Lars Vormann, media:net berlinbrandenburg: „Wo ich mit Herzblut dabei bin“

Er gehört zu den erfahrensten Event-Managern der Games-Branche: Lars Vormann, Eventplaner und -creator für Firmen wie Activision und Microsoft. Seit Anfang Juli hat Vormann einen neuen Job: als neuer Head of games:net beim Unterneh­mensnetzwerk media:net berlinbrandenburg. Wir sprachen mit ihm über Heraus­forderungen in der Hauptstadt, die Bundesförderung für Games und die diesjährige gamescom.
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Lars Vormann, media:net berlinbrandenburg

IGM: Lars, was reizt dich an der Aufgabe in Berlin?

Lars Vormann: Berlin ist eine spannende Stadt. Ich bin – mit ein paar Unterbrechungen – seit ungefähr zwanzig Jahren hier zu Hause. Es zieht mich immer wieder nach Berlin, weil ich mich hier unglaublich wohl fühle. Und auch, weil Berlin einfach eine Stadt ist, die es in ihrer Vielfältigkeit in Deutschland kein zweites Mal gibt – und die auch mit den internationalen Metropolen mithalten kann und extrem attraktiv ist. An dem Job reizt mich, dass ich mich in der Games-Branche – in der ich seit etwas mehr als 15 Jahren tätig bin – unfassbar wohl fühle. Was gibt es denn bitte Cooleres, als in der Wahlheimat und in der Branche, die man liebt, für die Vernetzung von Firmen zu sorgen und zu sehen, wie neue Firmen mit frischen Ideen entstehen?

IGM: Besteht bei der Vernetzung in Berlin viel Nachholbedarf?

Lars Vormann: Mit media:net und games:net berlinbrandenburg existiert ja bereits ein potentes Netzwerk. Nun geht es darum, neue Firmen in dieses Netzwerk zu integrieren und mit neuen Kontakten zu versorgen. Das ist die Aufgabe, die mich reizt:  Sowohl Networking-Events zu organisieren und dort Menschen zusammenzubringen, das Netzwerk in alle Richtungen zu erweitern – als auch im Daily Business auf die Leute zuzugehen und zu sagen: "Hey, für das Problem, das du gerade hast, habe ich hier den richtigen Partner, der vielleicht eine Lösung für dich finden kann." Das ist etwas, was mir wahnsinnig Spaß macht und wo ich mit Herzblut dabei bin.

IGM: Hat Berlin mehr Vernetzungspotenzial als andere Regionen Deutschlands?

Lars Vormann: Ich glaube schon, weil die Metro­pole an sich schon so groß und divers, aber gleichzeitig sehr zentriert ist. Viele neue Unternehmen versuchen es hier auf eigene Faust. Die Herausforderung ist, den Entrepreneurs dann zu vermitteln, welche Möglichkeiten ihnen offenstehen. Selbst mit eigenem Businessplan hat man nicht immer das Gesamtbild der Hilfsmittel mit allen Einzelheiten vor Augen – und so könnte eine gute Gelegenheit verpasst werden. Hier gilt es, die attraktiven Angebote von Berlin zu vermitteln. Ich will nicht sagen, dass es solche Angebote beispielsweise in Bayern oder NRW nicht gibt. Aber weil diese Bundesländer so groß sind, streut es dort viel mehr. Berlin ist gleichzeitig Bundesland und Stadt. Soll heißen: Man hat das Ganze viel konzentrierter auf engem Raum. Dadurch hat man auch ein sehr viel dichteres Netzwerk. Da gibt es Hubs wie den "Saftladen", wo Indies hervorragend zusammenarbeiten können – allerdings wissen das viele Indies gar nicht. Auch hier agieren wir als Netzwerk, woraus dann Projekte entstehen. Hier meinen Beitrag zu leisten, habe ich mir fest vorgenommen.

Angebote, die es in dieser Form in anderen Bundesländern nicht gibt

IGM: Was unterscheidet die Berliner Games-Branche sonst noch von den Games-Branchen anderer Regionen?

