Wie wird ein Spiel zu einem Dauerbrenner?

Wie verlängert man die Lebenszeit eines Videospiels und macht es über fünf oder sogar noch mehr Jahre hinweg erfolgreich? Prominente Beispiele wie „Grand Theft Auto“ oder auch „Forge of Empires“ zeigen, wie es geht.
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2017 erschienen auf Valves Spiele-Plattform Steam noch rund 6.300 Spiele. Im Jahr 2022 waren es bereits 10.963 neue Titel. Das bedeutet: Jeden Tag kommen über 30 neue Produktionen auf den Markt und sind auf der Suche nach Käufern und Interessierten. Inzwischen verbringen weltweit über drei Milliarden Menschen ihre Freizeit mit Computer- und Videospielen – auf allen Plattformen. Dieser Querschnitt zeigt: Grundsätzlich gibt es mehr als ausreichend Kundschaft für ambitionierte Entwickler und Publisher. Allerdings muss man diese erreichen. Und wenn dies gelungen ist, gilt es, sie auch an die Produktionen zu binden.

Es gibt Spiele, denen gelingt das seit Jahren: Rockstars Gangster-Abenteuer „Grand Theft Auto V“ erschien am 17. September 2013. In der vergangenen Dekade verkaufte sich das Open-World-Spektakel über 180 Millionen Mal. Allein auf Steam erreicht „GTA V“ heute noch weit über 100.000 Gamer täglich. Take-Two Interactive und Rockstar Games zeigen also, wie es geht: Ein einzelnes Spiel bindet über zehn Jahre eine gewaltige Community an sich und schafft es sogar nachhaltig, neue Käufer zu erschließen.

Die Lebensspanne eines Computer- oder Videospiels hat sich laut einer aktuellen Unity-Umfrage im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr zu 2021 um gut 33 Prozent verlängert (https://gameworldobserver.com/2023/03/15/unity-gaming-report-2023-indie-mobile-multiplatform). Was also braucht es, um Dauerbrenner zu produzieren, die nicht nach wenigen Monaten auf dem (virtuellen) Grabbeltisch versauern?

Updates, Updates, Updates
Mit dem hoffentlich erfolgreichen Launch eines Spiels ist es im Jahr 2023 längst nicht getan. Vielmehr geht die Arbeit danach weiter: Die Instandhaltung des laufenden Projekts sowie das kontinuierliche Optimieren auf Basis von User-Daten und Feedback gehören inzwischen zum guten Ton. Dieser gewachsene Anspruch stellt gerade kleine Teams vor eine große Herausforderung. Schließlich erzeugt das Patchen und Ausbauen eines Spiels weitere Kosten, die erst einmal gestemmt werden müssen.

 

Sehr genau auf das Feedback der Community hören

 

Christian Reshöft, Chief Product Officer bei InnoGames, erklärte zuletzt den Erfolg des Mobile-Hits „Forge of Empires“ über die vergangenen elf Jahre gegenüber Gameswirtschaft.de: „Unser Erfolgsrezept ist eine Mischung aus langfristiger Spielerbindung und hoher Attraktivität für neue Spieler. Das funktioniert nur, wenn man bereit ist, gegebenenfalls auch über Jahrzehnte hinweg sehr genau auf das Feedback der Community zu hören und immer wieder neuen, spannenden Content zu liefern. Und das sind ganz klar unsere Stärken. Zusätzlich setzen wir voll auf Cross-Plattform, das heißt, man kann jederzeit nahtlos vom Browser zu iOS oder Android wechseln.“ „Forge of Empires“ erschien im April 2012 und spielte seitdem über eine Milliarde Euro für das Unternehmen ein.

Verbreitung über möglichst viele Plattformen
Großproduktionen wie „Minecraft“, „Grand Theft Auto“ oder „The Witcher 3: Wild Hunt“ machen es ebenso wie Mobile-Spiele im Stile von „Forge of Empires“ vor: Der erste Erfolg darf nicht das Ende sein. Denn auch wenn ein Spiel vielleicht zunächst auf PC oder der aktuellen Konsolengeneration punktet, so gibt es weltweit noch viele weitere potenzielle Käufer.
Rockstars „GTA V“ erschien inzwischen auf drei Konsolengenerationen und fand überall reißenden Absatz. Wer hätte gedacht, dass „The Witcher 3: Wild Hunt“ jemals auf der Nintendo Switch erscheinen und sich 2019 über 700.000-mal verkaufen würde? Und „Minecraft“ startete zwar als kleines PC-Projekt, ist inzwischen aber nicht nur auf statio­nären Plattformen ein Mega-Erfolg. „Minecraft: Pocket Edition“ generierte noch 2022 einen Umsatz von weltweit über 100 Millionen US-Dollar und erreichte Millionen von Spielern.

