Die „Urgesteine“: Jochen Langenbach, astragon Entertainment

Er ist wieder hier, in seinem Revier: Nach vielen Jahren in der Agenturwelt ist Jochen Langenbach erneut für einen Publisher im Einsatz – diesmal als Marketing-Chef von astragon Entertainment.
Image
Jochen Langenbach, astragon Entertainment

Die Games-Branche hält abenteuerliche Wendungen bereit, aber sie verliert niemanden – und wenn verlorene Töchter und Söhne nach Ausflügen in andere Gewerke wieder bei Spieleherstellern anheuern, ist das stets ein großes Hallo. Im Falle von Jochen Langenbach fielen die Reaktionen  besonders herzlich aus. Zum IGM-Urgestein macht ihn seine jahrelange Tätigkeit für die Krefelder Niederlassung des US-Publishers THQ Entertainment. Von 2005 bis zum Sommer 2013 war er dort im Einsatz, zuletzt als Head of Marketing & Public Relations. Der US-Mutterkonzern war durch strategische Fehler in schweres Fahrwasser geraten, was schließlich zum Niedergang des Videospiele-Riesen führt. "Das war unheimlich schade", sagt Langenbach im Rückblick. "Immerhin haben sich durch die gemeinsamen Erlebnisse tolle Freundschaften ergeben, die bis heute Bestand haben. Und viele der besten Games-Marken leben ja ohnehin weiter und gerade auch wieder auf." Gemeint ist der Wiener Publisher THQ Nordic, der nicht nur den Namen, sondern auch eine lange Liste an Studios und Spiele-Rechten zugekauft hat.

Die Branche muss Haltung zeigen

In diesen Tagen trifft man Jochen Langenbach häufiger als sonst am Steuer eines MAN-Stadtbusses, im Cockpit eines Claas AXION 870-800-Traktors oder als US-Police Officer beim Ausstellen von Park-Knöllchen: Denn als frischgebackener Head of Marketing beim Düsseldorfer Publisher astragon Entertainment soll er dem üppigen Spiele-Sortiment zu mehr internationaler  Strahlkraft verhelfen. Deshalb spielt er sich derzeit intensiv in die Simulationswelten ein: "Deren viele tolle Details möchte ich nicht nur kennen, sondern auch genauso schätzen lernen, wie die Fans der Reihen", erzählt er. "Dann stürze ich mich aufs breite Feld des Content Marketings. Auch im Simulations-Genre finden sich viele Geschichten, die in unterschiedlichsten Formen erzählt werden können. Darauf aufbauend möchte ich gern den Ausbau und die Synergien zwischen astragon und den Lizenz-, Marken- und weltweiten Distributionspartnern vorantreiben und auch hier weitere Potenziale ausloten."

Ein strammes Programm für den umtriebigen Kommunikations-Profi, der seit 2013 eine Menge Führungskraft-Erfahrung gesammelt – etwa beim Hardware-Hersteller ASUS, beim E-Sport-Veranstalter ESL und bis vor kurzem beim Kölner Ableger der Agentur fischerAppelt. Beim Austausch mit den Fans sei die Games-Branche schon immer Vorreiter gewesen, weiß der Experte – allein schon deshalb, weil es enorm viele Wege gäbe, mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten und zu kommunizieren. In den vergangenen Jahren seien sogar noch viel mehr verschiedene Personen und Instanzen hinzugekommen, die heute aktiv in der Branche mitwirken: "Neben dem einzelnen Creator auf Youtube oder neuen Indie-Entwicklern mischen verstärkt auch große Global Brands mit sichtbarem Einsatz in der Branche mit. Das bietet an allen Ecken neue Potenziale und der kreative Output entwickelt ständig neue Facetten. Insgesamt ist es dadurch auch einfacher geworden, mit nicht endemischen Marken ins Gespräch zu kommen, ohne sich und seine Branche stets komplett neu erklären zu müssen."

Mit der Reichweite und der Bedeutung von Videospielen steigt aber auch die Verantwortung der Industrie, findet Langenbach: Die Branche müsse Haltung zeigen. "Gamer sind entgegen aller Klischees nicht isoliert in einer Parallelgesellschaft eingeschlossen, sondern nehmen gestaltend und aufmerksam-kritisch an unserer Gesellschaft in ihrer Gesamtheit teil. Das beeinflusst die Kommunikation in der Branche sicher heute mehr als noch vor zehn Jahren." Deshalb ärgert es ihn, wenn Teile von Politik und Gesellschaft immer noch nicht die Relevanz und Qualität des Mediums Spiel verstanden hätten. "Und dass auf manchen Award-Shows immer wieder mit den gleichen Star-Wars-Klischees gespielt wird. Und dass manche öffentlich immer noch das Wort ‚daddeln' ungestraft benutzen dürfen..."

Langenbach fühlt sich zwar inzwischen "sehr heimisch in Köln", sein Herz hängt aber am Ruhrgebiet und an Schalke 04, dessen "lebende Legende" Gerald Asamoah er dank seines Jobs schon mehrfach habe treffen dürfen. In seiner Freizeit spielt er gerne Theater, mag Wandern im Winter, ist mehrmals im Jahr auf Norderney und verbringt viel Zeit mit seinem Sohn, entweder an der frischen Luft oder mit Animal Crossing auf der Switch. Sein Allzeit-Lieblingsspiel datiert aus dem Jahr 1989: Space Quest 3 – The Pirates of Pestulon. Dem Adventure attestiert er "tollen Humor, damals verbunden mit dem Gefühl, ein komplett neues Abenteuer mit ungewissen Wendungen zu betreten – das hat mich absolut in den Bann gezogen". Vielleicht erinnert er sich auch deshalb so gerne daran, weil er die Entwickler ("Two Guys from Andromeda") einige Jahre später persönlich kennen lernte – noch bevor er erste Schritte in der Branche machte. "Möglicherweise prägender als ich dachte – die Wendungen im Abenteuer Spielebranche hätte ich so auch nicht vorhersehen können…" (pf)

IGM 13/21
Indie-Publisher sind so etwas wie die Goldschürfer unter den Spielefirmen: Sie stehen knietief im Fluss der Indie-Games und sieben den abgelagerten Sand –…
Der Spielemarkt ist ein wahrer Dschungel. Wer die Orientierung behalten will, der braucht verlässliche Marktzahlen – ob nun als Publisher, Entwickler, Hardware…
Neuauflagen von Retro-Hardware liegen seit Jahren im Trend. Im ersten Quartal 2022 soll nun auch Commodores Heimcomputer-Hit in miniaturisierter Form…