Lars Vormann: Ich glaube, die Vielfalt ist hier größer und die Vernetzung direkter. Gerade auch in Hubs wie dem "Saftladen". Wir haben hier Firmen für Mobile Games, für VR ... für jede Art von Games und Software, die man sich vorstellen kann. Zusätzlich gibt es Angebote wie das eSports-Zen­trum LVL, das in Deutschland seinesgleichen sucht – ein Zentrum, in dem man technisch so viele Möglichkeiten hat, dass vom Publisher über den Entwickler bis zum eSports-Team oder Streamer jeder einfach mal schnell einen Raum anmieten und unter professionellen Bedingungen Inhalte produzieren kann, von der Spielpräsentationen bis zum Stream. Es gibt hier Angebote, die es in dieser Form in anderen Bundesländern nicht gibt, das macht Berlin so attraktiv. Außerdem verfügt Berlin über eine hervorragende Ausbildungslandschaft für die Games-Branche, so dass Talent in der Stadt gehalten werden kann.

IGM: Nun gibt es In Berlin ja nicht besonders viele richtig große Spielefirmen ...

Lars Vormann: Da vergisst du aber Firmen wie Yager und Ubisoft Blue Byte, die AAA-Titel produzieren. Bei reinen Publishern gebe ich dir recht, davon haben wir hier nicht so viele. Noch nicht (lacht). Das ändert sich hoffentlich auch noch. Aber gerade bei den Entwicklern sind wir deutschlandweit schon ziemlich weit vorne.

IGM: Ubisoft Blue Byte wurde mit einem millionenschweren Zuschuss nach Berlin gelockt. Wäre es nicht besser gewesen, das Geld gießkannenmäßig zu verteilen – an mittelgroße und kleine Studios?

Lars Vormann: Das wird ja in Berlin trotzdem gemacht. Es ist ja nicht so, dass Ubisoft den ganzen Kuchen bekommen hat. Im Gegenteil: Wir haben hier jede Menge Indie-Entwickler, wir haben mehrere Hubs, in denen sich die Indies untereinander Tipps geben, zum Beispiel wie man Förderungen erhält, bei welchem Publisher es sich zu pitchen lohnt, und so weiter. Wir haben hier auch jede Menge Hochschulen, die sehr gute Arbeit leisten und Ausbildungen für die Games-Branche anbieten. Es mag abgedroschen klingen, aber Berlin ist eine hippe Metropole, die internationale Aufmerksamkeit auf sich zieht – gerade auch, weil London sich als Standort durch den Brexit nicht mehr so attraktiv gibt. In Westeuropa bleiben dann – in dieser Größenordnung – nur noch Berlin und Paris übrig. Berlin ist ein sehr attraktiver Standort, weil hier nicht nur große Firmen gefördert werden. Sondern weil das Land und die Investitionsbank Berlin auch vielen kleineren Firmen die Möglichkeit geben, in der Branche Fuß zu fassen. Außerdem haben wir hier mit games:net berlinbrandenburg das beste Netzwerk. Ein bisschen Eigenwerbung muss schon sein (lacht).

IGM: Ok, ok, Berlin hat riesiges Potenzial. Dennoch muss es ja noch bestimmte Baustellen geben – abgesehen von einer noch stärkeren Vernetzung.