Das Etablieren eines erfolgreichen Produkts auf einer Plattform ist also erst der Anfang. Für das Ausweiten der Marke müssen zwingend auch andere Märkte erschlossen und die dortigen Kunden erreicht werden. Nur so kann ein Produkt weiterwachsen und auch über Jahre hinweg attraktiv bleiben. Der notwendige Support für diese zusätzlichen Plattformen und Crossplay sind an dieser Stelle maßgeblich für den langfristigen Erfolg.

Neue Herausforderungen schaffen
Computer- und Videospiele enden im Jahr 2023 meist nicht mit dem Durchspielen der Kampagne und dem über den Bildschirm flimmernden Abspann. Vielerorts breiten sich an dieser Stelle erst das sogenannte Endgame oder gar die erweiterten Online-Optionen vor den Nutzern aus. Games sind oftmals ein Unterhaltungsservice und gewinnen durch Optionen wie einen Downloadable Content oder auch Live-Inhalte an Langlebigkeit und weiteren Einnahmequellen dazu.

 

Games sind oftmals ein Unterhaltungsservice

 

Die bereits angesprochene Bindung zwischen Spiel und User wird durch Funktionen wie Battle Passes gefestigt. Diese belohnen Spieler für ihre Treue und geben ihnen Zugriff auf zusätzliche Ingame-Inhalte wie Cosmetics oder andere Extras. Blizzards Rollenspiel-Erfolg „Diablo 4“ ging am 20. Juli 2023 in die „Saison der Boshaftigkeit“ und schaltete etwa eine neue Quest-Reihe, zusätzliche Eigenschaften und Rüstungen frei. Und auch wenn der Start alles andere als reibungslos verlief, so wird der Battle Pass „Diablo 4“ langfristig am Leben halten und mit zusätzlichen Inhalten versorgen.

Als Alternative zum Battle Pass dient auch ein Season Pass wie bei „Anno 1800“: Die aktuell vier veröffentlichten Spielzeiten brachten immer neue Inhalte und erweiterten das Aufbau-Gameplay um neue Optionen. Rockstar Games implementierte dagegen die aus der Kampagne bekannte „GTA“-Spielformel in den Multiplayer-Modus „GTA Online“, der über die Jahre immer wieder erweitert wurde.

Einen ähnlichen Effekt hat die Integration von Live-Inhalten: Regelmäßige Herausforderungen, Ingame-Events und Nebenaufgaben wecken in Spielern ebenfalls den Jäger und Sammler. Das damit einhergehende Freischalten neuer Belohnungen schafft eine Bindung und einen Grund, das Spiel immer wieder einzuschalten.

Community-Arbeit und Marketing
Wie eingangs erwähnt, ist der Gaming-Markt hart umkämpft – ganz egal, ob auf Mobile, PC oder Konsole. Aus der Masse herauszustechen, ist somit die größte Herausforderung und der erste Schritt zum Erfolg. War noch zu Pandemiezeiten digitales Marketing das Maß aller Dinge, sind inzwischen auch andere Wege wieder stärker im Kommen – etwa Road Shows oder auch Auftritte im Rahmen von Messen und Conventions.

 

Interaktivität mit der Spielerschaft

 

Die Interaktivität mit der Spielerschaft ist ebenso entscheidend. Längst sind Gamer nicht mehr nur die Freaks, die im Keller ihrer Eltern zocken und kaum das Tageslicht erblicken. Das Pflegen einer aktiven Community ist ebenso wichtig wie ein Produkt an dessen Wünsche anzupassen. Die Kommunikation nimmt weit vor dem Release eine prägende Rolle ein. Durch offene oder geschlossene Beta-Tests können bereits vor Erscheinen wichtige Informationen für mögliche Anpassungen gesammelt werden. Dazu ist das Miteinbeziehen und das Aufbauen einer Spielerbasis gerade für kleinere und mittlere Franchises von Vorteil. Nur so gelingt es, aus der Masse herauszustechen.

Das Streaming von Spielen ist in den vergangenen fünf Jahren zu einem eigenen Zweig der Gaming-Industrie erwachsen. Neben den großen Namen bietet sich gerade für kleinere Produktionen die Zusammenarbeit mit Mikro-Influencern an. Deren kleine, oft sehr eingeschworene Zielgruppe kann hier ebenfalls den Unterschied ausmachen.

Die größte Hürde beim Erschaffen eines eigenen Dauerbrenners stellen also vor allem Aufwand und die damit verbundenen Kosten dar. Erweiterte Service-Leistungen, Community-Arbeit und natürlich auch das stetige Nachbessern des Produkts sind drei Eckpfeiler, auf denen Projekte auch über das erste Jahr nach ihrer Veröffentlichung hinaus bestehen können. (ob/bpf)

IGM 11/23
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