war das Spiel langsam und mit starkem Spell-Fokus – inspiriert durch die Wombo-Kombos aus „Dota“. Vieles hat sich auch durch die Titel geändert, die ich selbst gespielt habe. Ich habe anfangs auch eher ein Spiel für mich entwickelt. Also ein Game, das ich gerne spielen würde. Als Inspirationen muss man auf jeden Fall Titel wie „Devil May Cry“, „Nier: Automata“ und „Metal Gear Rising“ nennen. Aus dem Roguelite-Bereich floss auch „Hades“ mit ein.

IGM: Wie verläuft die Zusammenarbeit mit Ubisoft? Hat sich dadurch die kreative Arbeit verändert?

Schade: Nein, nicht wirklich. Ubisoft ist sehr hands-off. Wir haben die komplette kreative Kontrolle. Natürlich erhalten wir Feedback und arbeiten mit sehr erfahrenen Leuten bei Ubisoft zusammen. Das ist sehr wertvoll für uns. Das ist mein erstes kommerzielles Projekt. Es hilft immens, dass da Menschen im Hintergrund sind, die 20 und mehr Jahre in der Branche sind. Trotzdem können wir am Ende entscheiden, was wir machen wollen. Wir machen auch das Spiel, das wir machen wollen. Diese kreative Seite, besonders bei mir, ist immer noch da. Aber es war auch eine Umstellung. Ein Stück-für-Stück-Prozess. Es ist ja auch nicht so, als hätten wir auf einen Schlag 15 Leute eingestellt. Das Projekt wuchs über die vergangenen zweieinhalb bis drei Jahre, bis wir zu dem Punkt gekommen sind, wo wir jetzt sind. Wir haben natürlich auch Deadlines. An die müssen wir uns halten. Das Spiel muss jetzt für die Community zugänglich gemacht werden. Wir sind ja ganz kurz vor dem Early-Access-Start im Herbst.

 

Ubisoft ist sehr hands-off

 

IGM: Der Sprung vom Solo-Entwickler in der eigenen Studentenbude hin zum kreativen Anführer einer Produktion für und mit einem der größten Videospiel-Publisher der Welt muss krass gewesen sein – auch mental.

Schade: Es ist eigentlich wie ein Traum. Es war immer mein Traum, irgendwann ein Studio zu gründen. Mein Vater ist selbstständig. Ich habe das von ihm mitbekommen, dass wir unserem Traum immer folgen. Aber in meinem Kopf war das natürlich noch weit weg: Ich fange mit Kleinigkeiten an, bevor ich Karriere mache. Und dann hat es sich einfach so entwickelt. Mich freut das natürlich total und ich bin froh, dieses Team zu haben, das sich in den letzten Jahren aufgebaut hat.

IGM: Was ist für Sie die wichtigste Lektion aus den vergangenen Jahren?

Schade: Alles dauert viel länger, als man denkt. Also wirklich alles! Ich rede nicht nur über Development, sondern über alles. Irgendwelche Pläne machen, irgendwelche Business-Sachen – alles dauert länger. Deswegen: schön Zeit einplanen, aber auch nicht unbedingt ungeduldig werden. Das ist auch okay. Aber trotzdem sollte man sich auf alle Eventualitäten vorbereiten und einen Plan B haben, wenn etwas schief geht. Das gilt in allen Bereichen, auch im Development. Und nichts überstürzen.

IGM: Sie haben im Gespräch oft von der Vision gesprochen. Was kommt als nächstes?

Schade: Für „Morbid Metal“ erstmal der Early Access. Mit dieser Veröffentlichung dann das Feedback der Community annehmen und mit der Community zusammen das Spiel weiterentwickeln. Am Ende des Tages machen wir das alles, weil wir wollen, dass die Spieler Spaß haben. Das ist unser Hauptziel. Die Leute sollen Spaß daran haben, Gegner zu schnetzeln – und das mit coolen Kombos. Das ist unser Ziel: Was ist cool, was nicht? Und danach immer mehr Content bis zum fertigen Release raushauen und an den Inhalten arbeiten, die wir geplant haben. Und danach muss man einfach schauen.

IGM: Wie gehen Sie mit negativen Reaktionen um?

Schade: Wir sind sehr happy über negatives Feedback. Wir wollen ja das Spiel verbessern. Aber natürlich muss man auch filtern, was richtig und wirklich relevant ist. Was lässt sich umsetzen, um das Spiel wirklich besser zu machen? Nicht jedes Feedback ist auch für das eigene Projekt valide, auch wenn es zunächst ein guter Vorschlag ist. Wenn das Feedback nicht konstruktiv ist, dann muss man das einfach ignorieren. (ob/bpf)

IGM 10/25
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