Lars Vormann: Ich weiß, dass es – von außen betrachtet – immer so aussieht, als würde nicht genug getan, als gäbe es jede Menge Baustellen. Natürlich ist nicht alles perfekt. Es ist aber auch nicht so, dass etwas Grundsätzliches fehlt. Gerade, weil in Berlin alles sehr geballt ist, wird hier sehr eng zusammengearbeitet – sowohl in der Politik als auch in der Industrie. Es gibt Events, die ganz Deutschland als Gaming-Standort bereichern, wie zum Beispiel die gamesweekberlin, Quo Vadis, Womenize!, A Maze., EGX und unzählige eSports-Veranstaltungen. Das sind Events, bei denen sich die Branche auch international vernetzt und globale Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das kann und wird man mit Sicherheit noch weiter ausbauen – "nach Corona" auch hoffentlich wieder mit den physischen Events. Was die Politik angeht, an der viele herummäkeln: Als ich den Posten hier im Juli übernommen habe, war ich selbst überrascht, wie eng die Berliner Kommunalpolitik mit der Games-Industrie zusammenarbeitet. Das zeigt sich auch darin, dass sowohl der Senat als auch der Regierende Bürgermeister sehr an Games und der daran gebundenen Industrie interessiert sind.

Events, die ganz Deutschland als Gaming-Standort bereichern

IGM: Aha ... spielt Michael Müller tatsächlich Computerspiele?

Lars Vormann: Zumindest interessiert er sich dafür. Er taucht bei Events auf, bei denen sich andere Politiker vielleicht nicht hätten blicken lassen – zum Beispiel bei einem eSports-Turnier. Da merkt man schon, dass seine Aufmerksamkeit für dieses Thema über ein Grundinteresse hinausgeht. Anfang des Jahres gab es hier – mit unserem Regierenden sowie Senatsmitgliedern und Spezialisten aus dem Bereich eSports – den ersten Runden Tisch zu diesem Thema. Und auch diese Reihe wird jetzt fortgesetzt. Die Politik hier in Berlin tut wirklich viel für die Games-Branche – nicht zuletzt deshalb, weil sie natürlich auch den wirtschaftlichen Nutzen für den Standort sieht. Aber es ist auch ein persönliches Interesse da – und das merkt man auch.

IGM: Indem man also noch mehr Schnittstellen zwischen Politik und Industrie schafft ...

Lars Vormann: Das gehört dazu, ja.

IGM: Aber es reicht ja nicht aus, einfach nur sein Gesicht bei Events zu zeigen und alle halbe Jahre einen Runden Tisch zu veranstalten.

Lars Vormann: Natürlich ist das nicht alles – aber es gehört mit dazu. Und ich muss sagen: Ich sehe das hier in Berlin häufiger und deutlicher als in anderen Landesteilen. Dabei geht es wie gesagt nicht darum, dass die Medien darüber berichten. Sondern um persönliches Interesse.

IGM: Sollte Berlin die Produktion von Games noch entschiedener fördern?

Lars Vormann: Über mehr Geld würde sich wahrscheinlich niemand beklagen. Auf der anderen Seite muss man sagen: Die Berliner Förderung für neue Firmen ist schon echt enorm. Das eigentliche Problem besteht darin, dass viele Firmen überhaupt nicht wissen, was ihnen an Fördermitteln zusteht. Da kommen wir ins Spiel: Wir bringen sie mit den Spezialisten zusammen, die ihnen vermitteln, was sie an Fördermitteln beantragen können, beispielsweise über die Senatsförderung oder die Förderung der Investitionsbank Berlin.

IGM: Mittlerweile werden ja Computerspiele stärker konsumiert als Filme. In Berlin werden Filme aber vergleichsweise stark gefördert. Die Games-Förderung wirkt da schon eher mickrig.

Lars Vormann: Das ist aber grundsätzlich in Deutschland so, nicht nur in Berlin. Natürlich haben wir in Berlin mit Babelsberg einen bedeutenden Filmstandort. Ich werde natürlich nichts gegen die Filmindustrie sagen, da wir diese beim media:net berlinbrandenburg ebenfalls vertreten und sie auch eine sehr wichtige Rolle in der deutschen Medienkultur spielt. Aber ich gebe dir recht: Im Games-Bereich sollte die Förderung – auch auf Bundesebene – noch entschiedener vorangetrieben werden. Die Games-Branche ist nun mal eine der am stärksten wachsenden Industrien. Sowohl bundesweit als auch weltweit. Bei diesem Wachstum sieht man auch kein Ende. Man muss sich vor Augen halten, dass mit Games in Deutschland im vergangenen Jahr rund drei Milliarden Euro umgesetzt wurden. Der Schönheitsfehler ist natürlich, dass 96 Prozent des Umsatzes mit Spielen erzielt wurden, die nicht in Deutschland produziert wurden. Das ist das Problem. Auch jetzt in der Corona-Krise wird immer mehr gespielt. Wenn die gewohnten Möglichkeiten der Entspannung nicht verfügbar sind, sucht man sich nun mal andere Ablenkung, auch bei Computerspielen. Was aus meiner Sicht auch völlig legitim ist! Die negative Berichterstattung darüber kann ich nicht nachvollziehen. Wie auch immer: Man sieht, dass die Games-Industrie stetig wächst und Gaming noch höheres Wachstumspotenzial bietet. Daher: Ja, im Vergleich zu anderen Industrien ist die Förderung noch vergleichsweise gering.

IGM: Die Zuteilung der Bundesfördergelder läuft ja sehr schleppend ... muss man da nicht mehr Druck machen?

Lars Vormann: Wie du schon sagst: Es handelt sich um eine Bundesförderung. Wir als Landesnetzwerk haben darauf nur sehr geringen Einfluss. Druck muss in diesem Fall vom game kommen. Ich kann dir nicht sagen, woran es liegt, dass die Verteilung der Gelder durch das Bundesverkehrsministerium so schleppend läuft. Jedenfalls verzichten deswegen jetzt schon etliche Firmen auf die Förderung und versuchen selbst, Geld aufzutreiben. Einigen ist beim Warten in der langen Zeit auch die Luft ausgegangen. Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten. Ende des Monats eröffnet Herr Scheuer die gamescom – wir werden sehen, ob es da neue Infos geben wird. Man kann nur hoffen, dass die Vergabe künftig schneller und unbürokratischer erfolgt.

Einigen ist beim Warten in der langen Zeit auch die Luft ausgegangen

IGM: Wie du schon sagtest, stammen 96 Prozent des in Deutschland erzielten Games-Umsatzes von Titeln, die im Ausland produziert wurden. Und unabhängige deutsche Entwickler gibt es quasi kaum noch. Ein gefährlicher Trend?

Lars Vormann: So schlimm ist es gar nicht. Ja, es sind immerhin 96 Prozent. Aber es gibt immer noch lokale Player wie Ubisoft Bluebyte, Yager, King Art, Assemble, Aerosoft, Daedalic und HandyGames, um nur einige wenige zu nennen, die in Deutschland ausgezeichnete Spiele produzieren, die sich auch international verkaufen.

IGM: Aber Ubisoft Blue Byte in Berlin ist ja nicht unabhängig. Wenn der Weltkonzern Ubisoft Probleme hat, kann das Berliner Studio davon schnell betroffen sein.

Lars Vormann: Das ist mir so zu negativ dargestellt. Ich glaube, dass da mehr die Güte der Arbeit entscheidet. Natürlich sitzt Ubisoft Blue Byte unter dem Dach von Ubisoft. Aber auch wenn Ubisoft selbst gerade mit Skandalen zu kämpfen hat, heißt das nicht, dass das für Blue Byte zum Problem wird. Ich verstehe schon, worauf du hinauswillst: Dass unabhängige deutsche Entwickler von größeren Firmen aufgekauft werden. Das ist ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite willst du, dass deutsche Produktionen von internationalen Publishern anerkannt werden – und dass dadurch ein Kaufinteresse geweckt wird. Der Entwickler kann sagen: Ok, durch den Kauf habe ich Planungssicherheit für mein nächstes Projekt, ich muss mich nicht mehr um irgendwelche unabhängigen Investoren kümmern. Auf der "anderen Seite des Schwertes" gibt es bei großen Publishern immer das Problem, dass sie Druck von ihren Aktionären haben. Da ist dann die Frage, inwieweit dieser Druck an das jeweilige Entwicklerstudio weitergeleitet wird. Da muss jeder Entwickler für sich abwägen, wo für ihn die Vor- und Nachteile überwiegen, ob in der vermeintlichen Geborgenheit eines großen Publishers oder in der Unabhängigkeit.

IGM: Stichwort "deutsche Entwickler": Die gamescom ist ja normalerweise auch ein Schaulaufen für hiesige Firmen. 2020 findet sie wegen Corona nur online statt. Hätte man sie dieses Jahr nicht einfach ausfallen lassen sollen?

Lars Vormann: Als ehemaliger Head of gamescom wurde mir diese Frage schon häufiger gestellt, wie Du Dir vorstellen kannst. Die Antwort darauf ist gar nicht so pauschal einfach, wie es sich sicherlich viele vorstellen. Vor zwei Monaten hätte ich dir diese Frage noch ganz klar mit "ja" beantwortet. Inzwischen lautet meine Antwort: "Nein, man hätte die gamescom nicht einfach ausfallen lassen sollen." Mittlerweile kenne ich auch das Konzept für die Consumer. Ich finde es sehr attraktiv und denke, dass es sehr gut funktionieren könnte. Natürlich hätte man die gamescom ausfallen lassen können. Aber schau dir die Reaktionen auf die E3-Absage an: Die Enttäuschung in der Industrie war riesengroß. Und ganz ehrlich: Wir wissen nicht, wie lange die Pandemie noch anhält, wann es wieder große, physische Events geben wird. Und jetzt die gamescom auch noch in einem Jahr abzusagen, in dem sowohl Sony als auch Microsoft neue Konsolen auf den Markt bringen – das halte ich nicht für richtig. Die gamescom war schon immer mein Baby. Ich bin mit dieser Veranstaltung so innig verbunden, dass mir natürlich bestimmte Dinge wichtig sind. Nicht zuletzt deswegen habe ich seinerzeit die Idee entwickelt, gerade das Angebot der gamescom ins Netz zu erweitern und die attraktivsten Inhalte der Aussteller als Clickable Content anzubieten – damit alle, die es nicht nach Köln schaffen, das Geschehen im Netz verfolgen können. Die Grundidee von damals ähnelt dem, was jetzt geschaffen wurde. Deswegen bin ich gespannt, wie das mein Nachfolger beim game umsetzt – und ob die ursprüngliche Vision weitergeführt wird. Deswegen: Ja, in diesem Jahr wird die gamescom stärker auf Consumer ausgelegt sein als in den letzten Jahren – was ich sehr positiv finde. Natürlich bin auch ich traurig, dass ich dieses Jahr nicht nach Köln fahren kann, um an dem von uns allen heißgeliebten "Familientreffen" teilnehmen zu können. Es bleibt die Hoffnung, dass wir uns 2021 auch persönlich wieder alle in Köln treffen.

IGM: Aber wenn sich dieses Online-Konzept bewährt: Vielleicht würde niemand mehr die physische gamescom vermissen.

Lars Vormann: Niemals! Man darf nicht vergessen: Die gamescom lockt jährlich an die 500.000 Besucher nach Köln. Für die Stadt und die Region bedeutet das enorme Einnahmen – und auch für die Koelnmesse und den game selbst nicht unerhebliche Gewinne. Sobald es wieder möglich ist, wird die gamescom mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit auch wieder physisch stattfinden. Da komplett auf Online umzusteigen, ergibt auf Dauer auch keinen Sinn. Aber wir müssen natürlich immer daran denken: Wir wissen noch nicht, wie das "New Normal" aussehen wird. Ob die gamescom wieder eine ähnliche Größe wie im Rekordjahr des zehnjährigen Jubiläums erreichen wird oder ob es da einen anderen Ansatz geben wird, weiß natürlich heute noch niemand.

IGM: Stichwort "New Normal": Was bedeutet die Pandemie für künftige Gaming-Events in Berlin? Die gamesweekberlin wurde auf Oktober verschoben, A Maze. fand rein virtuell statt ...

Lars Vormann: Es ist schwierig! Auch beim media:net haben wir bereits zu Anfang der Pandemie damit begonnen, alle physischen Event ins Netz zu verlagern. Das ist nun mal eine Herausforderung, da muss man auch bereit sein, verrückte Ideen zu entwickeln. Manchmal funktionieren sie, manchmal aber auch nicht.

IGM: Man muss Events ja nicht unbedingt in Minecraft veranstalten (zwinker) ...

Lars Vormann: Kein Kommentar (lacht). Beim games:net gibt es beispielsweise das "Breakfast"-Format: Eine Reihe, die jeweils bei einer unserer Mitgliedsfirmen vor Ort stattfindet. Das konnte verständlicherweise längere Zeit nicht mehr physisch stattfinden, stattdessen haben wir es online veranstaltet. Vergleichbares gilt für Fireside-Chats und Panels. Diese veranstalten wir auch immer noch – mit großem Erfolg. Zudem existieren auch Konferenzen wie A Maze. und die gamesweekberlin, die dieses Jahr zumindest größtenteils online stattfinden. Oder auch unser Matchmaking Dinner, das traditionell zur gamesweekberlin stattfindet. Das sind alles Formate, die man neu überdenken muss, weil sie im "New Normal" nicht zu 100 Prozent so durchführbar sind wie bisher. Das Paradoxon ist: Auf der einen Seite sagt die ganze Games-Industrie: "Ich will meine Matchmaking-Events wiederhaben. Ich will diese Offline-Events wiederhaben, wo ich mit den Leuten Bier trinken, diskutieren und neue Ideen entwickeln kann." Und auf der anderen Seite will beziehungsweise darf niemand an Events teilnehmen, bei denen man sich eventuell mit dem Coronavirus anstecken könnte. Da eine Lösung zu finden, die beides ermöglicht, ist nicht einfach.

Eine Lösung zu finden, die beides ermöglicht, ist nicht einfach

IGM: Was tun?

Lars Vormann: Ich gehe davon aus, dass wir alle in den nächsten ein bis zwei Jahren stark auf Online-Events setzen müssen. Es wird weniger Offline-Events geben – und wenn, dann auch nur mit einer eng begrenzten Zahl von TeilnehmerInnen, weil die Hygieneauflagen erfüllt werden müssen. Auch bei unserer Summer Reception werden nur 100 Leute vor Ort sein – und das auch nur auf C-Level. Anders können wir das hier in Berlin momentan auch gar nicht realisieren – wir können ja nicht das Olympiastadion anmieten (lacht).  

IGM: Netzwerktreffen sind aufgrund der geringen Teilnehmerzahl vergleichsweise einfach zu organisieren. Aber wie sieht es mit großen Consumer-Events aus?

Lars Vormann: Das ist die große Crux für die Event-Manager, zu denen ich ja auch schon seit ein paar Jährchen zähle. Du kannst es halt nicht hundertprozentig auf offline planen – du musst immer einen Plan B haben. Du kannst sagen: Wir veranstalten ein physisches Event, wenn es bis dahin wieder möglich ist – oder wir verlegen das Ganze ins Netz. Das heißt, man muss im Prinzip doppelt planen, hat aber nur das übliche Budget für die Realisierung. Das macht den Job eines Event-Managers momentan wahnsinnig schwierig. Man muss die Investoren überzeugen, dass man prinzipiell den doppelten Etat braucht, um sowohl Plan A als auch Plan B realisierbar zu halten – und gegebenenfalls im letzten Moment zwischen Offline und Online entscheiden zu können. Deshalb bin ich auch sehr gespannt, wie große Events jetzt umgesetzt und angenommen werden, zum Beispiel die digitale gamescom. Vielleicht erkennt man daran ja schon eine bestimmte Marschrichtung für die nachfolgenden Events. (Achim Fehrenbach)

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